als für den gewöhnlichen Gebrauch und bei festlichen Gelegenheiten benutzt.
Bei solchen ist der Kopf nur durch eine ganze Rossstirne ge- deckt (Fig. 241), welche nicht über die Genaschen reichte; der
[Abbildung]
Fig. 241.
Leichte Rossstirn mit getriebe- nen Verzierungen auf ge- schupptem und vergolde- tem Grunde. Armeria Real zu Madrid.
Kanz deckte nur den Kamm, der Fürbug war schmäler und das Gelieger bestand oberhalb nur aus Schienen, an welchen seitlich breite Taschen hingen. (Fig. 242.)
Um 1515 bestand die Einrichtung in den Kürisser-Regimentern, dass die Kürisser auf schwer geliegerten, die reisigen Knechte aber auf leicht geliegerten Hengsten ritten.
Auch wenn das Ross ungeliegert war, pflegte man an die Stirn desselben eine halbe Rossstirne zu schnallen, die nur bis zu den Augen reichte und das Nasenbein bis zur Hälfte deckte. (Fig. 243.) Selbst die Esel und Maultiere des Trains wurden mit Eisen- stirnen ausgerüstet, eine solche Eselstirne findet sich in der Sammlung Fr. Thill in Wien.
Versuche des Plattners Lorenz Helm- schmied in Augsburg um 1480, das Streitross vollständig am Bauche und bis an die Fes- seln der Hufe zu decken, fanden der Schwie- rigkeit der Fertigung halber keine allgemeine Nachahmung.*)
Gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts treten für Zwecke der Repräsentation bei Festlichkeiten Pferdezeuge von besonderer Ausstattung und Zierlichkeit, sogenannte Ca- perationen, auf, von welchen selbst die aus Plättchen und Partikeln von Blech gebildeten nicht eigentlich unter die Pferdeharnische zu reihen sind. Sie sind zumeist in schönem Dessin durchbrochen. Die einzelnen beweglich verbundenen Blechstücke sind mit Samt oder Seide überzogen, oft gestickt oder mit Soutachierungen in Gold oder Silber geziert. (Fig. 244).
Eine charakteristische Beigabe zu den italienischen Caperationen ist in dem Schweifbunde zu sehen, der in einer ledernen, oft auch mit Samt überzogenen Hülse besteht, die um den Pferdeschweif
*) In einem kleinen Ölbilde von 1480 in den k. k. kunsthistorischen Samm- lungen zu Wien ist der Harnischmeister des Erzherzogs Maximilian, Junker Albrecht, auf einem derartig in geschlossenem Gelieger geharnischten Pferde reitend darge- stellt. Leber., Wiens bürgerl. Zeughaus. Jahrbuch d. k. k. kunsthist. Museen, VIII. Band.
10. Das Pferdezeug und der Pferdeharnisch.
als für den gewöhnlichen Gebrauch und bei festlichen Gelegenheiten benutzt.
Bei solchen ist der Kopf nur durch eine ganze Roſsstirne ge- deckt (Fig. 241), welche nicht über die Genaschen reichte; der
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Fig. 241.
Leichte Roſsstirn mit getriebe- nen Verzierungen auf ge- schupptem und vergolde- tem Grunde. Armeria Real zu Madrid.
Kanz deckte nur den Kamm, der Fürbug war schmäler und das Gelieger bestand oberhalb nur aus Schienen, an welchen seitlich breite Taschen hingen. (Fig. 242.)
Um 1515 bestand die Einrichtung in den Kürisser-Regimentern, daſs die Kürisser auf schwer geliegerten, die reisigen Knechte aber auf leicht geliegerten Hengsten ritten.
Auch wenn das Roſs ungeliegert war, pflegte man an die Stirn desselben eine halbe Roſsstirne zu schnallen, die nur bis zu den Augen reichte und das Nasenbein bis zur Hälfte deckte. (Fig. 243.) Selbst die Esel und Maultiere des Trains wurden mit Eisen- stirnen ausgerüstet, eine solche Eselstirne findet sich in der Sammlung Fr. Thill in Wien.
