IV. Bemerkungen für Freunde und Sammler von Waffen.
Restaurationen erkennt man schon mit dem freien Auge. Im Oriente und in Russland gibt man sich auch oft Mühe, altes Niello darzu- stellen, das aber in den meisten Fällen durch eine zu grosse Regel- mässigkeit der Zeichnung auffällt; dann ist auch gewöhnlich das Nigellum bei den heutigen Mitteln gleichmässiger verschmolzen und überhaupt zu tief im Tone.
Alter Anstrich in Ölfarbe unterscheidet sich durch sein Ansehen von jüngerem und erweist sich als reiner Leinölanstrich. Dicker Lack mit Zusätzen von Harzen wurde erst im 18. Jahrhundert an- gewendet.
In betreff der Echtheit von Steinfassungen haben wir bereits Gelegenheit gehabt, unsere Bemerkungen zu machen. Die Kunst, Edelsteine in Facetten zu schleifen, drang erst am Ende des vorigen Jahrhunderts in die orientalischen Länder,*) und man findet selbst an modernen Arbeiten aus dem Orient noch gemugelte Edelsteine. Ob- zwar schon 1385 Diamantpolierer in Nürnberg genannt werden und 1456 Ludwig von Berquen die Kunst erfand, den Diamant mit seinem eigenen Pulver zu schleifen, so ist es doch bekannt, dass Kardinal Mazarin um 1650 die ersten Diamanten in Brillantenform schleifen liess, und geschliffene Edelsteine allgemeiner erst am Ende des 17. Jahrhunderts auftraten.
In neuester Zeit gelangen häufig gefälschte Schwert- und Säbel- griffe, Scheiden etc. in den Handel, die mit graviertem Nephrit (Beilstein, Punamastein) besetzt sind. Die Fälscher benutzen die all- gemein verbreitete Meinung, dass Nephrit in rohen Stücken in Europa nicht in den Handel komme. Aber dieser Halbedelstein, der schon im Altertume bekannt war und im Mittelalter im Oriente häufig als Verzierungsmittel für Waffen diente, wurde schon in der 1. Hälfte des vorigen Jahrhunderts von Joh. Forster nach Europa gebracht und seither vorwiegend zu Fälschungen benutzt. Bei der Beurteilung von derartig verzierten Waffen können lediglich die Formen und die Art der Bearbeitung des Steines den Ausschlag geben.
Bei Beurteilung von Schnitzarbeiten in Beziehung auf ihr Alter und ihre Echtheit entscheiden in erster Linie die von dem Geschmack der Zeit bedingten stilistischen Eigentümlichkeiten. Bei Elfenbein- arbeiten zeigen sich immer Spuren des Werkzeuges, das in neuerer Zeit ein anderes ist, als ehedem verwendet wurde. Die Alten ver- wendeten die Feile nur sehr wenig und begnügten sich mit hobel-
*) Auch die Fassung der Edelsteine kam aus dem Oriente. Schon im frühesten Mittelalter kamen Edelsteine in regelmässigen Körpern geschliffen und auch durch- löchert vor. Das Verfahren beschreibt uns Theophilus in seiner "Schedula diver- sarum artium". Einfache Facettenschliffe und selbst dublierte Edelsteine treten schon im 15. Jahrhundert auf, immerhin aber vereinzelt und so selten, dass wir in vor- kommenden Fällen sehr zur Vorsicht raten. In Brillantenform und als Tafelsteine finden wir sie häufig in den Goldschmiedeblättern des Virgil Solis u. a.
IV. Bemerkungen für Freunde und Sammler von Waffen.
Restaurationen erkennt man schon mit dem freien Auge. Im Oriente und in Ruſsland gibt man sich auch oft Mühe, altes Niello darzu- stellen, das aber in den meisten Fällen durch eine zu groſse Regel- mäſsigkeit der Zeichnung auffällt; dann ist auch gewöhnlich das Nigellum bei den heutigen Mitteln gleichmäſsiger verschmolzen und überhaupt zu tief im Tone.
Alter Anstrich in Ölfarbe unterscheidet sich durch sein Ansehen von jüngerem und erweist sich als reiner Leinölanstrich. Dicker Lack mit Zusätzen von Harzen wurde erst im 18. Jahrhundert an- gewendet.
In betreff der Echtheit von Steinfassungen haben wir bereits Gelegenheit gehabt, unsere Bemerkungen zu machen. Die Kunst, Edelsteine in Facetten zu schleifen, drang erst am Ende des vorigen Jahrhunderts in die orientalischen Länder,*) und man findet selbst an modernen Arbeiten aus dem Orient noch gemugelte Edelsteine. Ob- zwar schon 1385 Diamantpolierer in Nürnberg genannt werden und 1456 Ludwig von Berquen die Kunst erfand, den Diamant mit seinem eigenen Pulver zu schleifen, so ist es doch bekannt, daſs Kardinal Mazarin um 1650 die ersten Diamanten in Brillantenform schleifen lieſs, und geschliffene Edelsteine allgemeiner erst am Ende des 17. Jahrhunderts auftraten.
