[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.Crit. Betracht. über die Ode Beschweret gleich sein wuchernd Gut nicht Schiffe,10Die zum Gewinn mit schnellen Segeln fliehn. Er darf sich groß, er darf sich glücklich preisen; Kein fremder Fluch versaltzet seine Speisen. III. Er schläft mit Lust, wo andrer Sorgen wachen;Wann Boreas um Dach und Fenster heult, 15.Und dann vielleicht der Wellen schwartzer Rachen Den [Spaltenumbruch]
seinen Trost in Kasten und Schräncke verschliessen muß, recht lächerlich zu machen. Der Poet [Spaltenumbruch] sagt, Trost in die Schräncke und Kasten ziehn, wie Virgil gesagt hat: Attollitque humeris famamque & fata Nepotum. Und Ovidius: - - - - Rupit coelestia crimina. [Spaltenumbruch] Das Wort Geld, welches bey dem Worte Trost steht, mässi- get die Kühnheit der Figur, die viel fremder geschienen hätte, wenn es nur geheissen hätte, [Spaltenumbruch] keine krumme Griffe ziehn dem Weisen seinen Trost, wie dem Geitzigen in Schräncke und Ka- sten. Nach derselben Figur hat Opitz gesagt: O Mensch du Glückesball, was häust du aus den Gründen [Spaltenumbruch]
Die Sünden werden hier fürUnd suchest in der Bach, im Sande deine Sünden? das Gold, als den Werckzeug derselben gesetzt, gleichwie von unserm Poeten der Trost, als die Wirckung des Goldes, die es bey dem Geitzigen hat, dem Gelde beygesellet ist. Jn den [Spaltenumbruch] beyden angezogenen lateinischen Versen werden der Ruhm, das Schicksal, und die Ue- bertretungen für die Sachen gesetzt, welche durch den Grab- stichel und den Pinsel geschil- dert waren. V. 15. Der Wellen schwartzer Rachen)
[Spaltenumbruch] Nach dem Gottschedischen Ge- schmack würde dieser Tropus aufs wenigste Lohensteinisch, [Spaltenumbruch] oder gar Miltonisch, d. i. aben- theurlich seyn: Da müßte man die seltsamen critischen Fragen hören, Crit. Betracht. uͤber die Ode Beſchweret gleich ſein wuchernd Gut nicht Schiffe,10Die zum Gewinn mit ſchnellen Segeln fliehn. Er darf ſich groß, er darf ſich gluͤcklich preiſen; Kein fremder Fluch verſaltzet ſeine Speiſen. III. Er ſchlaͤft mit Luſt, wo andrer Sorgen wachen;Wann Boreas um Dach und Fenſter heult, 15.Und dann vielleicht der Wellen ſchwartzer Rachen Den [Spaltenumbruch]
ſeinen Troſt in Kaſten und Schraͤncke verſchlieſſen muß, recht laͤcherlich zu machen. Der Poet [Spaltenumbruch] ſagt, Troſt in die Schraͤncke und Kaſten ziehn, wie Virgil geſagt hat: Attollitque humeris famamque & fata Nepotum. Und Ovidius: ‒ ‒ ‒ ‒ Rupit cœleſtia crimina. [Spaltenumbruch] Das Wort Geld, welches bey dem Worte Troſt ſteht, maͤſſi- get die Kuͤhnheit der Figur, die viel fremder geſchienen haͤtte, wenn es nur geheiſſen haͤtte, [Spaltenumbruch] keine krumme Griffe ziehn dem Weiſen ſeinen Troſt, wie dem Geitzigen in Schraͤncke und Ka- ſten. Nach derſelben Figur hat Opitz geſagt: O Menſch du Gluͤckesball, was haͤuſt du aus den Gruͤnden [Spaltenumbruch]
Die Suͤnden werden hier fuͤrUnd ſucheſt in der Bach, im Sande deine Suͤnden? das Gold, als den Werckzeug derſelben geſetzt, gleichwie von unſerm Poeten der Troſt, als die Wirckung des Goldes, die es bey dem Geitzigen hat, dem Gelde beygeſellet iſt. Jn den [Spaltenumbruch] beyden angezogenen lateiniſchen Verſen werden der Ruhm, das Schickſal, und die Ue- bertretungen fuͤr die Sachen geſetzt, welche durch den Grab- ſtichel und den Pinſel geſchil- dert waren. V. 15. Der Wellen ſchwartzer Rachen)
[Spaltenumbruch] Nach dem Gottſchediſchen Ge- ſchmack wuͤrde dieſer Tropus aufs wenigſte Lohenſteiniſch, [Spaltenumbruch] oder gar Miltoniſch, d. i. aben- theurlich ſeyn: Da muͤßte man die ſeltſamen critiſchen Fragen hoͤren, <TEI> <text> <front> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="2"> <pb facs="#f0026" n="26"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Crit. Betracht. uͤber die Ode</hi> </fw><lb/> <l>Beſchweret gleich ſein wuchernd Gut nicht Schiffe,<lb/><note place="left">10</note>Die zum Gewinn mit ſchnellen Segeln fliehn.