Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Uebersetzung aus einer Handsch.
XV.
Die zween Töpfe.
EJn Wasser ward einmahl so groß,
Daß es aus seinem Bete floß,
Und weit und breit im Land umschweift;
Es schleppt dahin, was es ergreift;
Mit andern Dingen schleifts davon
Zween Hafen, einer war von Thon:
Der andre war aus Ertz gegossen.
Die beyde kamen so geflossen,
Und weil der erste leichter war, (a)
Gelang sein Weg ihm desto besser
Auf dem starckströhmenden Gewässer.
Er fuhr voran, der andre nach.
Der rief ihm zu: Jst dir so gach, (b)
Mein Freund, und wartest du nicht mein?
Wir wollen Spießgesellen seyn.
Wart mein, ich will mit dir hinfahren;
Gott wird uns beyde wohl bewahren.
Der Topf von Thone sprach: Jch bin für dich zu kranck (c)
Gewünnest du mir an nur einen Wanck,
Thät ich von ungefehr nur einen Stoß an dich,
Und stiessest du zurück an mich,
So wär ich erstes Streiches todt.
Jch hüte mich vor dieser Noth.
Du übertriffst an Stärcke mich,
Drum bin ich kein Gesell für dich.
Die Stösse wären mein und dein,
Der Schade wäre immer mein.
XVI. Der
(a) Und won der irdin liechter was
Des wegs gelung im dester bas
(b) Der erin sprach ist dir so gach.
(c) Der irdin sprach ich bin ze krank
Gewunnest du mir an ainen wanck.
Ueberſetzung aus einer Handſch.
XV.
Die zween Toͤpfe.
EJn Waſſer ward einmahl ſo groß,
Daß es aus ſeinem Bete floß,
Und weit und breit im Land umſchweift;
Es ſchleppt dahin, was es ergreift;
Mit andern Dingen ſchleifts davon
Zween Hafen, einer war von Thon:
Der andre war aus Ertz gegoſſen.
Die beyde kamen ſo gefloſſen,
Und weil der erſte leichter war, (a)
Gelang ſein Weg ihm deſto beſſer
Auf dem ſtarckſtroͤhmenden Gewaͤſſer.
Er fuhr voran, der andre nach.
Der rief ihm zu: Jſt dir ſo gach, (b)
Mein Freund, und warteſt du nicht mein?
Wir wollen Spießgeſellen ſeyn.
Wart mein, ich will mit dir hinfahren;
Gott wird uns beyde wohl bewahren.
Der Topf von Thone ſprach: Jch bin fuͤr dich zu kranck (c)
Gewuͤnneſt du mir an nur einen Wanck,
Thaͤt ich von ungefehr nur einen Stoß an dich,
Und ſtieſſeſt du zuruͤck an mich,
So waͤr ich erſtes Streiches todt.
Jch huͤte mich vor dieſer Noth.
Du uͤbertriffſt an Staͤrcke mich,
Drum bin ich kein Geſell fuͤr dich.
Die Stoͤſſe waͤren mein und dein,
Der Schade waͤre immer mein.
XVI. Der
(a) Und won der irdin liechter was
Des wegs gelung im deſter bas
(b) Der erin ſprach iſt dir ſo gach.