In neuester Zeit gelangen häufig gefälschte Schwert- und Säbel- griffe, Scheiden etc. in den Handel, die mit graviertem Nephrit (Beilstein, Punamastein) besetzt sind. Die Fälscher benutzen die all- gemein verbreitete Meinung, daſs Nephrit in rohen Stücken in Europa nicht in den Handel komme. Aber dieser Halbedelstein, der schon im Altertume bekannt war und im Mittelalter im Oriente häufig als Verzierungsmittel für Waffen diente, wurde schon in der 1. Hälfte des vorigen Jahrhunderts von Joh. Forster nach Europa gebracht und seither vorwiegend zu Fälschungen benutzt. Bei der Beurteilung von derartig verzierten Waffen können lediglich die Formen und die Art der Bearbeitung des Steines den Ausschlag geben.
Bei Beurteilung von Schnitzarbeiten in Beziehung auf ihr Alter und ihre Echtheit entscheiden in erster Linie die von dem Geschmack der Zeit bedingten stilistischen Eigentümlichkeiten. Bei Elfenbein- arbeiten zeigen sich immer Spuren des Werkzeuges, das in neuerer Zeit ein anderes ist, als ehedem verwendet wurde. Die Alten ver- wendeten die Feile nur sehr wenig und begnügten sich mit hobel-
*) Auch die Fassung der Edelsteine kam aus dem Oriente. Schon im frühesten Mittelalter kamen Edelsteine in regelmäſsigen Körpern geschliffen und auch durch- löchert vor. Das Verfahren beschreibt uns Theophilus in seiner „Schedula diver- sarum artium“. Einfache Facettenschliffe und selbst dublierte Edelsteine treten schon im 15. Jahrhundert auf, immerhin aber vereinzelt und so selten, daſs wir in vor- kommenden Fällen sehr zur Vorsicht raten. In Brillantenform und als Tafelsteine finden wir sie häufig in den Goldschmiedeblättern des Virgil Solis u. a.
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IV. Bemerkungen für Freunde und Sammler von Waffen.
Restaurationen erkennt man schon mit dem freien Auge. Im Oriente
und in Ruſsland gibt man sich auch oft Mühe, altes Niello darzu-
stellen, das aber in den meisten Fällen durch eine zu groſse Regel-
mäſsigkeit der Zeichnung auffällt; dann ist auch gewöhnlich das Nigellum
bei den heutigen Mitteln gleichmäſsiger verschmolzen und überhaupt
zu tief im Tone.
Alter Anstrich in Ölfarbe unterscheidet sich durch sein Ansehen
von jüngerem und erweist sich als reiner Leinölanstrich. Dicker
Lack mit Zusätzen von Harzen wurde erst im 18. Jahrhundert an-
gewendet.
In betreff der Echtheit von Steinfassungen haben wir bereits
Gelegenheit gehabt, unsere Bemerkungen zu machen. Die Kunst,
Edelsteine in Facetten zu schleifen, drang erst am Ende des vorigen
Jahrhunderts in die orientalischen Länder, *) und man findet selbst an
modernen Arbeiten aus dem Orient noch gemugelte Edelsteine. Ob-
zwar schon 1385 Diamantpolierer in Nürnberg genannt werden und
1456 Ludwig von Berquen die Kunst erfand, den Diamant mit
seinem eigenen Pulver zu schleifen, so ist es doch bekannt, daſs
Kardinal Mazarin um 1650 die ersten Diamanten in Brillantenform
schleifen lieſs, und geschliffene Edelsteine allgemeiner erst am Ende
des 17. Jahrhunderts auftraten.
In neuester Zeit gelangen häufig gefälschte Schwert- und Säbel-
griffe, Scheiden etc. in den Handel, die mit graviertem Nephrit
(Beilstein, Punamastein) besetzt sind. Die Fälscher benutzen die all-
gemein verbreitete Meinung, daſs Nephrit in rohen Stücken in Europa
nicht in den Handel komme. Aber dieser Halbedelstein, der schon
im Altertume bekannt war und im Mittelalter im Oriente häufig als
Verzierungsmittel für Waffen diente, wurde schon in der 1. Hälfte
des vorigen Jahrhunderts von Joh. Forster nach Europa gebracht und
seither vorwiegend zu Fälschungen benutzt. Bei der Beurteilung von
derartig verzierten Waffen können lediglich die Formen und die Art
der Bearbeitung des Steines den Ausschlag geben.
Bei Beurteilung von Schnitzarbeiten in Beziehung auf ihr Alter
und ihre Echtheit entscheiden in erster Linie die von dem Geschmack
der Zeit bedingten stilistischen Eigentümlichkeiten. Bei Elfenbein-
arbeiten zeigen sich immer Spuren des Werkzeuges, das in neuerer
Zeit ein anderes ist, als ehedem verwendet wurde. Die Alten ver-
wendeten die Feile nur sehr wenig und begnügten sich mit hobel-
*) Auch die Fassung der Edelsteine kam aus dem Oriente. Schon im frühesten
Mittelalter kamen Edelsteine in regelmäſsigen Körpern geschliffen und auch durch-
löchert vor. Das Verfahren beschreibt uns Theophilus in seiner „Schedula diver-
sarum artium“. Einfache Facettenschliffe und selbst dublierte Edelsteine treten schon
im 15. Jahrhundert auf, immerhin aber vereinzelt und so selten, daſs wir in vor-
kommenden Fällen sehr zur Vorsicht raten. In Brillantenform und als Tafelsteine
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/596>, abgerufen am 26.07.2024.
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