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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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II. Die Angriffswaffen.
steine, für kleinere Kaliber auch eiserner Kugeln, die natürlich nicht
gegossen, sondern geschmiedet waren. Mit diesem Zeitpunkte erst
beginnt eine wenn auch anfangs noch systemlose Bestimmung der
Lichtendimension des Rohres, des Kalibers, üblich zu werden.
(Fig. 511.)

Obwohl die erste Nachricht von ihrer Verwendung aus dem
Osten Europas zu uns dringt, nahm die Feuerwaffe dennoch ihren
Weg über den Kontinent von Spanien aus, wo sie in bereits ent-
wickelterer Form und allgemeiner bei den Mauren in Gebrauch war.
Langsam verbreitete sie sich über Frankreich und England, wo die
Traditionen der Ritterschaft noch zu lebhaft waren, aber rasch über
Italien, das, bewohnt von einer Handel treibenden Nation, den
Utilitätsprinzipien zugänglicher erschien.

[Abbildung] Fig. 511.

Bombarde, sogenanntes Hauptstück, von Eisen, ge-
nannt die "tolle Grete", in Gent. 14. Jahrhundert. Nach Müller-Mothes,
Archäol. Wörterbuch.

Um 1360 erhält das grosse Geschütz eine bestimmte Bezeichnung.
Bisher hatten die Feuergeschütze vielerlei willkürlich gewählte Namen,
als Feuermaschinen u. dgl. In den Rechnungen von Valenciennes
vom Jahre 1363 werden die Stadtgeschütze bombardes de la
ville
benannt. Unzweifelhaft stammt der Name aus Italien und
hat seine Ableitung von dem griechischen Worte "bombos" (bombos),
was soviel als Brummer bedeutet. Den Namen Bombarden be-
halten sie in Frankreich, Spanien, Italien und den Niederlanden bis
ans Ende des 15. Jahrhunderts; nur in Deutschland ist von der
ältesten Zeit an die Bezeichnung Büchse üblich, die mit verschie-
denen Variationen selbst noch bis ins 17. Jahrhundert wenigstens als

II. Die Angriffswaffen.
steine, für kleinere Kaliber auch eiserner Kugeln, die natürlich nicht
gegossen, sondern geschmiedet waren. Mit diesem Zeitpunkte erst
beginnt eine wenn auch anfangs noch systemlose Bestimmung der
Lichtendimension des Rohres, des Kalibers, üblich zu werden.
(Fig. 511.)

Obwohl die erste Nachricht von ihrer Verwendung aus dem
Osten Europas zu uns dringt, nahm die Feuerwaffe dennoch ihren
Weg über den Kontinent von Spanien aus, wo sie in bereits ent-
wickelterer Form und allgemeiner bei den Mauren in Gebrauch war.
Langsam verbreitete sie sich über Frankreich und England, wo die
Traditionen der Ritterschaft noch zu lebhaft waren, aber rasch über
Italien, das, bewohnt von einer Handel treibenden Nation, den
Utilitätsprinzipien zugänglicher erschien.

[Abbildung] Fig. 511.

Bombarde, sogenanntes Hauptstück, von Eisen, ge-
nannt die „tolle Grete“, in Gent. 14. Jahrhundert. Nach Müller-Mothes,
Archäol. Wörterbuch.

Um 1360 erhält das groſse Geschütz eine bestimmte Bezeichnung.
Bisher hatten die Feuergeschütze vielerlei willkürlich gewählte Namen,
als Feuermaschinen u. dgl. In den Rechnungen von Valenciennes
vom Jahre 1363 werden die Stadtgeschütze bombardes de la
ville
benannt. Unzweifelhaft stammt der Name aus Italien und
hat seine Ableitung von dem griechischen Worte „bombos“ (βόμβος),
was soviel als Brummer bedeutet. Den Namen Bombarden be-
halten sie in Frankreich, Spanien, Italien und den Niederlanden bis
ans Ende des 15. Jahrhunderts; nur in Deutschland ist von der
ältesten Zeit an die Bezeichnung Büchse üblich, die mit verschie-
denen Variationen selbst noch bis ins 17. Jahrhundert wenigstens als

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[432/0450] II. Die Angriffswaffen. steine, für kleinere Kaliber auch eiserner Kugeln, die natürlich nicht gegossen, sondern geschmiedet waren. Mit diesem Zeitpunkte erst beginnt eine wenn auch anfangs noch systemlose Bestimmung der Lichtendimension des Rohres, des Kalibers, üblich zu werden. (Fig. 511.) Obwohl die erste Nachricht von ihrer Verwendung aus dem Osten Europas zu uns dringt, nahm die Feuerwaffe dennoch ihren Weg über den Kontinent von Spanien aus, wo sie in bereits ent- wickelterer Form und allgemeiner bei den Mauren in Gebrauch war. Langsam verbreitete sie sich über Frankreich und England, wo die Traditionen der Ritterschaft noch zu lebhaft waren, aber rasch über Italien, das, bewohnt von einer Handel treibenden Nation, den Utilitätsprinzipien zugänglicher erschien. [Abbildung Fig. 511. Bombarde, sogenanntes Hauptstück, von Eisen, ge- nannt die „tolle Grete“, in Gent. 14. Jahrhundert. Nach Müller-Mothes, Archäol. Wörterbuch. ] Um 1360 erhält das groſse Geschütz eine bestimmte Bezeichnung. Bisher hatten die Feuergeschütze vielerlei willkürlich gewählte Namen, als Feuermaschinen u. dgl. In den Rechnungen von Valenciennes vom Jahre 1363 werden die Stadtgeschütze bombardes de la ville benannt. Unzweifelhaft stammt der Name aus Italien und hat seine Ableitung von dem griechischen Worte „bombos“ (βόμβος), was soviel als Brummer bedeutet. Den Namen Bombarden be- halten sie in Frankreich, Spanien, Italien und den Niederlanden bis ans Ende des 15. Jahrhunderts; nur in Deutschland ist von der ältesten Zeit an die Bezeichnung Büchse üblich, die mit verschie- denen Variationen selbst noch bis ins 17. Jahrhundert wenigstens als

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/450>, abgerufen am 27.05.2024.