</l><lb/> <l>Er darf ſich groß, er darf ſich gluͤcklich preiſen;</l><lb/> <l>Kein fremder Fluch verſaltzet ſeine Speiſen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">III.</hi> </hi> </head><lb/> <l>Er ſchlaͤft mit Luſt, wo andrer <hi rendition="#fr">Sorgen wachen;</hi></l><lb/> <l>Wann Boreas um Dach und Fenſter heult,<lb/><note place="left">15.</note>Und dann vielleicht der Wellen ſchwartzer <hi rendition="#fr">Rachen</hi><note xml:id="f03" place="foot" next="#f04">V. 15. Der Wellen ſchwartzer Rachen)<lb/><cb/> Nach dem Gottſchediſchen Ge-<lb/> ſchmack wuͤrde dieſer Tropus<lb/> aufs wenigſte Lohenſteiniſch,<lb/><cb/> oder gar Miltoniſch, d. i. aben-<lb/> theurlich ſeyn: Da muͤßte man<lb/> die ſeltſamen critiſchen Fragen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hoͤren,</fw></note></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/> <note xml:id="f02" prev="#f01" place="foot"><cb/> ſeinen Troſt in Kaſten und<lb/> Schraͤncke verſchlieſſen muß, recht<lb/> laͤcherlich zu machen. Der Poet<lb/><cb/> ſagt, Troſt in die Schraͤncke und<lb/> Kaſten ziehn, wie Virgil geſagt<lb/> hat:<lb/><cit><quote><hi rendition="#aq">Attollitque humeris famamque & fata Nepotum.<lb/><hi rendition="#et">Aen. VIII. 731.</hi></hi></quote></cit><lb/> Und Ovidius:<lb/><cit><quote>‒ ‒ ‒ ‒ <hi rendition="#aq">Rupit cœleſtia crimina.</hi></quote></cit><lb/><cb/> Das Wort Geld, welches bey<lb/> dem Worte Troſt ſteht, maͤſſi-<lb/> get die Kuͤhnheit der Figur, die<lb/> viel fremder geſchienen haͤtte,<lb/> wenn es nur geheiſſen haͤtte,<lb/><cb/> keine krumme Griffe ziehn dem<lb/> Weiſen ſeinen Troſt, wie dem<lb/> Geitzigen in Schraͤncke und Ka-<lb/> ſten. Nach derſelben Figur hat<lb/> Opitz geſagt:<lb/><lg type="poem"><l>O Menſch du Gluͤckesball, was haͤuſt du aus den Gruͤnden</l><lb/><l>Und ſucheſt in der Bach, im Sande deine Suͤnden?</l></lg><lb/><cb/> Die Suͤnden werden hier fuͤr<lb/> das Gold, als den Werckzeug<lb/> derſelben geſetzt, gleichwie von<lb/> unſerm Poeten der Troſt, als<lb/> die Wirckung des Goldes, die<lb/> es bey dem Geitzigen hat, dem<lb/> Gelde beygeſellet iſt. Jn den<lb/><cb/> beyden angezogenen lateiniſchen<lb/> Verſen werden der Ruhm,<lb/> das Schickſal, und die Ue-<lb/> bertretungen fuͤr die Sachen<lb/> geſetzt, welche durch den Grab-<lb/> ſtichel und den Pinſel geſchil-<lb/> dert waren.</note><lb/><lb/> </lg> </lg> </div> </front> </text> </TEI> [26/0026]
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Er darf ſich groß, er darf ſich gluͤcklich preiſen;
Kein fremder Fluch verſaltzet ſeine Speiſen.
III.
Er ſchlaͤft mit Luſt, wo andrer Sorgen wachen;
Wann Boreas um Dach und Fenſter heult,
Und dann vielleicht der Wellen ſchwartzer Rachen
Den
V. 15. Der Wellen ſchwartzer Rachen)
Nach dem Gottſchediſchen Ge-
ſchmack wuͤrde dieſer Tropus
aufs wenigſte Lohenſteiniſch,
oder gar Miltoniſch, d. i. aben-
theurlich ſeyn: Da muͤßte man
die ſeltſamen critiſchen Fragen
hoͤren,
ſeinen Troſt in Kaſten und
Schraͤncke verſchlieſſen muß, recht
laͤcherlich zu machen. Der Poet
ſagt, Troſt in die Schraͤncke und
Kaſten ziehn, wie Virgil geſagt
hat:
Attollitque humeris famamque & fata Nepotum.
Aen. VIII. 731.
Und Ovidius:
‒ ‒ ‒ ‒ Rupit cœleſtia crimina.
Das Wort Geld, welches bey
dem Worte Troſt ſteht, maͤſſi-
get die Kuͤhnheit der Figur, die
viel fremder geſchienen haͤtte,
wenn es nur geheiſſen haͤtte,
keine krumme Griffe ziehn dem
Weiſen ſeinen Troſt, wie dem
Geitzigen in Schraͤncke und Ka-
ſten. Nach derſelben Figur hat
Opitz geſagt:
O Menſch du Gluͤckesball, was haͤuſt du aus den Gruͤnden
Und ſucheſt in der Bach, im Sande deine Suͤnden?
Die Suͤnden werden hier fuͤr
das Gold, als den Werckzeug
derſelben geſetzt, gleichwie von
unſerm Poeten der Troſt, als
die Wirckung des Goldes, die
es bey dem Geitzigen hat, dem
Gelde beygeſellet iſt. Jn den
beyden angezogenen lateiniſchen
Verſen werden der Ruhm,
das Schickſal, und die Ue-
bertretungen fuͤr die Sachen
geſetzt, welche durch den Grab-
ſtichel und den Pinſel geſchil-
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