[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.Von den poetischen Zeiten chern. Die Natur mußte ihm von diesen Din-gen, die sie ihm in ihrer Würklichkeit vor Au- gen stellte, die lebhafteste Empfindung geben. Und weil ein grosser Theil Jtaliens nebst Meine Hoffnung zu den poetischen Schrif- türli-
Von den poetiſchen Zeiten chern. Die Natur mußte ihm von dieſen Din-gen, die ſie ihm in ihrer Wuͤrklichkeit vor Au- gen ſtellte, die lebhafteſte Empfindung geben. Und weil ein groſſer Theil Jtaliens nebſt Meine Hoffnung zu den poetiſchen Schrif- tuͤrli-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030" n="30"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den poetiſchen Zeiten</hi></fw><lb/> chern. Die Natur mußte ihm von dieſen Din-<lb/> gen, die ſie ihm in ihrer Wuͤrklichkeit vor Au-<lb/> gen ſtellte, die lebhafteſte Empfindung geben.</p><lb/> <p>Und weil ein groſſer Theil Jtaliens nebſt<lb/> dem angenehmen und fruchtbaren Sicilien da-<lb/> mahls unter der Herrſchaft des ſchwaͤbiſchen<lb/> Stammes ſtuhnd, ſo daß die Deutſchen in<lb/> daſſelbe als in ihr eigenes Land oͤftere Reiſen<lb/> thaten, ſo koͤnnen wir natuͤrlicher Weiſe ver-<lb/> muthen, daß dieſe gemaͤſſigten Landſchaften,<lb/> die unter dem guͤtigen Einfluß eines freudi-<lb/> gen Himmels liegen, der Deutſchen martia-<lb/> liſchen Geiſter einigermaſſen beſaͤnftiget, und<lb/> mit den lekern Fruͤchten ihrer Felder und Gaͤr-<lb/> ten den Geſchmack der Wolluſt verbeſſert,<lb/> jedoch nicht verzaͤrtelt haben.</p><lb/> <p>Meine Hoffnung zu den poetiſchen Schrif-<lb/> ten dieſer Zeiten hat noch einen abſonderlichen<lb/> Grund in der Gewohnheit derſelben, welche die<lb/> Poeſie zu einer Profeſſion gemachet, und zwar<lb/> zu einer ſolchen, welche ſich Freyherren, Fuͤrſten<lb/> und Grafen vor keine Schande hielten, indem<lb/> ſie nicht nur dieſelbe ſchuͤtzeten und die Poe-<lb/> ten in ihre Schloͤſſer und Gaſtgebothe auf-<lb/> nahmen, Wettſtreite unter ihnen anſtelleten,<lb/> ſich ihre Wercke offentlich in Gegenwart der<lb/> vornehmſten Geſellſchaften von beyderley Ge-<lb/> ſchlechte vorleſen lieſſen, ſondern ſich ſelber<lb/> damit bemuͤheten, und um den Preiß ſangen.<lb/> Eine Gewohnheit, die ſie vielleicht eben aus<lb/> Sicilien, wo die Trovadori unter den neuern<lb/> die fruͤheſten geweſen, die zur Poeſie ein na-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">tuͤrli-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0030]
Von den poetiſchen Zeiten
chern. Die Natur mußte ihm von dieſen Din-
gen, die ſie ihm in ihrer Wuͤrklichkeit vor Au-
gen ſtellte, die lebhafteſte Empfindung geben.
Und weil ein groſſer Theil Jtaliens nebſt
dem angenehmen und fruchtbaren Sicilien da-
mahls unter der Herrſchaft des ſchwaͤbiſchen
Stammes ſtuhnd, ſo daß die Deutſchen in
daſſelbe als in ihr eigenes Land oͤftere Reiſen
thaten, ſo koͤnnen wir natuͤrlicher Weiſe ver-
muthen, daß dieſe gemaͤſſigten Landſchaften,
die unter dem guͤtigen Einfluß eines freudi-
gen Himmels liegen, der Deutſchen martia-
liſchen Geiſter einigermaſſen beſaͤnftiget, und
mit den lekern Fruͤchten ihrer Felder und Gaͤr-
ten den Geſchmack der Wolluſt verbeſſert,
jedoch nicht verzaͤrtelt haben.
Meine Hoffnung zu den poetiſchen Schrif-
ten dieſer Zeiten hat noch einen abſonderlichen
Grund in der Gewohnheit derſelben, welche die
Poeſie zu einer Profeſſion gemachet, und zwar
zu einer ſolchen, welche ſich Freyherren, Fuͤrſten
und Grafen vor keine Schande hielten, indem
ſie nicht nur dieſelbe ſchuͤtzeten und die Poe-
ten in ihre Schloͤſſer und Gaſtgebothe auf-
nahmen, Wettſtreite unter ihnen anſtelleten,
ſich ihre Wercke offentlich in Gegenwart der
vornehmſten Geſellſchaften von beyderley Ge-
ſchlechte vorleſen lieſſen, ſondern ſich ſelber
damit bemuͤheten, und um den Preiß ſangen.
Eine Gewohnheit, die ſie vielleicht eben aus
Sicilien, wo die Trovadori unter den neuern
die fruͤheſten geweſen, die zur Poeſie ein na-
tuͤrli-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |