dir darin genaht, das größer war als du, eine tiefe blaue Weltenwelle, die dich selbst einst herausgetragen hat und jetzt über dich fortgegangen ist.
Nur so kann meine Rede dich fesseln. Wenn du immer an dich dabei denkst. Über dich wird erzählt. Auf dich läuft schließlich alles hinaus. In der Liebe bist du Welt. Und die Weltgeschichte der Liebe, aus der ich dir erzählen will, ist in diesem Sinne nur ein Kapitel aus deiner Geschichte. Eine Ur-Erinnerung, hinauswandernd in die Äonen des Raumes und der Zeit, hinauswandernd zu all den alten Brüdern im Tier- und Pflanzenreich, -- hinauswandernd im Gedanken, um zu dir zurückzukehren zur That: -- wenn du liebst.
Schaue wieder hinaus ..... immer tiefer sinkt die Mittagsstille auf das blaue Meer vor uns herab. Kaum ein ganz zages Vogelzwitschern im Olivensilber. Ein dumpfes, wie im Grunde verhallendes Rollen: der Eisenbahnzug, der das Capo Verde im Tunnel durcheilt. Ein verlorener Glockenlaut von den Dörfern im Thal. Schmetterlinge jetzt überall, in traumhaft unhörbarem Wiegen über dem goldenen Ginster und dem violetten Thymian. Über Land und Meer liegt es wie ein Duft der Reinheit, wie ein erster Schöpfermorgen. Wir glauben nicht mehr an Schaffen. Nur noch an Werden. Werden im ewigen Gesetzeslauf der Natur. Werden durch die Liebe. Da ist die Welt ein ewiger Frühlingstag. Laß uns denn aus dem Frühling, der uns hier mit so unsagbarer Süße umfängt, ein Stück weit hinausschreiten in die Sonne dieses ewigen Frühlings hinein .....
[Abbildung]
Drei Bilder tauchen mir auf, wie ich hinabstarre in das flimmernde Silberblau dieses Meeres. Mir ist, als sei der ganze Weg darin, den eine Geschichte der Liebe gehen müßte. Drei Stationen.
dir darin genaht, das größer war als du, eine tiefe blaue Weltenwelle, die dich ſelbſt einſt herausgetragen hat und jetzt über dich fortgegangen iſt.
Nur ſo kann meine Rede dich feſſeln. Wenn du immer an dich dabei denkſt. Über dich wird erzählt. Auf dich läuft ſchließlich alles hinaus. In der Liebe biſt du Welt. Und die Weltgeſchichte der Liebe, aus der ich dir erzählen will, iſt in dieſem Sinne nur ein Kapitel aus deiner Geſchichte. Eine Ur-Erinnerung, hinauswandernd in die Äonen des Raumes und der Zeit, hinauswandernd zu all den alten Brüdern im Tier- und Pflanzenreich, — hinauswandernd im Gedanken, um zu dir zurückzukehren zur That: — wenn du liebſt.
Schaue wieder hinaus ..... immer tiefer ſinkt die Mittagsſtille auf das blaue Meer vor uns herab. Kaum ein ganz zages Vogelzwitſchern im Olivenſilber. Ein dumpfes, wie im Grunde verhallendes Rollen: der Eiſenbahnzug, der das Capo Verde im Tunnel durcheilt. Ein verlorener Glockenlaut von den Dörfern im Thal. Schmetterlinge jetzt überall, in traumhaft unhörbarem Wiegen über dem goldenen Ginſter und dem violetten Thymian. Über Land und Meer liegt es wie ein Duft der Reinheit, wie ein erſter Schöpfermorgen. Wir glauben nicht mehr an Schaffen. Nur noch an Werden. Werden im ewigen Geſetzeslauf der Natur. Werden durch die Liebe. Da iſt die Welt ein ewiger Frühlingstag. Laß uns denn aus dem Frühling, der uns hier mit ſo unſagbarer Süße umfängt, ein Stück weit hinausſchreiten in die Sonne dieſes ewigen Frühlings hinein .....
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Drei Bilder tauchen mir auf, wie ich hinabſtarre in das flimmernde Silberblau dieſes Meeres. Mir iſt, als ſei der ganze Weg darin, den eine Geſchichte der Liebe gehen müßte. Drei Stationen.
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dir darin genaht, das größer war als du, eine tiefe blaue
Weltenwelle, die dich ſelbſt einſt herausgetragen hat und jetzt
über dich fortgegangen iſt.
Nur ſo kann meine Rede dich feſſeln. Wenn du immer
an dich dabei denkſt. Über dich wird erzählt. Auf dich läuft
ſchließlich alles hinaus. In der Liebe biſt du Welt. Und die
Weltgeſchichte der Liebe, aus der ich dir erzählen will, iſt in
dieſem Sinne nur ein Kapitel aus deiner Geſchichte. Eine
Ur-Erinnerung, hinauswandernd in die Äonen des Raumes
und der Zeit, hinauswandernd zu all den alten Brüdern im
Tier- und Pflanzenreich, — hinauswandernd im Gedanken,
um zu dir zurückzukehren zur That: — wenn du liebſt.
Schaue wieder hinaus ..... immer tiefer ſinkt die
Mittagsſtille auf das blaue Meer vor uns herab. Kaum ein
ganz zages Vogelzwitſchern im Olivenſilber. Ein dumpfes, wie
im Grunde verhallendes Rollen: der Eiſenbahnzug, der das
Capo Verde im Tunnel durcheilt. Ein verlorener Glockenlaut
von den Dörfern im Thal. Schmetterlinge jetzt überall, in
traumhaft unhörbarem Wiegen über dem goldenen Ginſter und
dem violetten Thymian. Über Land und Meer liegt es wie
ein Duft der Reinheit, wie ein erſter Schöpfermorgen. Wir
glauben nicht mehr an Schaffen. Nur noch an Werden. Werden
im ewigen Geſetzeslauf der Natur. Werden durch die Liebe.
Da iſt die Welt ein ewiger Frühlingstag. Laß uns denn aus
dem Frühling, der uns hier mit ſo unſagbarer Süße umfängt,
ein Stück weit hinausſchreiten in die Sonne dieſes ewigen
Frühlings hinein .....
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Drei Stationen.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/25>, abgerufen am 24.11.2024.
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