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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

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Versuch eines Gedichtes
Das gantze Land erfüllt, gantz Jsrael hört an
Verwundert und erfreut, was Gott bey sie gethan.
Ein jeder Stamm verlangt zu stillen sein Verlangen,
Den König und das Heer mit Jauchtzen zu empfangen,
Theils gehn nach Gibea den Einzug anzusehn,
Theils gehn dem Lager zu um selber zu verstehn
Was man von David spricht, von dessen Wunderstreiten,
Von dessen fremden Kampf. Sein Lob weit auszubreiten10.
Jst jeder Stamm bemüht, doch Juda für sie all,
Weil er ihr Bruder war, und er sie von der Qual
Der Dienstbarkeit befreyt, sie traffe es für allen,
Drum muste ihre Freud nun in die Luft erschallen.
Die Bürger zu Damin, Asecka und Socho
Die waren daß sie so befreyet mehr als froh.
Sie hatten wieder Fried, kein Schrecken mehr sie schreckte,
Die Sicherheit war da, die Davids Steg erweckte,
Das Feld ward wieder wach, der Landmann führt den Pflug,
Man hatte am Geschrey der Krieger übrig gnug.20.
Saul gabe nun Befehl das Lager aufzuheben,
Wozu im gantzen Heer sie mehr als willig leben,
Es tönt die Feldtrompet zum Abzug; Man bricht auf.
Es reiset also hin der Helden froher Hauf,
Ein jeder war bebürdt mit der Philister Schätzen,
Zum Zeichen seiner Ehr, die Last ist ihr Ergetzen,
Sie gehen muntrer jezt, als fürhin da sie leer.
Das ungewisse Glück beschwerte sie vor mehr
Als nun der schwere Raub. Der David hat zu schaffen,
Daß Goliath sein Haupt, des Schwerdt und grosse Waffen30.
Auch kommen mit von da, dieß ware seine Beut,
Die Ursach alles Raubs der andern Kriegesleut.
Viel anders zog er weg, als er war hergekommen;
Gleich als ein schlechter Hirt war er hie aufgenommen,
Nun aber ehrt man ihn als einen Kriegesheld,
Der da nach Hof gehört, und nicht mehr in das Feld.
Jn diesem neuen Stand hofft er wohl zu behagen,
Der die da ihm zu lieb wollt Hirtenkleider tragen,
Wie ehmahls er vernahm in jener süssen Nacht,
Die ihm, was er niemahls gehoffet, wissend macht.40.
Es
Verſuch eines Gedichtes
Das gantze Land erfuͤllt, gantz Jſrael hoͤrt an
Verwundert und erfreut, was Gott bey ſie gethan.
Ein jeder Stamm verlangt zu ſtillen ſein Verlangen,
Den Koͤnig und das Heer mit Jauchtzen zu empfangen,
Theils gehn nach Gibea den Einzug anzuſehn,
Theils gehn dem Lager zu um ſelber zu verſtehn
Was man von David ſpricht, von deſſen Wunderſtreiten,
Von deſſen fremden Kampf. Sein Lob weit auszubreiten10.
Jſt jeder Stamm bemuͤht, doch Juda fuͤr ſie all,
Weil er ihr Bruder war, und er ſie von der Qual
Der Dienſtbarkeit befreyt, ſie traffe es fuͤr allen,
Drum muſte ihre Freud nun in die Luft erſchallen.
Die Buͤrger zu Damin, Aſecka und Socho
Die waren daß ſie ſo befreyet mehr als froh.
Sie hatten wieder Fried, kein Schrecken mehr ſie ſchreckte,
Die Sicherheit war da, die Davids Steg erweckte,
Das Feld ward wieder wach, der Landmann fuͤhrt den Pflug,
Man hatte am Geſchrey der Krieger uͤbrig gnug.20.
Saul gabe nun Befehl das Lager aufzuheben,
Wozu im gantzen Heer ſie mehr als willig leben,
Es toͤnt die Feldtrompet zum Abzug; Man bricht auf.
