Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.I. Die Schutzwaffen. gürtel wird meist lose getragen, so dass er nicht mehr in den Weichensitzt, sondern an den Lenden haftet. (Fig. 147.) Von etwa 1274 bis gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts tragen die Ritter in Frankreich und England die Achselschilde (ailettes). Im östlichen Deutschland kommen sie selten, in Italien gar nicht vor Augen. (Fig. 148.) In den letzten Dezennien des 13. Jahrhunderts wird eine wichtige Ver- [Abbildung]
Fig. 148. besserung des Harnisches bemerk-Donator im blasonierten bar, man könnte diese Periode die des Anfanges der Plattenharnische nennen, die freilich erst nach einem Jahrhundert in sich fertig dastehen. Aber schon zu jener Zeit beginnt man Ellenbogen und Kniescheiben mit hohl getriebenen, runden Eisen- scheiben, Oberarme und Unter- schenkel mit eisernen Schienen zu bedecken, die über Haubert und Eisenhose mittelst Riemen geschnallt werden. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts werden auch die oberen Flächen der Vorfüsse mit Eisenschienen gedeckt, um 1356 sind diese bereits geschoben. In den für die Geschichte des Waffenwesens un- gemein wichtigen Abbildungen des Codex Balduini Trevirensis aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, in denen die Romfahrt Kaiser Hein- richs VII. dargestellt ist,*) erblicken wir die Ritter in kurzen Hauberts mit darüber gezogenen langen Waffen- hemden. Diese letzteren besitzen kurze, aber weite Ärmel und tragen den Blason des Eigners oder nur die Farben desselben. Nur die Vor- nehmsten tragen Fusszeug aus Platten. Der Helm aber nähert sich dadurch, dass er im Nacken eingezogen er- scheint, bereits der späteren Form der geschlossenen Helme. Auch der Eisenhut mit breiter Krempe, über die Brünne gesetzt, kommt ver- einzelt vor.**) (Fig. 149.) Der Topfhelm war im Feldkriege wenigstens *) K. Provinzialarchiv zu Coblenz. **) Irmer, Georg, Die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. Ein Bildercyclus des
Codex Balduini Trevirensis. Berlin 1881. I. Die Schutzwaffen. gürtel wird meist lose getragen, so daſs er nicht mehr in den Weichensitzt, sondern an den Lenden haftet. (Fig. 147.) Von etwa 1274 bis gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts tragen die Ritter in Frankreich und England die Achselschilde (ailettes). Im östlichen Deutschland kommen sie selten, in Italien gar nicht vor Augen. (Fig. 148.) In den letzten Dezennien des 13. Jahrhunderts wird eine wichtige Ver- [Abbildung]
Fig. 148. besserung des Harnisches bemerk-Donator im blasonierten bar, man könnte diese Periode die des Anfanges der Plattenharnische nennen, die freilich erst nach einem Jahrhundert in sich fertig dastehen. Aber schon zu jener Zeit beginnt man Ellenbogen und Kniescheiben mit hohl getriebenen, runden Eisen- scheiben, Oberarme und Unter- schenkel mit eisernen Schienen zu bedecken, die über Haubert und Eisenhose mittelst Riemen geschnallt werden. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts werden auch die oberen Flächen der Vorfüſse mit Eisenschienen gedeckt, um 1356 sind diese bereits geschoben. In den für die Geschichte des Waffenwesens un- gemein wichtigen Abbildungen des Codex Balduini Trevirensis aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, in denen die Romfahrt Kaiser Hein- richs VII. dargestellt ist,*) erblicken wir die Ritter in kurzen Hauberts mit darüber gezogenen langen Waffen- hemden. Diese letzteren besitzen kurze, aber weite Ärmel und tragen den Blason des Eigners oder nur die Farben desselben. Nur die Vor- nehmsten tragen Fuſszeug aus Platten. Der Helm aber nähert sich dadurch, daſs er im Nacken eingezogen er- scheint, bereits der späteren Form der geschlossenen Helme. Auch der Eisenhut mit breiter Krempe, über die Brünne gesetzt, kommt ver- einzelt vor.**) (Fig. 149.) Der Topfhelm war im Feldkriege wenigstens *) K. Provinzialarchiv zu Coblenz. **) Irmer, Georg, Die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. Ein Bildercyclus des
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I. Die Schutzwaffen.
gürtel wird meist lose getragen, so daſs er nicht mehr in den Weichen
sitzt, sondern an den Lenden haftet. (Fig. 147.) Von etwa 1274 bis
gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts tragen die Ritter in Frankreich
und England die Achselschilde (ailettes). Im östlichen Deutschland
kommen sie selten, in Italien gar nicht vor Augen. (Fig. 148.) In
den letzten Dezennien des 13. Jahrhunderts wird eine wichtige Ver-
[Abbildung Fig. 148. Donator im blasonierten
Gambeson, mit Achselschilden. Manu-
script der Bibliothek zu Cambray. Flan-
drisch. 14. Jahrhundert. Nach Louandre,
Les arts somptuaires, I.]
besserung des Harnisches bemerk-
bar, man könnte diese Periode die
des Anfanges der Plattenharnische
nennen, die freilich erst nach einem
Jahrhundert in sich fertig dastehen.
Aber schon zu jener Zeit beginnt
man Ellenbogen und Kniescheiben
mit hohl getriebenen, runden Eisen-
scheiben, Oberarme und Unter-
schenkel mit eisernen Schienen zu
bedecken, die über Haubert und
Eisenhose mittelst Riemen geschnallt
werden. In der ersten Hälfte des
14. Jahrhunderts werden auch die
oberen Flächen der Vorfüſse mit
Eisenschienen gedeckt, um 1356 sind
diese bereits geschoben. In den für
die Geschichte des Waffenwesens un-
gemein wichtigen Abbildungen des
Codex Balduini Trevirensis aus der
1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, in
denen die Romfahrt Kaiser Hein-
richs VII. dargestellt ist, *) erblicken
wir die Ritter in kurzen Hauberts
mit darüber gezogenen langen Waffen-
hemden. Diese letzteren besitzen
kurze, aber weite Ärmel und tragen
den Blason des Eigners oder nur
die Farben desselben. Nur die Vor-
nehmsten tragen Fuſszeug aus Platten.
Der Helm aber nähert sich dadurch,
daſs er im Nacken eingezogen er-
scheint, bereits der späteren Form
der geschlossenen Helme. Auch der
Eisenhut mit breiter Krempe, über die Brünne gesetzt, kommt ver-
einzelt vor. **) (Fig. 149.) Der Topfhelm war im Feldkriege wenigstens
*) K. Provinzialarchiv zu Coblenz.
**) Irmer, Georg, Die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. Ein Bildercyclus des
Codex Balduini Trevirensis. Berlin 1881.
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