Hier ist ein dicker Sack und in dem Sack ist Sand. Der ganze Sandsack wiegt so und so viel. Er drückt auf die Wage mit dem und dem Gewicht. Diese Gewichtsziffer ist eine feste Größe. So viel Druckkraft übt der Sack als Ganzes aus. Sagen wir mal, diese Ziffer sei jetzt der Ausdruck der wirkenden Persönlichkeit, der Individualität "Sack". Dieser Masse, die diese bestimmte Wirkung ausübt, entspricht auch hier eine äußere individuelle Form: wir sehen den Sack als solchen da stehen, sehen das Ding, das genau diese bestimmte Ziffer Druckkraft auf die Wage ausübt. Trotz alledem weißt du ganz genau: der Inhalt des Sackes besteht aus so und so viel einzelnen Sandkörnern. Jedes Sandkörnlein, für sich allein gedacht, würde nur ein Gewicht von höchstens so und so viel Prozent des Gesamtgewichtes haben. Für sich allein auf die Wage gelegt, wöge es das aber wirklich. Allein dahin gelegt, bildete es für sich eine ebensolche Einheit wie der ganze Sack, bloß eine in der Druckwirkung fast verschwindend schwächere Einheit.
Nun sieh deinen Leib an. Auch zunächst rein körperlich. Er vollführt gewisse Leistungen, genau wie der Sack seinen Druck auf die Wage ausübt. Und doch kannst du auch in diesem deinem Leibe eine innere Vielheit körperlich sehr gut erkennen, -- genau so wie im Sack die Sandkörner. Ich lasse beiseite, daß dein Leib aus kleinsten Teilchen seiner stofflichen Elemente und seiner chemischen Verbindungen zusammengesetzt ist: den sogenannten Atomen und Molekülen. Das ginge ja noch unter die Sandkörnlein hinunter. Wie aus diesen der Sack, so ist aber dein Leib zusammengesetzt aus seinen Zellen. Diese Zellen sind kleine Teilchen belebter Masse, die deinen lebenden Körper so zusammensetzen, daß jede ihre unverkennbare körperliche Einzelgestalt so weit bewahrt, dabei aber doch im Ganzen der neue, wieder ganz einheitliche Leib entsteht. Es geschieht das hier auf eine Weise, die an sich ja noch viel verwickelter ist als die einfache Zusammenhäufung der Sand¬ körnlein in unserm Sack. Die Zellenkörnlein haben sich näm¬
Hier iſt ein dicker Sack und in dem Sack iſt Sand. Der ganze Sandſack wiegt ſo und ſo viel. Er drückt auf die Wage mit dem und dem Gewicht. Dieſe Gewichtsziffer iſt eine feſte Größe. So viel Druckkraft übt der Sack als Ganzes aus. Sagen wir mal, dieſe Ziffer ſei jetzt der Ausdruck der wirkenden Perſönlichkeit, der Individualität „Sack“. Dieſer Maſſe, die dieſe beſtimmte Wirkung ausübt, entſpricht auch hier eine äußere individuelle Form: wir ſehen den Sack als ſolchen da ſtehen, ſehen das Ding, das genau dieſe beſtimmte Ziffer Druckkraft auf die Wage ausübt. Trotz alledem weißt du ganz genau: der Inhalt des Sackes beſteht aus ſo und ſo viel einzelnen Sandkörnern. Jedes Sandkörnlein, für ſich allein gedacht, würde nur ein Gewicht von höchſtens ſo und ſo viel Prozent des Geſamtgewichtes haben. Für ſich allein auf die Wage gelegt, wöge es das aber wirklich. Allein dahin gelegt, bildete es für ſich eine ebenſolche Einheit wie der ganze Sack, bloß eine in der Druckwirkung faſt verſchwindend ſchwächere Einheit.