Es reiſet alſo hin der Helden froher Hauf,
Ein jeder war bebuͤrdt mit der Philiſter Schaͤtzen,
Zum Zeichen ſeiner Ehr, die Laſt iſt ihr Ergetzen,
Sie gehen muntrer jezt, als fuͤrhin da ſie leer.
Das ungewiſſe Gluͤck beſchwerte ſie vor mehr
Als nun der ſchwere Raub. Der David hat zu ſchaffen,
Daß Goliath ſein Haupt, des Schwerdt und groſſe Waffen30.
Auch kommen mit von da, dieß ware ſeine Beut,
Die Urſach alles Raubs der andern Kriegesleut.
Viel anders zog er weg, als er war hergekommen;
Gleich als ein ſchlechter Hirt war er hie aufgenommen,
Nun aber ehrt man ihn als einen Kriegesheld,
Der da nach Hof gehoͤrt, und nicht mehr in das Feld.
Jn dieſem neuen Stand hofft er wohl zu behagen,
Der die da ihm zu lieb wollt Hirtenkleider tragen,
Wie ehmahls er vernahm in jener ſuͤſſen Nacht,
Die ihm, was er niemahls gehoffet, wiſſend macht.40.
Es
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[66/0066] Verſuch eines Gedichtes Das gantze Land erfuͤllt, gantz Jſrael hoͤrt an Verwundert und erfreut, was Gott bey ſie gethan. Ein jeder Stamm verlangt zu ſtillen ſein Verlangen, Den Koͤnig und das Heer mit Jauchtzen zu empfangen, Theils gehn nach Gibea den Einzug anzuſehn, Theils gehn dem Lager zu um ſelber zu verſtehn Was man von David ſpricht, von deſſen Wunderſtreiten, Von deſſen fremden Kampf. Sein Lob weit auszubreiten Jſt jeder Stamm bemuͤht, doch Juda fuͤr ſie all, Weil er ihr Bruder war, und er ſie von der Qual Der Dienſtbarkeit befreyt, ſie traffe es fuͤr allen, Drum muſte ihre Freud nun in die Luft erſchallen. Die Buͤrger zu Damin, Aſecka und Socho Die waren daß ſie ſo befreyet mehr als froh. Sie hatten wieder Fried, kein Schrecken mehr ſie ſchreckte, Die Sicherheit war da, die Davids Steg erweckte, Das Feld ward wieder wach, der Landmann fuͤhrt den Pflug, Man hatte am Geſchrey der Krieger uͤbrig gnug. Saul gabe nun Befehl das Lager aufzuheben, Wozu im gantzen Heer ſie mehr als willig leben, Es toͤnt die Feldtrompet zum Abzug; Man bricht auf. Es reiſet alſo hin der Helden froher Hauf, Ein jeder war bebuͤrdt mit der Philiſter Schaͤtzen, Zum Zeichen ſeiner Ehr, die Laſt iſt ihr Ergetzen, Sie gehen muntrer jezt, als fuͤrhin da ſie leer. Das ungewiſſe Gluͤck beſchwerte ſie vor mehr Als nun der ſchwere Raub. Der David hat zu ſchaffen, Daß Goliath ſein Haupt, des Schwerdt und groſſe Waffen Auch kommen mit von da, dieß ware ſeine Beut, Die Urſach alles Raubs der andern Kriegesleut. Viel anders zog er weg, als er war hergekommen; Gleich als ein ſchlechter Hirt war er hie aufgenommen, Nun aber ehrt man ihn als einen Kriegesheld, Der da nach Hof gehoͤrt, und nicht mehr in das Feld. Jn dieſem neuen Stand hofft er wohl zu behagen, Der die da ihm zu lieb wollt Hirtenkleider tragen, Wie ehmahls er vernahm in jener ſuͤſſen Nacht, Die ihm, was er niemahls gehoffet, wiſſend macht. Es

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/66>, abgerufen am 22.11.2024.