[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.als Verleger der deutschen Aeneis rungen machen liesset, worinnen der lächerlicheWitz und die possierliche Verkehrung in ihr rech- tes Licht gesetzet, und dem Leser auf die Spur des Lustigen geholffen würde; man müßte die wohlfliessende Plattheit, die feinen Zweydeutig- keiten, die geschickte Erniedrigung des Prächtigen, die unerwartete Vermischung des Schimpfes mit dem Ernste, die angenehme Vermeidung aller har- ten und Nachdencken erfodernden Gedancken sorg- fältig anmercken, und das alles des Hrn. Schw. Kunst und Vorsatze zuschreiben. Man müste um- ständlich anzeigen, wie er verschiedene und gantz abgesonderte Begriffe in einem Guß zusammen- geschmeltzet; mit einander verbunden, was unmög- lich zugleich bestehen kan; den Nebenumstand in die Haupthandlung verkehret; Wunderwercke ver- richtet; alltägliche Wahrheiten mit unwidersprech- lichen Gründen unterstützet hat; und was derglei- chen mehr ist. Dieses ist desto nöthiger, weil man ihm mit gutem Grunde vorwerffen könnte, seine Schwäncke seyn zu schal und seine Ausschweifungen haben das Saltz nicht, das in dem französischen Scarron den Possen einen Geschmack giebt; der- gestalt daß man ihn mit denen Pritschmeistern ver- gleichen könnte, welche sich gerne närrisch stellen wollten, aber weder Weise noch Gebehrde dazu verstehen, und wenn man sie gleich schünde, es nicht höher bringen können, als daß sie die Ohren schütteln. Wird die Sache nach meiner Jdee geschickt ausgeführet, so wird eure Aeneis nicht nur den jungen Magistern und Studenten anstän- dig seyn, welche die geheimnißvollen und mit Be- grif- [Crit. Samml. VIII. St.] D [1]
als Verleger der deutſchen Aeneis rungen machen lieſſet, worinnen der laͤcherlicheWitz und die poſſierliche Verkehrung in ihr rech- tes Licht geſetzet, und dem Leſer auf die Spur des Luſtigen geholffen wuͤrde; man muͤßte die wohlflieſſende Plattheit, die feinen Zweydeutig- keiten, die geſchickte Erniedrigung des Praͤchtigen, die unerwartete Vermiſchung des Schimpfes mit dem Ernſte, die angenehme Vermeidung aller har- ten und Nachdencken erfodernden Gedancken ſorg- faͤltig anmercken, und das alles des Hrn. Schw. Kunſt und Vorſatze zuſchreiben. Man muͤſte um- ſtaͤndlich anzeigen, wie er verſchiedene und gantz abgeſonderte Begriffe in einem Guß zuſammen- geſchmeltzet; mit einander verbunden, was unmoͤg- lich zugleich beſtehen kan; den Nebenumſtand in die Haupthandlung verkehret; Wunderwercke ver- richtet; alltaͤgliche Wahrheiten mit unwiderſprech- lichen Gruͤnden unterſtuͤtzet hat; und was derglei- chen mehr iſt. Dieſes iſt deſto noͤthiger, weil man ihm mit gutem Grunde vorwerffen koͤnnte, ſeine Schwaͤncke ſeyn zu ſchal und ſeine Ausſchweifungen haben das Saltz nicht, das in dem franzoͤſiſchen Scarron den Poſſen einen Geſchmack giebt; der- geſtalt daß man ihn mit denen Pritſchmeiſtern ver- gleichen koͤnnte, welche ſich gerne naͤrriſch ſtellen wollten, aber weder Weiſe noch Gebehrde dazu verſtehen, und wenn man ſie gleich ſchuͤnde, es nicht hoͤher bringen koͤnnen, als daß ſie die Ohren ſchuͤtteln. Wird die Sache nach meiner Jdee geſchickt ausgefuͤhret, ſo wird eure Aeneis nicht nur den jungen Magiſtern und Studenten anſtaͤn- dig ſeyn, welche die geheimnißvollen und mit Be- grif- [Crit. Sam̃l. VIII. St.] D [1]
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Witz und die poſſierliche Verkehrung in ihr rech-
tes Licht geſetzet, und dem Leſer auf die Spur
des Luſtigen geholffen wuͤrde; man muͤßte die
wohlflieſſende Plattheit, die feinen Zweydeutig-
keiten, die geſchickte Erniedrigung des Praͤchtigen,
die unerwartete Vermiſchung des Schimpfes mit
dem Ernſte, die angenehme Vermeidung aller har-
ten und Nachdencken erfodernden Gedancken ſorg-
faͤltig anmercken, und das alles des Hrn. Schw.
Kunſt und Vorſatze zuſchreiben. Man muͤſte um-
ſtaͤndlich anzeigen, wie er verſchiedene und gantz
abgeſonderte Begriffe in einem Guß zuſammen-
geſchmeltzet; mit einander verbunden, was unmoͤg-
lich zugleich beſtehen kan; den Nebenumſtand in die
Haupthandlung verkehret; Wunderwercke ver-
richtet; alltaͤgliche Wahrheiten mit unwiderſprech-
lichen Gruͤnden unterſtuͤtzet hat; und was derglei-
chen mehr iſt. Dieſes iſt deſto noͤthiger, weil man
ihm mit gutem Grunde vorwerffen koͤnnte, ſeine
Schwaͤncke ſeyn zu ſchal und ſeine Ausſchweifungen
haben das Saltz nicht, das in dem franzoͤſiſchen
Scarron den Poſſen einen Geſchmack giebt; der-
geſtalt daß man ihn mit denen Pritſchmeiſtern ver-
gleichen koͤnnte, welche ſich gerne naͤrriſch ſtellen
wollten, aber weder Weiſe noch Gebehrde dazu
verſtehen, und wenn man ſie gleich ſchuͤnde, es
nicht hoͤher bringen koͤnnen, als daß ſie die Ohren
ſchuͤtteln. Wird die Sache nach meiner Jdee
geſchickt ausgefuͤhret, ſo wird eure Aeneis nicht
nur den jungen Magiſtern und Studenten anſtaͤn-
dig ſeyn, welche die geheimnißvollen und mit Be-
grif-
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