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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

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Von dem Mechanismo

Jm dritten Auftritt sagt Phokas:

Jch hab es auch geglaubt, und konre nichts davor.

Er hatte geglaubt, daß Portia wäre verlohren
worden, und es war nicht seine Schuld, daß er
eine Geschichte geglaubt hatte, die wircklich ge-
schehen war, er konnte sich selbst nicht befehlen,
daß er sie nicht glaubte, wenn er gleich gewollt hät-
te. Deschamps Phokas weiß von dergleichen
gründlichen und nothwendigen Entschuldigungen
nichts.

Jn der lezten Scene des ersten Aufz. sagt Des-
champs Pharnazes mit einer gottlosen Frechheit,
er thue nach dem Exempel der Götter, wenn er dem
Cäsar in seinen ungerechten Unternehmungen die-
ne: Diese tolle Rede hat Gottsched auf eine erbau-
liche Art gemildert:

Jch folg in Cäsars Dienst den Göttern, wie mich deucht.

Jm andern Auftritt des zweyten Aufz. fragt Cato
Cäsars Abgesandten um die Ursache seiner Abfer-
tigung, und dieser giebt ihm folgende Antwort:

Sprich, Cäsar wollte gern der Römer Wolfahrt wegen
Mit dir allein allhier was grosses überlegen.

Durch das einzige Sprich ist hier Deschamps
platter Gedancke so tiefsinnig geworden, daß wir
ihn aus dem Gesichte verliehren.

Jm vierten sagt Arsene zu Pharnazes:

Den Cato klagst du an? kan das wol gläublich seyn?
Beschließt er was von mir? Gut, ich geh alles ein.
Das Laster zittert nur, wann uns die Tugend schützet.
Auf
Von dem Mechaniſmo

Jm dritten Auftritt ſagt Phokas:

Jch hab es auch geglaubt, und konre nichts davor.

Er hatte geglaubt, daß Portia waͤre verlohren
worden, und es war nicht ſeine Schuld, daß er
eine Geſchichte geglaubt hatte, die wircklich ge-
ſchehen war, er konnte ſich ſelbſt nicht befehlen,
daß er ſie nicht glaubte, wenn er gleich gewollt haͤt-
te. Deschamps Phokas weiß von dergleichen
gruͤndlichen und nothwendigen Entſchuldigungen
nichts.

Jn der lezten Scene des erſten Aufz. ſagt Des-
champs Pharnazes mit einer gottloſen Frechheit,
er thue nach dem Exempel der Goͤtter, wenn er dem
Caͤſar in ſeinen ungerechten Unternehmungen die-
ne: Dieſe tolle Rede hat Gottſched auf eine erbau-
liche Art gemildert:

Jch folg in Caͤſars Dienſt den Goͤttern, wie mich deucht.

Jm andern Auftritt des zweyten Aufz. fragt Cato
Caͤſars Abgeſandten um die Urſache ſeiner Abfer-
tigung, und dieſer giebt ihm folgende Antwort:

Sprich, Caͤſar wollte gern der Roͤmer Wolfahrt wegen
Mit dir allein allhier was groſſes uͤberlegen.

Durch das einzige Sprich iſt hier Deschamps
platter Gedancke ſo tiefſinnig geworden, daß wir
ihn aus dem Geſichte verliehren.

Jm vierten ſagt Arſene zu Pharnazes:

Den Cato klagſt du an? kan das wol glaͤublich ſeyn?
Beſchließt er was von mir? Gut, ich geh alles ein.
Das Laſter zittert nur, wann uns die Tugend ſchuͤtzet.
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[90/0090] Von dem Mechaniſmo Jm dritten Auftritt ſagt Phokas: Jch hab es auch geglaubt, und konre nichts davor. Er hatte geglaubt, daß Portia waͤre verlohren worden, und es war nicht ſeine Schuld, daß er eine Geſchichte geglaubt hatte, die wircklich ge- ſchehen war, er konnte ſich ſelbſt nicht befehlen, daß er ſie nicht glaubte, wenn er gleich gewollt haͤt- te. Deschamps Phokas weiß von dergleichen gruͤndlichen und nothwendigen Entſchuldigungen nichts. Jn der lezten Scene des erſten Aufz. ſagt Des- champs Pharnazes mit einer gottloſen Frechheit, er thue nach dem Exempel der Goͤtter, wenn er dem Caͤſar in ſeinen ungerechten Unternehmungen die- ne: Dieſe tolle Rede hat Gottſched auf eine erbau- liche Art gemildert: Jch folg in Caͤſars Dienſt den Goͤttern, wie mich deucht. Jm andern Auftritt des zweyten Aufz. fragt Cato Caͤſars Abgeſandten um die Urſache ſeiner Abfer- tigung, und dieſer giebt ihm folgende Antwort: Sprich, Caͤſar wollte gern der Roͤmer Wolfahrt wegen Mit dir allein allhier was groſſes uͤberlegen. Durch das einzige Sprich iſt hier Deschamps platter Gedancke ſo tiefſinnig geworden, daß wir ihn aus dem Geſichte verliehren. Jm vierten ſagt Arſene zu Pharnazes: Den Cato klagſt du an? kan das wol glaͤublich ſeyn? Beſchließt er was von mir? Gut, ich geh alles ein. Das Laſter zittert nur, wann uns die Tugend ſchuͤtzet. Auf

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/90>, abgerufen am 05.05.2024.