Feuerrohr unterhalb derselben und das Radschloss an der rechten Seite, im entgegengesetzten Falle oberhalb mit dem Radschloss an der linken Seite.
Die erstere Gattung bringt unter anderem Meyrick; sie ist die verbreitetste und darum auch bekanntere, von der letzteren, weit seltener vorkommenden bringen wir ein Beispiel in einer reich gezierten deutschen Balläster mit Kugelschale von ca. 1580 aus der Waffen- sammlung des kaiserlichen Hauses in Wien. Fig. 501 zeigt uns die Ansicht der Balläster mit ihren schön gezeichneten Elfenbeineinlagen in der aus Birnholz gefertigten Säule und der äusseren Form ihrer mechanischen Ausstattung. Fig. 502 erklärt uns in geometrischer Projektion den Radmechanismus des Feuergewehres und teils auch den Spannmechanismus des Stahlbogens. Durch das Zurückschlagen des Hebels F wird die Stange q vorgetrieben und entweder die obere Platte mit der Nuss bis zur Schale vorgeschoben oder nur das Zahnrad h gespannt; sodann wird der Hebel wieder geschlossen und damit auch die Nuss e in die Spannung zurückgezogen. Der Hahn d, welcher beim Nichtgebrauche seitwärts zu drehen ist, führt hier bereits einen Schlag auf das gleichzeitig rotierende Rad. Beim Ab- zuge des Feuerrohres drückt das Züngel r auf den Hebel p, dieser löst eine Schlagfeder und damit auch den Hebel R, wodurch das Zahnrad wieder zurückrotiert. (Fig. 503.) Das Feuerrohr ist beim Nichtgebrauche durch eine Schraube n zu schliessen.
Unter den Geschossen der Armrüste, den Bolzen, Haus- pfeilen, französisch Carreaux, Dondaines, Garrots, Traits, Bougons, Matras, Pilettes etc., unterscheidet man die für den Krieg von den für die Jagd bestimmten. Jene sind einfach und meist von roher Fertigung, doch immer mit sorgfältiger Beachtung der Gewichts- und Schwerpunktsverhältnisse; diese, in der Regel von besserem Materiale, feinerer Ausführung, erscheinen in einer Unzahl der verschiedensten Formen.
Der Bolzen besteht aus der Spitze, dem sogenannten Eisen, dem Schafte oder Zain; die Schäfte sind mit oder ohne "Federn" ausgestattet. Die Form und Schwere des Bolzens beruhte immer auf einer sorgfältigen Berechnung. Die Zainlänge war abhängig von der Aufzugsdimension der Armrust, das Gewicht von der Kraft des Bogens. Für die Tragweite des Bolzens die richtige Lage des Schwer- punktes ein wichtiges Erfordernis war. Bei kurzen Bolzen bis zu 35 cm. Zainlänge liegt der Schwerpunkt in der Regel genau am Ende des 1. Drittels von der Spitze gerechnet, bei längeren ge- wöhnlich am Ende des 1. Viertels. Der Schwerpunkt wurde an jedem Stücke geprüft und durch Beschneiden des hinteren Zainendes ab- gepasst. Man wird die meisten Bolzen für den Kriegsgebrauch am rückwärtigen Ende zugeschnitten antreffen. Gemeine Bolzen besitzen gewöhnlich roh zugeschmiedete Eisen von vierseitigem Querschnitte,
II. Die Angriffswaffen.
Feuerrohr unterhalb derselben und das Radschloſs an der rechten Seite, im entgegengesetzten Falle oberhalb mit dem Radschloſs an der linken Seite.
Die erstere Gattung bringt unter anderem Meyrick; sie ist die verbreitetste und darum auch bekanntere, von der letzteren, weit seltener vorkommenden bringen wir ein Beispiel in einer reich gezierten deutschen Balläster mit Kugelschale von ca. 1580 aus der Waffen- sammlung des kaiserlichen Hauses in Wien. Fig. 501 zeigt uns die Ansicht der Balläster mit ihren schön gezeichneten Elfenbeineinlagen in der aus Birnholz gefertigten Säule und der äuſseren Form ihrer mechanischen Ausstattung. Fig. 502 erklärt uns in geometrischer Projektion den Radmechanismus des Feuergewehres und teils auch den Spannmechanismus des Stahlbogens. Durch das Zurückschlagen des Hebels F wird die Stange q vorgetrieben und entweder die obere Platte mit der Nuſs bis zur Schale vorgeschoben oder nur das Zahnrad h gespannt; sodann wird der Hebel wieder geschlossen und damit auch die Nuſs e in die Spannung zurückgezogen. Der Hahn d, welcher beim Nichtgebrauche seitwärts zu drehen ist, führt hier bereits einen Schlag auf das gleichzeitig rotierende Rad. Beim Ab- zuge des Feuerrohres drückt das Züngel r auf den Hebel p, dieser löst eine Schlagfeder und damit auch den Hebel R, wodurch das Zahnrad wieder zurückrotiert. (Fig. 503.) Das Feuerrohr ist beim Nichtgebrauche durch eine Schraube n zu schlieſsen.