Versuche des Plattners Lorenz Helm- schmied in Augsburg um 1480, das Streitroſs vollständig am Bauche und bis an die Fes- seln der Hufe zu decken, fanden der Schwie- rigkeit der Fertigung halber keine allgemeine Nachahmung.*)
Gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts treten für Zwecke der Repräsentation bei Festlichkeiten Pferdezeuge von besonderer Ausstattung und Zierlichkeit, sogenannte Ca- perationen, auf, von welchen selbst die aus Plättchen und Partikeln von Blech gebildeten nicht eigentlich unter die Pferdeharnische zu reihen sind. Sie sind zumeist in schönem Dessin durchbrochen. Die einzelnen beweglich verbundenen Blechstücke sind mit Samt oder Seide überzogen, oft gestickt oder mit Soutachierungen in Gold oder Silber geziert. (Fig. 244).
Eine charakteristische Beigabe zu den italienischen Caperationen ist in dem Schweifbunde zu sehen, der in einer ledernen, oft auch mit Samt überzogenen Hülse besteht, die um den Pferdeschweif
*) In einem kleinen Ölbilde von 1480 in den k. k. kunsthistorischen Samm- lungen zu Wien ist der Harnischmeister des Erzherzogs Maximilian, Junker Albrecht, auf einem derartig in geschlossenem Gelieger geharnischten Pferde reitend darge- stellt. Leber., Wiens bürgerl. Zeughaus. Jahrbuch d. k. k. kunsthist. Museen, VIII. Band.
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10. Das Pferdezeug und der Pferdeharnisch.
als für den gewöhnlichen Gebrauch und bei festlichen Gelegenheiten
benutzt.
Bei solchen ist der Kopf nur durch eine ganze Roſsstirne ge-
deckt (Fig. 241), welche nicht über die Genaschen reichte; der
[Abbildung Fig. 241. Leichte
Roſsstirn mit getriebe-
nen Verzierungen auf ge-
schupptem und vergolde-
tem Grunde. Armeria Real
zu Madrid.]
Kanz deckte nur den Kamm, der Fürbug
war schmäler und das Gelieger bestand
oberhalb nur aus Schienen, an welchen seitlich
breite Taschen hingen. (Fig. 242.)
Um 1515 bestand die Einrichtung in
den Kürisser-Regimentern, daſs die Kürisser
auf schwer geliegerten, die reisigen Knechte
aber auf leicht geliegerten Hengsten ritten.
Auch wenn das Roſs ungeliegert war,
pflegte man an die Stirn desselben eine halbe
Roſsstirne zu schnallen, die nur bis zu den
Augen reichte und das Nasenbein bis zur
Hälfte deckte. (Fig. 243.) Selbst die Esel
und Maultiere des Trains wurden mit Eisen-
stirnen ausgerüstet, eine solche Eselstirne findet
sich in der Sammlung Fr. Thill in Wien.
Versuche des Plattners Lorenz Helm-
schmied in Augsburg um 1480, das Streitroſs
vollständig am Bauche und bis an die Fes-
seln der Hufe zu decken, fanden der Schwie-
rigkeit der Fertigung halber keine allgemeine
Nachahmung. *)
Gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts
treten für Zwecke der Repräsentation bei
Festlichkeiten Pferdezeuge von besonderer
Ausstattung und Zierlichkeit, sogenannte Ca-
perationen, auf, von welchen selbst die aus
Plättchen und Partikeln von Blech gebildeten
nicht eigentlich unter die Pferdeharnische zu
reihen sind. Sie sind zumeist in schönem Dessin durchbrochen. Die
einzelnen beweglich verbundenen Blechstücke sind mit Samt oder
Seide überzogen, oft gestickt oder mit Soutachierungen in Gold oder
Silber geziert. (Fig. 244).
Eine charakteristische Beigabe zu den italienischen Caperationen
ist in dem Schweifbunde zu sehen, der in einer ledernen, oft
auch mit Samt überzogenen Hülse besteht, die um den Pferdeschweif
*) In einem kleinen Ölbilde von 1480 in den k. k. kunsthistorischen Samm-
lungen zu Wien ist der Harnischmeister des Erzherzogs Maximilian, Junker Albrecht,
auf einem derartig in geschlossenem Gelieger geharnischten Pferde reitend darge-
stellt. Leber., Wiens bürgerl. Zeughaus. Jahrbuch d. k. k. kunsthist. Museen,
VIII. Band.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/237>, abgerufen am 21.11.2024.
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