Nun ſieh deinen Leib an. Auch zunächſt rein körperlich. Er vollführt gewiſſe Leiſtungen, genau wie der Sack ſeinen Druck auf die Wage ausübt. Und doch kannſt du auch in dieſem deinem Leibe eine innere Vielheit körperlich ſehr gut erkennen, — genau ſo wie im Sack die Sandkörner. Ich laſſe beiſeite, daß dein Leib aus kleinſten Teilchen ſeiner ſtofflichen Elemente und ſeiner chemiſchen Verbindungen zuſammengeſetzt iſt: den ſogenannten Atomen und Molekülen. Das ginge ja noch unter die Sandkörnlein hinunter. Wie aus dieſen der Sack, ſo iſt aber dein Leib zuſammengeſetzt aus ſeinen Zellen. Dieſe Zellen ſind kleine Teilchen belebter Maſſe, die deinen lebenden Körper ſo zuſammenſetzen, daß jede ihre unverkennbare körperliche Einzelgeſtalt ſo weit bewahrt, dabei aber doch im Ganzen der neue, wieder ganz einheitliche Leib entſteht. Es geſchieht das hier auf eine Weiſe, die an ſich ja noch viel verwickelter iſt als die einfache Zuſammenhäufung der Sand¬ körnlein in unſerm Sack. Die Zellenkörnlein haben ſich näm¬
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Hier iſt ein dicker Sack und in dem Sack iſt Sand. Der
ganze Sandſack wiegt ſo und ſo viel. Er drückt auf die Wage
mit dem und dem Gewicht. Dieſe Gewichtsziffer iſt eine feſte
Größe. So viel Druckkraft übt der Sack als Ganzes aus.
Sagen wir mal, dieſe Ziffer ſei jetzt der Ausdruck der wirkenden
Perſönlichkeit, der Individualität „Sack“. Dieſer Maſſe, die
dieſe beſtimmte Wirkung ausübt, entſpricht auch hier eine äußere
individuelle Form: wir ſehen den Sack als ſolchen da ſtehen,
ſehen das Ding, das genau dieſe beſtimmte Ziffer Druckkraft
auf die Wage ausübt. Trotz alledem weißt du ganz genau:
der Inhalt des Sackes beſteht aus ſo und ſo viel einzelnen
Sandkörnern. Jedes Sandkörnlein, für ſich allein gedacht,
würde nur ein Gewicht von höchſtens ſo und ſo viel Prozent
des Geſamtgewichtes haben. Für ſich allein auf die Wage
gelegt, wöge es das aber wirklich. Allein dahin gelegt, bildete
es für ſich eine ebenſolche Einheit wie der ganze Sack, bloß
eine in der Druckwirkung faſt verſchwindend ſchwächere Einheit.
Nun ſieh deinen Leib an. Auch zunächſt rein körperlich.
Er vollführt gewiſſe Leiſtungen, genau wie der Sack ſeinen
Druck auf die Wage ausübt. Und doch kannſt du auch in
dieſem deinem Leibe eine innere Vielheit körperlich ſehr gut
erkennen, — genau ſo wie im Sack die Sandkörner. Ich laſſe
beiſeite, daß dein Leib aus kleinſten Teilchen ſeiner ſtofflichen
Elemente und ſeiner chemiſchen Verbindungen zuſammengeſetzt
iſt: den ſogenannten Atomen und Molekülen. Das ginge ja
noch unter die Sandkörnlein hinunter. Wie aus dieſen der
Sack, ſo iſt aber dein Leib zuſammengeſetzt aus ſeinen Zellen.
Dieſe Zellen ſind kleine Teilchen belebter Maſſe, die deinen
lebenden Körper ſo zuſammenſetzen, daß jede ihre unverkennbare
körperliche Einzelgeſtalt ſo weit bewahrt, dabei aber doch im
Ganzen der neue, wieder ganz einheitliche Leib entſteht. Es
geſchieht das hier auf eine Weiſe, die an ſich ja noch viel
verwickelter iſt als die einfache Zuſammenhäufung der Sand¬
körnlein in unſerm Sack. Die Zellenkörnlein haben ſich näm¬
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/134>, abgerufen am 22.11.2024.
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