Unter den Geschossen der Armrüste, den Bolzen, Haus- pfeilen, französisch Carreaux, Dondaines, Garrots, Traits, Bougons, Matras, Pilettes etc., unterscheidet man die für den Krieg von den für die Jagd bestimmten. Jene sind einfach und meist von roher Fertigung, doch immer mit sorgfältiger Beachtung der Gewichts- und Schwerpunktsverhältnisse; diese, in der Regel von besserem Materiale, feinerer Ausführung, erscheinen in einer Unzahl der verschiedensten Formen.
Der Bolzen besteht aus der Spitze, dem sogenannten Eisen, dem Schafte oder Zain; die Schäfte sind mit oder ohne „Federn“ ausgestattet. Die Form und Schwere des Bolzens beruhte immer auf einer sorgfältigen Berechnung. Die Zainlänge war abhängig von der Aufzugsdimension der Armrust, das Gewicht von der Kraft des Bogens. Für die Tragweite des Bolzens die richtige Lage des Schwer- punktes ein wichtiges Erfordernis war. Bei kurzen Bolzen bis zu 35 cm. Zainlänge liegt der Schwerpunkt in der Regel genau am Ende des 1. Drittels von der Spitze gerechnet, bei längeren ge- wöhnlich am Ende des 1. Viertels. Der Schwerpunkt wurde an jedem Stücke geprüft und durch Beschneiden des hinteren Zainendes ab- gepaſst. Man wird die meisten Bolzen für den Kriegsgebrauch am rückwärtigen Ende zugeschnitten antreffen. Gemeine Bolzen besitzen gewöhnlich roh zugeschmiedete Eisen von vierseitigem Querschnitte,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0442"n="424"/><fwplace="top"type="header">II. Die Angriffswaffen.</fw><lb/>
Feuerrohr unterhalb derselben und das Radschloſs an der rechten<lb/>
Seite, im entgegengesetzten Falle oberhalb mit dem Radschloſs an<lb/>
der linken Seite.</p><lb/><p>Die erstere Gattung bringt unter anderem Meyrick; sie ist die<lb/>
verbreitetste und darum auch bekanntere, von der letzteren, weit<lb/>
seltener vorkommenden bringen wir ein Beispiel in einer reich gezierten<lb/>
deutschen Balläster mit Kugelschale von ca. 1580 aus der Waffen-<lb/>
sammlung des kaiserlichen Hauses in Wien. Fig. 501 zeigt uns die<lb/>
Ansicht der Balläster mit ihren schön gezeichneten Elfenbeineinlagen<lb/>
in der aus Birnholz gefertigten Säule und der äuſseren Form ihrer<lb/>
mechanischen Ausstattung. Fig. 502 erklärt uns in geometrischer<lb/>
Projektion den Radmechanismus des Feuergewehres und teils auch<lb/>
den Spannmechanismus des Stahlbogens. Durch das Zurückschlagen<lb/>
des Hebels F wird die Stange q vorgetrieben und entweder die<lb/>
obere Platte mit der Nuſs bis zur Schale vorgeschoben oder nur das<lb/>
Zahnrad h gespannt; sodann wird der Hebel wieder geschlossen und<lb/>
damit auch die Nuſs e in die Spannung zurückgezogen. Der Hahn<lb/>
d, welcher beim Nichtgebrauche seitwärts zu drehen ist, führt hier<lb/>
bereits einen Schlag auf das gleichzeitig rotierende Rad. Beim Ab-<lb/>
zuge des Feuerrohres drückt das Züngel r auf den Hebel p, dieser<lb/>
löst eine Schlagfeder und damit auch den Hebel R, wodurch das<lb/>
Zahnrad wieder zurückrotiert. (Fig. 503.) Das Feuerrohr ist beim<lb/>
Nichtgebrauche durch eine Schraube n zu schlieſsen.</p><lb/><p>Unter den Geschossen der Armrüste, den <hirendition="#g">Bolzen, Haus-<lb/>
pfeilen</hi>, französisch Carreaux, Dondaines, Garrots, Traits, Bougons,<lb/>
Matras, Pilettes etc., unterscheidet man die für den Krieg von den<lb/>
für die Jagd bestimmten. Jene sind einfach und meist von roher<lb/>
Fertigung, doch immer mit sorgfältiger Beachtung der Gewichts- und<lb/>
Schwerpunktsverhältnisse; diese, in der Regel von besserem Materiale,<lb/>
feinerer Ausführung, erscheinen in einer Unzahl der verschiedensten<lb/>
Formen.</p><lb/><p>Der Bolzen besteht aus der <hirendition="#g">Spitze</hi>, dem sogenannten <hirendition="#g">Eisen</hi>,<lb/>
dem <hirendition="#g">Schafte</hi> oder <hirendition="#g">Zain</hi>; die Schäfte sind mit oder ohne „Federn“<lb/>
ausgestattet. Die Form und Schwere des Bolzens beruhte immer<lb/>
auf einer sorgfältigen Berechnung. Die Zainlänge war abhängig von<lb/>
der Aufzugsdimension der Armrust, das Gewicht von der Kraft des<lb/>
Bogens. Für die Tragweite des Bolzens die richtige Lage des Schwer-<lb/>
punktes ein wichtiges Erfordernis war. Bei kurzen Bolzen bis zu<lb/>
35 cm. Zainlänge liegt der Schwerpunkt in der Regel genau am<lb/>
Ende des 1. Drittels von der Spitze gerechnet, bei längeren ge-<lb/>
wöhnlich am Ende des 1. Viertels. Der Schwerpunkt wurde an jedem<lb/>
Stücke geprüft und durch Beschneiden des hinteren Zainendes ab-<lb/>
gepaſst. Man wird die meisten Bolzen für den Kriegsgebrauch am<lb/>
rückwärtigen Ende zugeschnitten antreffen. Gemeine Bolzen besitzen<lb/>
gewöhnlich roh zugeschmiedete Eisen von vierseitigem Querschnitte,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[424/0442]
