Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Versuch eines Gedichtes
Zum Preiß in Jsrael, ward jemahls in der Welt
Jn solcher Jugend wohl gesehn ein solcher Held?
Die Nymphen um sie her all ihre Wort bejahen.
Jndeme sehen sie den König auch hernahen210.
Jm Königlichen Schmuck, voll Majestät und Pracht;
Der tapfern Helden Schaar, der Hofstadt Zierde macht,
Des Königs seine Söhn, den Abner, die Hauptleuthe
Aufs köstlichste geziert sieht man an seiner Seite;
Zwey tausend seiner Knecht in ordentlicher Reih,
All überein gekleidt, befinden sich dabey.
Er selber ward geführt auf einem Siegeswagen,
Der da der Sonnen gleich, wann es beginnt zu tagen,
Vier Pferde weiß als Schnee in einer Reih gestellt
Mit goldenem Geschirr, die zogen diesen Held.220.
Voll Diamanten war sein Königsrock gesticket,
Durch deren Gegenstrahl die Sonne doppelt, blicket,
Sein Königliches Haupt bedeckt ein weisser Band,
Auf deme eine Kron von Diamanten stand.
Nach ihnen liessen sich die andern Stämme sehen,
Die mit ihm ausgereist, wornach die Wagen gehen
Und alles Zugehör, so war der Zug bereit;
Den Gibea empfängt mit Jauchzen und mit Freud.
Ey dachte Saul, möcht dich der Samuel so schauen,
Er würd, daß ich von Gott verlassen, nimmer trauen,230.
Wie er mir weiß gemacht, aus Haß, aus Eifersucht.
Wo sind wohl meine Feind, sind sie nicht in der Flucht?
Kan man aus meinem Sieg wohl Gottes Haß verspüren?
Gefiel ihm nicht, daß ich sollt Jsrael regieren,
Wo wäre mein Triumph, wo wäre meine Ehr,
Die mich jetzunder krönt, für meinem gantzen Heer?
Wer sollt nach diesem Sieg die Krone mir bewegen?
Wer Lust dazu gehabt muß nun sich niederlegen.
Was stützet mehr den Thron als eine Siegeshand?
Das Glücke wenn es gut, macht fest den Königsstand.240.
So ware Saul getrost, er hofft es würde glücken,
Jndem sie insgesammt die Nymphenschaar erblicken,
Dem König war dieß lieb, die Helden wurden froh,
Daß ihre Wiederkehr beehret ward also.
Der
Verſuch eines Gedichtes
Zum Preiß in Jſrael, ward jemahls in der Welt
Jn ſolcher Jugend wohl geſehn ein ſolcher Held?
Die Nymphen um ſie her all ihre Wort bejahen.
Jndeme ſehen ſie den Koͤnig auch hernahen210.
Jm Koͤniglichen Schmuck, voll Majeſtaͤt und Pracht;
Der tapfern Helden Schaar, der Hofſtadt Zierde macht,
Des Koͤnigs ſeine Soͤhn, den Abner, die Hauptleuthe
Aufs koͤſtlichſte geziert ſieht man an ſeiner Seite;
Zwey tauſend ſeiner Knecht in ordentlicher Reih,
All uͤberein gekleidt, befinden ſich dabey.
Er ſelber ward gefuͤhrt auf einem Siegeswagen,
Der da der Sonnen gleich, wann es beginnt zu tagen,
Vier Pferde weiß als Schnee in einer Reih geſtellt
Mit goldenem Geſchirr, die zogen dieſen Held.220.
Voll Diamanten war ſein Koͤnigsrock geſticket,
Durch deren Gegenſtrahl die Sonne doppelt, blicket,
Sein Koͤnigliches Haupt bedeckt ein weiſſer Band,
Auf deme eine Kron von Diamanten ſtand.
Nach ihnen lieſſen ſich die andern Staͤmme ſehen,
Die mit ihm ausgereiſt, wornach die Wagen gehen
Und alles Zugehoͤr, ſo war der Zug bereit;
Den Gibea empfaͤngt mit Jauchzen und mit Freud.
Ey dachte Saul, moͤcht dich der Samuel ſo ſchauen,
Er wuͤrd, daß ich von Gott verlaſſen, nimmer trauen,230.
Wie er mir weiß gemacht, aus Haß, aus Eiferſucht.
