[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.von David. eingetragen ist. Vermuthlich ist er von ebendem Erfindungs-reichen Verfasser, welcher die übrigen Stücke dieses grossen Romans verfertiget, und die grösseste Kunst darinnen bewiesen hat, daß er die kurtzen Sinnen und Gedächtniß der Leser durch zehnfach verwi- kelte und in einander gesteckte Geschichtes-Er- zehlungen in eine ungeduldige Verzweifelung setzet. Die Episodia stecken daselbst, nach der Vorstellung des Verfassers der Romanti- schen Mythoscopie, so enge in einander, wie die Tunicae oder Häutgen einer Zwiebel, oder die ptolomeischen Sphären, oder die Räder in einem Uhrwercke. Wir werden die Spuren von diesem Geiste der Verwickelung auch schon in diesem kleinen Anfang des Gedichtes von David wahrnehmen. Dieses und anders, wo- von ich oben geredet habe, wird uns Anlaß zu etlichen Anmerckungen geben, mit welchen ich gedencke, des Lesers eigene Betrachtungen über die epische Art von Schriften hervorzu- locken, und das ist eine von den Haupt-Ursa- chen, daß ich dieses unreife und erst halb-ge- bohrne Stücke von einem deutschen epischen Gedichte in dieser Sammlung wieder aufgele- get habe. Die [Crit. Samml. X. St.] B
von David. eingetragen iſt. Vermuthlich iſt er von ebendem Erfindungs-reichen Verfaſſer, welcher die uͤbrigen Stuͤcke dieſes groſſen Romans verfertiget, und die groͤſſeſte Kunſt darinnen bewieſen hat, daß er die kurtzen Sinnen und Gedaͤchtniß der Leſer durch zehnfach verwi- kelte und in einander geſteckte Geſchichtes-Er- zehlungen in eine ungeduldige Verzweifelung ſetzet. Die Epiſodia ſtecken daſelbſt, nach der Vorſtellung des Verfaſſers der Romanti- ſchen Mythoſcopie, ſo enge in einander, wie die Tunicæ oder Haͤutgen einer Zwiebel, oder die ptolomeiſchen Sphaͤren, oder die Raͤder in einem Uhrwercke. Wir werden die Spuren von dieſem Geiſte der Verwickelung auch ſchon in dieſem kleinen Anfang des Gedichtes von David wahrnehmen. Dieſes und anders, wo- von ich oben geredet habe, wird uns Anlaß zu etlichen Anmerckungen geben, mit welchen ich gedencke, des Leſers eigene Betrachtungen uͤber die epiſche Art von Schriften hervorzu- locken, und das iſt eine von den Haupt-Urſa- chen, daß ich dieſes unreife und erſt halb-ge- bohrne Stuͤcke von einem deutſchen epiſchen Gedichte in dieſer Sammlung wieder aufgele- get habe. Die [Crit. Sam̃l. X. St.] B
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von David.
eingetragen iſt. Vermuthlich iſt er von eben
dem Erfindungs-reichen Verfaſſer, welcher
die uͤbrigen Stuͤcke dieſes groſſen Romans
verfertiget, und die groͤſſeſte Kunſt darinnen
bewieſen hat, daß er die kurtzen Sinnen und
Gedaͤchtniß der Leſer durch zehnfach verwi-
kelte und in einander geſteckte Geſchichtes-Er-
zehlungen in eine ungeduldige Verzweifelung
ſetzet. Die Epiſodia ſtecken daſelbſt, nach
der Vorſtellung des Verfaſſers der Romanti-
ſchen Mythoſcopie, ſo enge in einander, wie
die Tunicæ oder Haͤutgen einer Zwiebel, oder
die ptolomeiſchen Sphaͤren, oder die Raͤder in
einem Uhrwercke. Wir werden die Spuren
von dieſem Geiſte der Verwickelung auch ſchon
in dieſem kleinen Anfang des Gedichtes von
David wahrnehmen. Dieſes und anders, wo-
von ich oben geredet habe, wird uns Anlaß
zu etlichen Anmerckungen geben, mit welchen
ich gedencke, des Leſers eigene Betrachtungen
uͤber die epiſche Art von Schriften hervorzu-
locken, und das iſt eine von den Haupt-Urſa-
chen, daß ich dieſes unreife und erſt halb-ge-
bohrne Stuͤcke von einem deutſchen epiſchen
Gedichte in dieſer Sammlung wieder aufgele-
get habe.
Die
[Crit. Sam̃l. X. St.] B
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