II. Die Angriffswaffen.
Feuerrohr unterhalb derselben und das Radschloſs an der rechten
Seite, im entgegengesetzten Falle oberhalb mit dem Radschloſs an
der linken Seite.
Die erstere Gattung bringt unter anderem Meyrick; sie ist die
verbreitetste und darum auch bekanntere, von der letzteren, weit
seltener vorkommenden bringen wir ein Beispiel in einer reich gezierten
deutschen Balläster mit Kugelschale von ca. 1580 aus der Waffen-
sammlung des kaiserlichen Hauses in Wien. Fig. 501 zeigt uns die
Ansicht der Balläster mit ihren schön gezeichneten Elfenbeineinlagen
in der aus Birnholz gefertigten Säule und der äuſseren Form ihrer
mechanischen Ausstattung. Fig. 502 erklärt uns in geometrischer
Projektion den Radmechanismus des Feuergewehres und teils auch
den Spannmechanismus des Stahlbogens. Durch das Zurückschlagen
des Hebels F wird die Stange q vorgetrieben und entweder die
obere Platte mit der Nuſs bis zur Schale vorgeschoben oder nur das
Zahnrad h gespannt; sodann wird der Hebel wieder geschlossen und
damit auch die Nuſs e in die Spannung zurückgezogen. Der Hahn
d, welcher beim Nichtgebrauche seitwärts zu drehen ist, führt hier
bereits einen Schlag auf das gleichzeitig rotierende Rad. Beim Ab-
zuge des Feuerrohres drückt das Züngel r auf den Hebel p, dieser
löst eine Schlagfeder und damit auch den Hebel R, wodurch das
Zahnrad wieder zurückrotiert. (Fig. 503.) Das Feuerrohr ist beim
Nichtgebrauche durch eine Schraube n zu schlieſsen.
Unter den Geschossen der Armrüste, den Bolzen, Haus-
pfeilen, französisch Carreaux, Dondaines, Garrots, Traits, Bougons,
Matras, Pilettes etc., unterscheidet man die für den Krieg von den
für die Jagd bestimmten. Jene sind einfach und meist von roher
Fertigung, doch immer mit sorgfältiger Beachtung der Gewichts- und
Schwerpunktsverhältnisse; diese, in der Regel von besserem Materiale,
feinerer Ausführung, erscheinen in einer Unzahl der verschiedensten
Formen.
Der Bolzen besteht aus der Spitze, dem sogenannten Eisen,
dem Schafte oder Zain; die Schäfte sind mit oder ohne „Federn“
ausgestattet. Die Form und Schwere des Bolzens beruhte immer
auf einer sorgfältigen Berechnung. Die Zainlänge war abhängig von
der Aufzugsdimension der Armrust, das Gewicht von der Kraft des
Bogens. Für die Tragweite des Bolzens die richtige Lage des Schwer-
punktes ein wichtiges Erfordernis war. Bei kurzen Bolzen bis zu
35 cm. Zainlänge liegt der Schwerpunkt in der Regel genau am
Ende des 1. Drittels von der Spitze gerechnet, bei längeren ge-
wöhnlich am Ende des 1. Viertels. Der Schwerpunkt wurde an jedem
Stücke geprüft und durch Beschneiden des hinteren Zainendes ab-
gepaſst. Man wird die meisten Bolzen für den Kriegsgebrauch am
rückwärtigen Ende zugeschnitten antreffen. Gemeine Bolzen besitzen
gewöhnlich roh zugeschmiedete Eisen von vierseitigem Querschnitte,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/442>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.