wollten und damit den Markt allgemach verloren. Melchior Alvarez um 1780 war der erste, der gezogene und Doppelläufe verfertigte.
Erwähnen wir noch der ausgezeichneten Panzerhemden, welche weit und breit versendet wurden, der vorzüglichen Sattelfabrikation in Galizien und Cordova, ferner der angesehenen Fabrikation von Armrüsten in Saragossa, so haben wir in kurzen Zügen die technische Waffenindustrie Spaniens geschildert.
Wenden wir uns schliesslich der Frage zu, was Spanien im Kunstgebiete geleistet hat, so können wir auf zahlreiche, herrliche Gebilde verweisen, die namentlich nach der kunsttechnischen Seite zu würdigen sind. An keinem der Meister, so viele wir auch kennen, haftet aber ein gleich hoher Ruhm wie an den Italienern, die in innigem Vereine mit den ersten Grössen der Kunst zu schaffen pflegten. Und dennoch, wenn auch nicht die Meister, die spanische Kunstwaffen- erzeugung gelangte, durch Spanier selbst überliefert, an den deutschen und anderen Höfen zu so grosser Beliebtheit, dass an diesen die spanischen "Wehrvergolder" mit den italienischen in Wettbewerb traten.
Man hat die französische Waffenerzeugung vom Mittelalter bis ins 17. Jahrhundert bisher als unbedeutend dargestellt, vielleicht weil kein Autor in der Lage war, auf namhaftere Werkstätten und tüchtigere Meister hinzudeuten. Diese geringe Bewertung entspricht jedoch nicht den Ergebnissen neuerer Forschung. Für das frühere Mittelalter lässt schon die verhältnismässig hohe Kultur Südfrankreichs eine tüchtige Waffenindustrie voraussetzen, wie auch anzunehmen ist, dass italienische und spanische Kunstfertigkeit ihre Ausläufer in der Provence gefunden haben. Im 13. Jahrhundert werden die kleinen Bassinets von Montauban allenthalben getragen, und die Dichter er- wähnen am Ende des 13. Jahrhunderts mit ungemeinem Lobe der Harnische von Monsegur, vom Anfange des 14. der Waffen von Mortemer.*) Im 15. und 16. Jahrhundert fehlt es auch nicht an Namen bedeutender Waffenschmiede und auch nicht an solchen, die dem Hofe kunstreichere Arbeiten zu liefern im stande waren. Wir erwähnen darunter nur einige, wie Jehan de Bonnes, den Hof- plattner des Königs Rene um 1450, den Hofplattner Thomassin Baigneux um 1456, die berühmten Waffenschmiede von Tours, Jacques Merville um 1510 und S. Remy Farant um 1568, die bedeutenden Tausiatoren Roquelin Dehoux um 1561, Germain Pilon um 1550 und den Fertiger der überaus kunstreichen Dolche Thevenin Martineau.
All diese unleugbar ansehnliche Bethätigung französischen Kunst- fleisses genügte weitaus nicht den stolzen Plänen der französischen Könige, welche dahin gerichtet waren, Frankreich zum ersten Kultur-
*)Gay, V., Glossaire archeologique.
V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
wollten und damit den Markt allgemach verloren. Melchior Alvarez um 1780 war der erste, der gezogene und Doppelläufe verfertigte.
Erwähnen wir noch der ausgezeichneten Panzerhemden, welche weit und breit versendet wurden, der vorzüglichen Sattelfabrikation in Galizien und Cordova, ferner der angesehenen Fabrikation von Armrüsten in Saragossa, so haben wir in kurzen Zügen die technische Waffenindustrie Spaniens geschildert.
Wenden wir uns schlieſslich der Frage zu, was Spanien im Kunstgebiete geleistet hat, so können wir auf zahlreiche, herrliche Gebilde verweisen, die namentlich nach der kunsttechnischen Seite zu würdigen sind. An keinem der Meister, so viele wir auch kennen, haftet aber ein gleich hoher Ruhm wie an den Italienern, die in innigem Vereine mit den ersten Gröſsen der Kunst zu schaffen pflegten. Und dennoch, wenn auch nicht die Meister, die spanische Kunstwaffen- erzeugung gelangte, durch Spanier selbst überliefert, an den deutschen und anderen Höfen zu so groſser Beliebtheit, daſs an diesen die spanischen „Wehrvergolder“ mit den italienischen in Wettbewerb traten.