Wo ſind wohl meine Feind, ſind ſie nicht in der Flucht?
Kan man aus meinem Sieg wohl Gottes Haß verſpuͤren?
Gefiel ihm nicht, daß ich ſollt Jſrael regieren,
Wo waͤre mein Triumph, wo waͤre meine Ehr,
Die mich jetzunder kroͤnt, fuͤr meinem gantzen Heer?
Wer ſollt nach dieſem Sieg die Krone mir bewegen?
Wer Luſt dazu gehabt muß nun ſich niederlegen.
Was ſtuͤtzet mehr den Thron als eine Siegeshand?
Das Gluͤcke wenn es gut, macht feſt den Koͤnigsſtand.240.
So ware Saul getroſt, er hofft es wuͤrde gluͤcken,
Jndem ſie insgeſammt die Nymphenſchaar erblicken,
Dem Koͤnig war dieß lieb, die Helden wurden froh,
Daß ihre Wiederkehr beehret ward alſo.
Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0072" n="72"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ver&#x017F;uch eines Gedichtes</hi> </fw><lb/>
            <l>Zum Preiß in J&#x017F;rael, ward jemahls in der Welt</l><lb/>
            <l>Jn &#x017F;olcher Jugend wohl ge&#x017F;ehn ein &#x017F;olcher Held?</l><lb/>
            <l>Die Nymphen um &#x017F;ie her all ihre Wort bejahen.</l><lb/>
            <l>Jndeme &#x017F;ehen &#x017F;ie den Ko&#x0364;nig auch hernahen<note place="right">210.</note></l><lb/>
            <l>Jm Ko&#x0364;niglichen Schmuck, voll Maje&#x017F;ta&#x0364;t und Pracht;</l><lb/>
            <l>Der tapfern Helden Schaar, der Hof&#x017F;tadt Zierde macht,</l><lb/>
            <l>Des Ko&#x0364;nigs &#x017F;eine So&#x0364;hn, den Abner, die Hauptleuthe</l><lb/>
            <l>Aufs ko&#x0364;&#x017F;tlich&#x017F;te geziert &#x017F;ieht man an &#x017F;einer Seite;</l><lb/>
            <l>Zwey tau&#x017F;end &#x017F;einer Knecht in ordentlicher Reih,</l><lb/>
            <l>All u&#x0364;berein gekleidt, befinden &#x017F;ich dabey.</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;elber ward gefu&#x0364;hrt auf einem Siegeswagen,</l><lb/>
            <l>Der da der Sonnen gleich, wann es beginnt zu tagen,</l><lb/>
            <l>Vier Pferde weiß als Schnee in einer Reih ge&#x017F;tellt</l><lb/>
            <l>Mit goldenem Ge&#x017F;chirr, die zogen die&#x017F;en Held.<note place="right">220.</note></l><lb/>
            <l>Voll Diamanten war &#x017F;ein Ko&#x0364;nigsrock ge&#x017F;ticket,</l><lb/>
            <l>Durch deren Gegen&#x017F;trahl die Sonne doppelt, blicket,</l><lb/>
            <l>Sein Ko&#x0364;nigliches Haupt bedeckt ein wei&#x017F;&#x017F;er Band,</l><lb/>
            <l>Auf deme eine Kron von Diamanten &#x017F;tand.</l><lb/>
            <l>Nach ihnen lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die andern Sta&#x0364;mme &#x017F;ehen,</l><lb/>
            <l>Die mit ihm ausgerei&#x017F;t, wornach die Wagen gehen</l><lb/>
            <l>Und alles Zugeho&#x0364;r, &#x017F;o war der Zug bereit;</l><lb/>
            <l>Den Gibea empfa&#x0364;ngt mit Jauchzen und mit Freud.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Ey dachte Saul, mo&#x0364;cht dich der Samuel &#x017F;o &#x017F;chauen,</l><lb/>
            <l>Er wu&#x0364;rd, daß ich von Gott verla&#x017F;&#x017F;en, nimmer trauen,<note place="right">230.</note></l><lb/>
            <l>Wie er mir weiß gemacht, aus Haß, aus Eifer&#x017F;ucht.</l><lb/>
