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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.

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bey Ankunft Martin Opitzens.
Wann sie werden veralten,
Jhr Lieb verjünge doch,
Wann sie werden verkalten,
Jhr Lieb, als vor, brenn noch.

Doch laßt euch nicht gefehren,
Ob wohl biß in das Grab
Die Lieb sich kan vermehren,
So nimmt doch s'übrig ab,
Das übrig, das ihr beyde
Schätzt für das Principal,
Für Wasser, und für Weide,
Für Lufft, für alls zumahl.
Die Röslein muß man brechen
Dieweil der Frühling währt,
Wer rennen will und stechen,
Muß noch wohl seyn zu Pferdt.
Thut euch der Zeit gebrauchen,
Eh s'Alter kommt herbey,
Eh dann ihr dörfft der Lauchen,
Der Raut, und Saturey.
Secht an, und mercket eben
Die Vöglein ohne Ruh,
Wie sie ihr kurtzes Leben
Mit Lieben bringen zu,
Die holdselige Dauben
Mit ihren Schnebelein
Stets an einander klauben,
Streichlend die Flügelein.
Thut Mund mit Mund beschliessen
Wie Muscheln an der Bach,
Mit Armen und mit Füssen
Thuts grünem Ebheu nach,
Laßt Bettstatt wacker krachen,
Kein Music besser laut,
Und wers wolt anders machen,
Der bleib nur ohne Braut.
Ru-
A 5

bey Ankunft Martin Opitzens.
Wann ſie werden veralten,
Jhr Lieb verjuͤnge doch,
Wann ſie werden verkalten,
Jhr Lieb, als vor, brenn noch.

Doch laßt euch nicht gefehren,
Ob wohl biß in das Grab
Die Lieb ſich kan vermehren,
So nimmt doch s’uͤbrig ab,
Das uͤbrig, das ihr beyde
Schaͤtzt fuͤr das Principal,
Fuͤr Waſſer, und fuͤr Weide,
Fuͤr Lufft, fuͤr alls zumahl.
Die Roͤslein muß man brechen
Dieweil der Fruͤhling waͤhrt,
Wer rennen will und ſtechen,
Muß noch wohl ſeyn zu Pferdt.
Thut euch der Zeit gebrauchen,
Eh s’Alter kommt herbey,
Eh dann ihr doͤrfft der Lauchen,
Der Raut, und Saturey.
Secht an, und mercket eben
Die Voͤglein ohne Ruh,
Wie ſie ihr kurtzes Leben
Mit Lieben bringen zu,
Die holdſelige Dauben
Mit ihren Schnebelein
Stets an einander klauben,
Streichlend die Fluͤgelein.
Thut Mund mit Mund beſchlieſſen
Wie Muſcheln an der Bach,
Mit Armen und mit Fuͤſſen
Thuts gruͤnem Ebheu nach,
Laßt Bettſtatt wacker krachen,
Kein Muſic beſſer laut,
Und wers wolt anders machen,
Der bleib nur ohne Braut.
Ru-
A 5
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[9/0009] bey Ankunft Martin Opitzens. Wann ſie werden veralten, Jhr Lieb verjuͤnge doch, Wann ſie werden verkalten, Jhr Lieb, als vor, brenn noch. Doch laßt euch nicht gefehren, Ob wohl biß in das Grab Die Lieb ſich kan vermehren, So nimmt doch s’uͤbrig ab, Das uͤbrig, das ihr beyde Schaͤtzt fuͤr das Principal, Fuͤr Waſſer, und fuͤr Weide, Fuͤr Lufft, fuͤr alls zumahl. Die Roͤslein muß man brechen Dieweil der Fruͤhling waͤhrt, Wer rennen will und ſtechen, Muß noch wohl ſeyn zu Pferdt. Thut euch der Zeit gebrauchen, Eh s’Alter kommt herbey, Eh dann ihr doͤrfft der Lauchen, Der Raut, und Saturey. Secht an, und mercket eben Die Voͤglein ohne Ruh, Wie ſie ihr kurtzes Leben Mit Lieben bringen zu, Die holdſelige Dauben Mit ihren Schnebelein Stets an einander klauben, Streichlend die Fluͤgelein. Thut Mund mit Mund beſchlieſſen Wie Muſcheln an der Bach, Mit Armen und mit Fuͤſſen Thuts gruͤnem Ebheu nach, Laßt Bettſtatt wacker krachen, Kein Muſic beſſer laut, Und wers wolt anders machen, Der bleib nur ohne Braut. Ru- A 5

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/9>, abgerufen am 29.03.2024.