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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
Brinkmann bemerkt,*) spricht schon Plinius von ähnlicher ägyp-
tischer Arbeit, nicht minder beschreibt dieses Verfahren der Presbyter
Theophilus in seiner Diversarum artium schedula III, 27 schon
völlig so, ja noch eingehender als Cellini in seinen Traktaten. Man
versteht unter Nielloarbeit eine eingravierte Zeichnung auf einer Gold-,
Silber- oder anderen Metallfläche, welche mit einer dunklen schwefe-
ligen Metallmasse, dem nigellum der Alten, ausgefüllt ist. Die
Technik wird noch heute in den grossen Zentren der Kunstindustrie
und, wenn auch in minderer Gediegenheit, in Tula bei Moskau be-
trieben. Das nigellum besteht in einer Mischung von Silber, Kupfer
und Blei in reinstem Zustande im Verhältnisse wie 1 zu 2 zu 3.
Die Wirkung dieses dunkelgrauen Metalls in entsprechender Zeich-
nung auf blankem Grunde ist eine äusserst ansprechende und vor-
nehme. Die Technik ist ohne Zweifel auf dem Wege über den
Orient, wo sie noch heute, wie z. B. in Persien, betrieben wird, nach
Italien und von da schon im frühesten Mittelalter durch Mönche
nach Deutschland gekommen. Ihre Anwendung findet sie meist an
Schwertgriffen und Scheiden, überhaupt an Handwaffen, selten an
Schutzwaffen. Nur im Oriente finden wir auch Helme und Panzer
mit Nielloverzierungen. In Europa sind es im Mittelalter vorzüglich
nur die Italiener, welche sich der Niellotechnik bedienen; im 16. Jahr-
hundert kommt sie stark in Abnahme.

Wir wenden uns nun zu einer anderen Ziertechnik, welche durch
ihr gleichfalls hohes Alter, wie durch ihre ungemeine Wirksamkeit
hohe Beachtung verdient, die Tausia. Die Tausia, Tauschier-
arbeit
, italienisch und lateinisch tausia, tarsia, englisch empaistic
work, besteht in der Einlage von Gold oder Silber in Eisen oder
Stahl. Sie wird von mehreren Schriftstellern Damaszierung genannt,
eine Benennung, die, wenn auch in Frankreich seit Jahrhunderten in
Gebrauch, doch unrichtig ist und heute nur zu Verwirrungen Anlass
gibt. In Italien erscheint sie im 16. Jahrhundert unter den Bezeich-
nungen als Lavoro all' Azzimina oder alla Gemina, welche beide sich
aus dem Arabischen herleiten. Die Technik ist im Abendlande schon
in antiker Zeit bekannt gewesen und an Ringen, Fibeln, Schliessen
u. dgl. vielfach angewendet worden. Auch unter den Germanen war
sie nicht unbekannt und unter den Merowingern, die doch eine origi-
nale Kunst nicht besassen, wurde sie häufig und mit ungemeinem
Geschick ausgeübt. Später geriet sie im Abendlande in Vergessenheit
und wurde nur von Indern, Persern und Arabern gepflegt, von welch'
letzteren sie die Spanier und Italiener wieder erlernten. Vom An-
fange des 16. Jahrhunderts an wurde sie besonders in Toledo, Florenz
und Mailand mit ausserordentlichem Erfolge betrieben, aus welchen
Städten tauschierte Waffen über ganz Europa sich verbreiteten und

*) Cellini, Tractat., S. 162.

V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
Brinkmann bemerkt,*) spricht schon Plinius von ähnlicher ägyp-
tischer Arbeit, nicht minder beschreibt dieses Verfahren der Presbyter
Theophilus in seiner Diversarum artium schedula III, 27 schon
völlig so, ja noch eingehender als Cellini in seinen Traktaten. Man
versteht unter Nielloarbeit eine eingravierte Zeichnung auf einer Gold-,
Silber- oder anderen Metallfläche, welche mit einer dunklen schwefe-
ligen Metallmasse, dem nigellum der Alten, ausgefüllt ist. Die
Technik wird noch heute in den groſsen Zentren der Kunstindustrie
und, wenn auch in minderer Gediegenheit, in Tula bei Moskau be-
trieben. Das nigellum besteht in einer Mischung von Silber, Kupfer
und Blei in reinstem Zustande im Verhältnisse wie 1 zu 2 zu 3.
Die Wirkung dieses dunkelgrauen Metalls in entsprechender Zeich-
nung auf blankem Grunde ist eine äuſserst ansprechende und vor-
nehme. Die Technik ist ohne Zweifel auf dem Wege über den
Orient, wo sie noch heute, wie z. B. in Persien, betrieben wird, nach
Italien und von da schon im frühesten Mittelalter durch Mönche
nach Deutschland gekommen. Ihre Anwendung findet sie meist an
Schwertgriffen und Scheiden, überhaupt an Handwaffen, selten an
Schutzwaffen. Nur im Oriente finden wir auch Helme und Panzer
mit Nielloverzierungen. In Europa sind es im Mittelalter vorzüglich
nur die Italiener, welche sich der Niellotechnik bedienen; im 16. Jahr-
hundert kommt sie stark in Abnahme.