Man hat die französische Waffenerzeugung vom Mittelalter bis ins 17. Jahrhundert bisher als unbedeutend dargestellt, vielleicht weil kein Autor in der Lage war, auf namhaftere Werkstätten und tüchtigere Meister hinzudeuten. Diese geringe Bewertung entspricht jedoch nicht den Ergebnissen neuerer Forschung. Für das frühere Mittelalter läſst schon die verhältnismäſsig hohe Kultur Südfrankreichs eine tüchtige Waffenindustrie voraussetzen, wie auch anzunehmen ist, daſs italienische und spanische Kunstfertigkeit ihre Ausläufer in der Provence gefunden haben. Im 13. Jahrhundert werden die kleinen Bassinets von Montauban allenthalben getragen, und die Dichter er- wähnen am Ende des 13. Jahrhunderts mit ungemeinem Lobe der Harnische von Monségur, vom Anfange des 14. der Waffen von Mortemer.*) Im 15. und 16. Jahrhundert fehlt es auch nicht an Namen bedeutender Waffenschmiede und auch nicht an solchen, die dem Hofe kunstreichere Arbeiten zu liefern im stande waren. Wir erwähnen darunter nur einige, wie Jehan de Bonnes, den Hof- plattner des Königs René um 1450, den Hofplattner Thomassin Baigneux um 1456, die berühmten Waffenschmiede von Tours, Jacques Merville um 1510 und S. Remy Farant um 1568, die bedeutenden Tausiatoren Roquelin Dehoux um 1561, Germain Pilon um 1550 und den Fertiger der überaus kunstreichen Dolche Thevenin Martineau.
All diese unleugbar ansehnliche Bethätigung französischen Kunst- fleiſses genügte weitaus nicht den stolzen Plänen der französischen Könige, welche dahin gerichtet waren, Frankreich zum ersten Kultur-
*)Gay, V., Glossaire archéologique.
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wollten und damit den Markt allgemach verloren. Melchior Alvarez
um 1780 war der erste, der gezogene und Doppelläufe verfertigte.
Erwähnen wir noch der ausgezeichneten Panzerhemden, welche
weit und breit versendet wurden, der vorzüglichen Sattelfabrikation
in Galizien und Cordova, ferner der angesehenen Fabrikation von
Armrüsten in Saragossa, so haben wir in kurzen Zügen die technische
Waffenindustrie Spaniens geschildert.
Wenden wir uns schlieſslich der Frage zu, was Spanien im
Kunstgebiete geleistet hat, so können wir auf zahlreiche, herrliche
Gebilde verweisen, die namentlich nach der kunsttechnischen Seite zu
würdigen sind. An keinem der Meister, so viele wir auch kennen,
haftet aber ein gleich hoher Ruhm wie an den Italienern, die in innigem
Vereine mit den ersten Gröſsen der Kunst zu schaffen pflegten. Und
dennoch, wenn auch nicht die Meister, die spanische Kunstwaffen-
erzeugung gelangte, durch Spanier selbst überliefert, an den deutschen
und anderen Höfen zu so groſser Beliebtheit, daſs an diesen die
spanischen „Wehrvergolder“ mit den italienischen in Wettbewerb
traten.
Man hat die französische Waffenerzeugung vom Mittelalter
bis ins 17. Jahrhundert bisher als unbedeutend dargestellt, vielleicht
weil kein Autor in der Lage war, auf namhaftere Werkstätten und
tüchtigere Meister hinzudeuten. Diese geringe Bewertung entspricht
jedoch nicht den Ergebnissen neuerer Forschung. Für das frühere
Mittelalter läſst schon die verhältnismäſsig hohe Kultur Südfrankreichs
eine tüchtige Waffenindustrie voraussetzen, wie auch anzunehmen ist,
daſs italienische und spanische Kunstfertigkeit ihre Ausläufer in der
Provence gefunden haben. Im 13. Jahrhundert werden die kleinen
Bassinets von Montauban allenthalben getragen, und die Dichter er-
wähnen am Ende des 13. Jahrhunderts mit ungemeinem Lobe der
Harnische von Monségur, vom Anfange des 14. der Waffen von
Mortemer. *) Im 15. und 16. Jahrhundert fehlt es auch nicht an
Namen bedeutender Waffenschmiede und auch nicht an solchen, die
dem Hofe kunstreichere Arbeiten zu liefern im stande waren. Wir
erwähnen darunter nur einige, wie Jehan de Bonnes, den Hof-
plattner des Königs René um 1450, den Hofplattner Thomassin
Baigneux um 1456, die berühmten Waffenschmiede von Tours,
Jacques Merville um 1510 und S. Remy Farant um 1568, die
bedeutenden Tausiatoren Roquelin Dehoux um 1561, Germain
Pilon um 1550 und den Fertiger der überaus kunstreichen Dolche
Thevenin Martineau.
All diese unleugbar ansehnliche Bethätigung französischen Kunst-
fleiſses genügte weitaus nicht den stolzen Plänen der französischen
Könige, welche dahin gerichtet waren, Frankreich zum ersten Kultur-
*) Gay, V., Glossaire archéologique.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/626>, abgerufen am 22.11.2024.
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