            <l>Wo &#x017F;ind wohl meine Feind, &#x017F;ind &#x017F;ie nicht in der Flucht?</l><lb/>
            <l>Kan man aus meinem Sieg wohl Gottes Haß ver&#x017F;pu&#x0364;ren?</l><lb/>
            <l>Gefiel ihm nicht, daß ich &#x017F;ollt J&#x017F;rael regieren,</l><lb/>
            <l>Wo wa&#x0364;re mein Triumph, wo wa&#x0364;re meine Ehr,</l><lb/>
            <l>Die mich jetzunder kro&#x0364;nt, fu&#x0364;r meinem gantzen Heer?</l><lb/>
            <l>Wer &#x017F;ollt nach die&#x017F;em Sieg die Krone mir bewegen?</l><lb/>
            <l>Wer Lu&#x017F;t dazu gehabt muß nun &#x017F;ich niederlegen.</l><lb/>
            <l>Was &#x017F;tu&#x0364;tzet mehr den Thron als eine Siegeshand?</l><lb/>
            <l>Das Glu&#x0364;cke wenn es gut, macht fe&#x017F;t den Ko&#x0364;nigs&#x017F;tand.<note place="right">240.</note></l><lb/>
            <l>So ware Saul getro&#x017F;t, er hofft es wu&#x0364;rde glu&#x0364;cken,</l><lb/>
            <l>Jndem &#x017F;ie insge&#x017F;ammt die Nymphen&#x017F;chaar erblicken,</l><lb/>
            <l>Dem Ko&#x0364;nig war dieß lieb, die Helden wurden froh,</l><lb/>
            <l>Daß ihre Wiederkehr beehret ward al&#x017F;o.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0072] Verſuch eines Gedichtes Zum Preiß in Jſrael, ward jemahls in der Welt Jn ſolcher Jugend wohl geſehn ein ſolcher Held? Die Nymphen um ſie her all ihre Wort bejahen. Jndeme ſehen ſie den Koͤnig auch hernahen Jm Koͤniglichen Schmuck, voll Majeſtaͤt und Pracht; Der tapfern Helden Schaar, der Hofſtadt Zierde macht, Des Koͤnigs ſeine Soͤhn, den Abner, die Hauptleuthe Aufs koͤſtlichſte geziert ſieht man an ſeiner Seite; Zwey tauſend ſeiner Knecht in ordentlicher Reih, All uͤberein gekleidt, befinden ſich dabey. Er ſelber ward gefuͤhrt auf einem Siegeswagen, Der da der Sonnen gleich, wann es beginnt zu tagen, Vier Pferde weiß als Schnee in einer Reih geſtellt Mit goldenem Geſchirr, die zogen dieſen Held. Voll Diamanten war ſein Koͤnigsrock geſticket, Durch deren Gegenſtrahl die Sonne doppelt, blicket, Sein Koͤnigliches Haupt bedeckt ein weiſſer Band, Auf deme eine Kron von Diamanten ſtand. Nach ihnen lieſſen ſich die andern Staͤmme ſehen, Die mit ihm ausgereiſt, wornach die Wagen gehen Und alles Zugehoͤr, ſo war der Zug bereit; Den Gibea empfaͤngt mit Jauchzen und mit Freud. Ey dachte Saul, moͤcht dich der Samuel ſo ſchauen, Er wuͤrd, daß ich von Gott verlaſſen, nimmer trauen, Wie er mir weiß gemacht, aus Haß, aus Eiferſucht. Wo ſind wohl meine Feind, ſind ſie nicht in der Flucht? Kan man aus meinem Sieg wohl Gottes Haß verſpuͤren? Gefiel ihm nicht, daß ich ſollt Jſrael regieren, Wo waͤre mein Triumph, wo waͤre meine Ehr, Die mich jetzunder kroͤnt, fuͤr meinem gantzen Heer? Wer ſollt nach dieſem Sieg die Krone mir bewegen? Wer Luſt dazu gehabt muß nun ſich niederlegen. Was ſtuͤtzet mehr den Thron als eine Siegeshand? Das Gluͤcke wenn es gut, macht feſt den Koͤnigsſtand. So ware Saul getroſt, er hofft es wuͤrde gluͤcken, Jndem ſie insgeſammt die Nymphenſchaar erblicken, Dem Koͤnig war dieß lieb, die Helden wurden froh, Daß ihre Wiederkehr beehret ward alſo. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/72
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/72>, abgerufen am 02.05.2024.