Wir wenden uns nun zu einer anderen Ziertechnik, welche durch
ihr gleichfalls hohes Alter, wie durch ihre ungemeine Wirksamkeit
hohe Beachtung verdient, die Tausia. Die Tausia, Tauschier-
arbeit
, italienisch und lateinisch tausia, tarsia, englisch empaistic
work, besteht in der Einlage von Gold oder Silber in Eisen oder
Stahl. Sie wird von mehreren Schriftstellern Damaszierung genannt,
eine Benennung, die, wenn auch in Frankreich seit Jahrhunderten in
Gebrauch, doch unrichtig ist und heute nur zu Verwirrungen Anlaſs
gibt. In Italien erscheint sie im 16. Jahrhundert unter den Bezeich-
nungen als Lavoro all’ Azzimina oder alla Gemina, welche beide sich
aus dem Arabischen herleiten. Die Technik ist im Abendlande schon
in antiker Zeit bekannt gewesen und an Ringen, Fibeln, Schlieſsen
u. dgl. vielfach angewendet worden. Auch unter den Germanen war
sie nicht unbekannt und unter den Merowingern, die doch eine origi-
nale Kunst nicht besaſsen, wurde sie häufig und mit ungemeinem
Geschick ausgeübt. Später geriet sie im Abendlande in Vergessenheit
und wurde nur von Indern, Persern und Arabern gepflegt, von welch’
letzteren sie die Spanier und Italiener wieder erlernten. Vom An-
fange des 16. Jahrhunderts an wurde sie besonders in Toledo, Florenz
und Mailand mit auſserordentlichem Erfolge betrieben, aus welchen
Städten tauschierte Waffen über ganz Europa sich verbreiteten und

*) Cellini, Tractat., S. 162.
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[598/0616] V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen. Brinkmann bemerkt, *) spricht schon Plinius von ähnlicher ägyp- tischer Arbeit, nicht minder beschreibt dieses Verfahren der Presbyter Theophilus in seiner Diversarum artium schedula III, 27 schon völlig so, ja noch eingehender als Cellini in seinen Traktaten. Man versteht unter Nielloarbeit eine eingravierte Zeichnung auf einer Gold-, Silber- oder anderen Metallfläche, welche mit einer dunklen schwefe- ligen Metallmasse, dem nigellum der Alten, ausgefüllt ist. Die Technik wird noch heute in den groſsen Zentren der Kunstindustrie und, wenn auch in minderer Gediegenheit, in Tula bei Moskau be- trieben. Das nigellum besteht in einer Mischung von Silber, Kupfer und Blei in reinstem Zustande im Verhältnisse wie 1 zu 2 zu 3. Die Wirkung dieses dunkelgrauen Metalls in entsprechender Zeich- nung auf blankem Grunde ist eine äuſserst ansprechende und vor- nehme. Die Technik ist ohne Zweifel auf dem Wege über den Orient, wo sie noch heute, wie z. B. in Persien, betrieben wird, nach Italien und von da schon im frühesten Mittelalter durch Mönche nach Deutschland gekommen. Ihre Anwendung findet sie meist an Schwertgriffen und Scheiden, überhaupt an Handwaffen, selten an Schutzwaffen. Nur im Oriente finden wir auch Helme und Panzer mit Nielloverzierungen. In Europa sind es im Mittelalter vorzüglich nur die Italiener, welche sich der Niellotechnik bedienen; im 16. Jahr- hundert kommt sie stark in Abnahme. Wir wenden uns nun zu einer anderen Ziertechnik, welche durch ihr gleichfalls hohes Alter, wie durch ihre ungemeine Wirksamkeit hohe Beachtung verdient, die Tausia. Die Tausia, Tauschier- arbeit, italienisch und lateinisch tausia, tarsia, englisch empaistic work, besteht in der Einlage von Gold oder Silber in Eisen oder Stahl. Sie wird von mehreren Schriftstellern Damaszierung genannt, eine Benennung, die, wenn auch in Frankreich seit Jahrhunderten in Gebrauch, doch unrichtig ist und heute nur zu Verwirrungen Anlaſs gibt. In Italien erscheint sie im 16. Jahrhundert unter den Bezeich- nungen als Lavoro all’ Azzimina oder alla Gemina, welche beide sich aus dem Arabischen herleiten. Die Technik ist im Abendlande schon in antiker Zeit bekannt gewesen und an Ringen, Fibeln, Schlieſsen u. dgl. vielfach angewendet worden. Auch unter den Germanen war sie nicht unbekannt und unter den Merowingern, die doch eine origi- nale Kunst nicht besaſsen, wurde sie häufig und mit ungemeinem Geschick ausgeübt. Später geriet sie im Abendlande in Vergessenheit und wurde nur von Indern, Persern und Arabern gepflegt, von welch’ letzteren sie die Spanier und Italiener wieder erlernten. Vom An- fange des 16. Jahrhunderts an wurde sie besonders in Toledo, Florenz und Mailand mit auſserordentlichem Erfolge betrieben, aus welchen Städten tauschierte Waffen über ganz Europa sich verbreiteten und *) Cellini, Tractat., S. 162.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/616>, abgerufen am 22.11.2024.