(c) Der irdin ſprach ich bin ze krank
Gewunneſt du mir an ainen wanck.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0072" n="72"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ueber&#x017F;etzung aus einer Hand&#x017F;ch.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">XV.</hi> </hi> </hi> </head><lb/>
            <head> <hi rendition="#b">Die zween To&#x0364;pfe.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>Jn Wa&#x017F;&#x017F;er ward einmahl &#x017F;o groß,</l><lb/>
              <l>Daß es aus &#x017F;einem Bete floß,</l><lb/>
              <l>Und weit und breit im Land um&#x017F;chweift;</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;chleppt dahin, was es ergreift;</l><lb/>
              <l>Mit andern Dingen &#x017F;chleifts davon</l><lb/>
              <l>Zween Hafen, einer war von Thon:</l><lb/>
              <l>Der andre war aus Ertz gego&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
              <l>Die beyde kamen &#x017F;o geflo&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Und weil der er&#x017F;te leichter war, <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Und won der irdin liechter was<lb/>
Des wegs gelung im de&#x017F;ter bas</hi></note></l><lb/>
              <l>Gelang &#x017F;ein Weg ihm de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er</l><lb/>
              <l>Auf dem &#x017F;tarck&#x017F;tro&#x0364;hmenden Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er.</l><lb/>
              <l>Er fuhr voran, der andre nach.</l><lb/>
              <l>Der rief ihm zu: J&#x017F;t dir &#x017F;o gach, <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Der erin &#x017F;prach i&#x017F;t dir &#x017F;o gach.</hi></note></l><lb/>
              <l>Mein Freund, und warte&#x017F;t du nicht mein?</l><lb/>
              <l>Wir wollen Spießge&#x017F;ellen &#x017F;eyn.</l><lb/>
              <l>Wart mein, ich will mit dir hinfahren;</l><lb/>
              <l>Gott wird uns beyde wohl bewahren.</l><lb/>
              <l>Der Topf von Thone &#x017F;prach: Jch bin fu&#x0364;r dich zu kranck <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Der irdin &#x017F;prach ich bin ze krank<lb/>
Gewunne&#x017F;t du mir an ainen wanck.</hi></note></l><lb/>
              <l>Gewu&#x0364;nne&#x017F;t du mir an nur einen Wanck,</l><lb/>
              <l>Tha&#x0364;t ich von ungefehr nur einen Stoß an dich,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t du zuru&#x0364;ck an mich,</l><lb/>
              <l>So wa&#x0364;r ich er&#x017F;tes Streiches todt.</l><lb/>
              <l>Jch hu&#x0364;te mich vor die&#x017F;er Noth.</l><lb/>
              <l>Du u&#x0364;bertriff&#x017F;t an Sta&#x0364;rcke mich,</l><lb/>
              <l>Drum bin ich kein Ge&#x017F;ell fu&#x0364;r dich.</l><lb/>
              <l>Die Sto&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wa&#x0364;ren mein und dein,</l><lb/>
              <l>Der Schade wa&#x0364;re immer mein.</l>
            </lg>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">XVI.</hi> Der</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0072] Ueberſetzung aus einer Handſch. XV. Die zween Toͤpfe. EJn Waſſer ward einmahl ſo groß, Daß es aus ſeinem Bete floß, Und weit und breit im Land umſchweift; Es ſchleppt dahin, was es ergreift; Mit andern Dingen ſchleifts davon Zween Hafen, einer war von Thon: Der andre war aus Ertz gegoſſen. Die beyde kamen ſo gefloſſen, Und weil der erſte leichter war, (a) Gelang ſein Weg ihm deſto beſſer Auf dem ſtarckſtroͤhmenden Gewaͤſſer. Er fuhr voran, der andre nach. Der rief ihm zu: Jſt dir ſo gach, (b) Mein Freund, und warteſt du nicht mein? Wir wollen Spießgeſellen ſeyn. Wart mein, ich will mit dir hinfahren; Gott wird uns beyde wohl bewahren. Der Topf von Thone ſprach: Jch bin fuͤr dich zu kranck (c) Gewuͤnneſt du mir an nur einen Wanck, Thaͤt ich von ungefehr nur einen Stoß an dich, Und ſtieſſeſt du zuruͤck an mich, So waͤr ich erſtes Streiches todt. Jch huͤte mich vor dieſer Noth. Du uͤbertriffſt an Staͤrcke mich, Drum bin ich kein Geſell fuͤr dich. Die Stoͤſſe waͤren mein und dein, Der Schade waͤre immer mein. XVI. Der (a) Und won der irdin liechter was Des wegs gelung im deſter bas (b) Der erin ſprach iſt dir ſo gach. (c) Der irdin ſprach ich bin ze krank Gewunneſt du mir an ainen wanck.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/72
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/72>, abgerufen am 18.12.2024.