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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.

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Hr. Pr. Gottscheds Schreiben
kennen, so sehr seyn sie von mir übel gefasset und
verderbt worden.

VIII. Wenn ihr in eurem Urtheil von meiner
Uebersetzung von Horatzens Dichtkunst mir zuerst
einen rühmlichen Fleiß, den ich in dreymaliger
Ausbesserung derselben glücklich angewandt habe,
zugestehet: Bald hernach aber mich einer strafba-
ren Nachlässigkeit und die Uebersetzung selbst hier
und dar matter und undeutlicher Ausdrücke, die
Horatzens Sinn nicht erreichen, beschuldiget, was
heißt dieses wohl anders, als mir einen groben Un-
verstand, und bey einem unbedachten Vorsatz und
löblichen Fleisse ein unüberwindliches Unvermögen
Schuld geben? Und verräth dieses nicht eine klei-
ne Tadelsucht, wenn ihr meiner Uebersetzung ei-
nen einzigen Fehler vorrücken könnet, der darzu
nicht viel auf sich hat; inzwischen aber dieselbe gantz
dreiste verdächtig machet, als ob sie hier und dar
von dergleichen wimmle?

IX. Mit was vor Befugniß will man mir einen
Theil der Schuld von dem bey Anlasse meiner
unschuldigen Dichtkunst entstandenen und noch im-
mer fortdaurenden so feindseligen Kriege aufbür-
den, da ich bisdahin mich nur gantz leidend verhal-
ten, und die harten Streiche, die die Schweitzer
auf mich geführet, mit einer sanftmüthigen und ge-
duldigen Großmuth erduldet, und so viel möglich
gewesen, verachtet habe, ausser daß ich nur eini-
ge wenige mahl, aber gantz verstohlner und ver-
kappter Weise auf dem Kampfplatz erschienen bin.
Was darnach das ungemessene Lob, welches dem
mir so verhaßten Breitingerschen Nahmen beygele-

get

Hr. Pr. Gottſcheds Schreiben
kennen, ſo ſehr ſeyn ſie von mir uͤbel gefaſſet und
verderbt worden.

VIII. Wenn ihr in eurem Urtheil von meiner
Ueberſetzung von Horatzens Dichtkunſt mir zuerſt
einen ruͤhmlichen Fleiß, den ich in dreymaliger
Ausbeſſerung derſelben gluͤcklich angewandt habe,
zugeſtehet: Bald hernach aber mich einer ſtrafba-
ren Nachlaͤſſigkeit und die Ueberſetzung ſelbſt hier
und dar matter und undeutlicher Ausdruͤcke, die
Horatzens Sinn nicht erreichen, beſchuldiget, was
heißt dieſes wohl anders, als mir einen groben Un-
verſtand, und bey einem unbedachten Vorſatz und
loͤblichen Fleiſſe ein unuͤberwindliches Unvermoͤgen
Schuld geben? Und verraͤth dieſes nicht eine klei-
ne Tadelſucht, wenn ihr meiner Ueberſetzung ei-
nen einzigen Fehler vorruͤcken koͤnnet, der darzu
nicht viel auf ſich hat; inzwiſchen aber dieſelbe gantz
dreiſte verdaͤchtig machet, als ob ſie hier und dar
von dergleichen wimmle?

IX. Mit was vor Befugniß will man mir einen
Theil der Schuld von dem bey Anlaſſe meiner
unſchuldigen Dichtkunſt entſtandenen und noch im-
mer fortdaurenden ſo feindſeligen Kriege aufbuͤr-
den, da ich bisdahin mich nur gantz leidend verhal-
ten, und die harten Streiche, die die Schweitzer
auf mich gefuͤhret, mit einer ſanftmuͤthigen und ge-
duldigen Großmuth erduldet, und ſo viel moͤglich
geweſen, verachtet habe, auſſer daß ich nur eini-
ge wenige mahl, aber gantz verſtohlner und ver-
kappter Weiſe auf dem Kampfplatz erſchienen bin.
Was darnach das ungemeſſene Lob, welches dem
mir ſo verhaßten Breitingerſchen Nahmen beygele-

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[16/0018] Hr. Pr. Gottſcheds Schreiben kennen, ſo ſehr ſeyn ſie von mir uͤbel gefaſſet und verderbt worden. VIII. Wenn ihr in eurem Urtheil von meiner Ueberſetzung von Horatzens Dichtkunſt mir zuerſt einen ruͤhmlichen Fleiß, den ich in dreymaliger Ausbeſſerung derſelben gluͤcklich angewandt habe, zugeſtehet: Bald hernach aber mich einer ſtrafba- ren Nachlaͤſſigkeit und die Ueberſetzung ſelbſt hier und dar matter und undeutlicher Ausdruͤcke, die Horatzens Sinn nicht erreichen, beſchuldiget, was heißt dieſes wohl anders, als mir einen groben Un- verſtand, und bey einem unbedachten Vorſatz und loͤblichen Fleiſſe ein unuͤberwindliches Unvermoͤgen Schuld geben? Und verraͤth dieſes nicht eine klei- ne Tadelſucht, wenn ihr meiner Ueberſetzung ei- nen einzigen Fehler vorruͤcken koͤnnet, der darzu nicht viel auf ſich hat; inzwiſchen aber dieſelbe gantz dreiſte verdaͤchtig machet, als ob ſie hier und dar von dergleichen wimmle? IX. Mit was vor Befugniß will man mir einen Theil der Schuld von dem bey Anlaſſe meiner unſchuldigen Dichtkunſt entſtandenen und noch im- mer fortdaurenden ſo feindſeligen Kriege aufbuͤr- den, da ich bisdahin mich nur gantz leidend verhal- ten, und die harten Streiche, die die Schweitzer auf mich gefuͤhret, mit einer ſanftmuͤthigen und ge- duldigen Großmuth erduldet, und ſo viel moͤglich geweſen, verachtet habe, auſſer daß ich nur eini- ge wenige mahl, aber gantz verſtohlner und ver- kappter Weiſe auf dem Kampfplatz erſchienen bin. Was darnach das ungemeſſene Lob, welches dem mir ſo verhaßten Breitingerſchen Nahmen beygele- get

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/18>, abgerufen am 02.05.2024.