[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.Ecloga. Ecloga. VErlaß einmal Elpin die Mauren, das Gedränge, Die eingesperrte Luft, des Sonnen-Lichtes Enge, Wo die bemühte Kunst des Schöpfers Werck verdringt, Und die Natur verkehrt in Mißgestalten zwingt: Komm auf das weite Land und schau', und hör', und fühle- Und rieche der Natur jungfräulich-edle Spiele, Die sanft, gelind und rein, in die geruhge Brust Gesunde Regung führt, und ungemischte Lust; Wovon ich jüngst gehört den Schäfer Hylas singen, Der an die Lindemag die Musen pflegt zu bringen. Jhr Gründe, fieng er an, ihr Matten, Busch, und Feld, O Land, das alle Lust der Sinnen in sich hält; Der Winter hat zweymal verderbet euer Glänzen, Zweymal sich euer Schooß verneut im frischen Lenzen, Seit daß ich euch gemißt, wiewohl ich mit dem Leib Bey euch vorhanden war, seitdem ein schönes Weib, Seit Emma mich gehabt, und mich euch gantz entzogen. Eur Glanz, und eure Lust war weg, sie war verflogen, Weil ich ihr nicht genoß; ich war in dieser Zeit Nicht euer, und nicht mein, von euch und mir sehr weit, So lang' auf Emmens Stirn das Jungfernkränzgen blühte, Und Scham, der Unschuld Bild, auf ihren Wangen glühte; So
Ecloga. Ecloga. VErlaß einmal Elpin die Mauren, das Gedraͤnge, Die eingeſperrte Luft, des Sonnen-Lichtes Enge, Wo die bemuͤhte Kunſt des Schoͤpfers Werck verdringt, Und die Natur verkehrt in Mißgeſtalten zwingt: Komm auf das weite Land und ſchau’, und hoͤr’, und fuͤhle- Und rieche der Natur jungfraͤulich-edle Spiele, Die ſanft, gelind und rein, in die geruhge Bruſt Geſunde Regung fuͤhrt, und ungemiſchte Luſt; Wovon ich juͤngſt gehoͤrt den Schaͤfer Hylas ſingen, Der an die Lindemag die Muſen pflegt zu bringen. Jhr Gruͤnde, fieng er an, ihr Matten, Buſch, und Feld, O Land, das alle Luſt der Sinnen in ſich haͤlt; Der Winter hat zweymal verderbet euer Glaͤnzen, Zweymal ſich euer Schooß verneut im friſchen Lenzen, Seit daß ich euch gemißt, wiewohl ich mit dem Leib Bey euch vorhanden war, ſeitdem ein ſchoͤnes Weib, Seit Emma mich gehabt, und mich euch gantz entzogen. Eur Glanz, und eure Luſt war weg, ſie war verflogen, Weil ich ihr nicht genoß; ich war in dieſer Zeit Nicht euer, und nicht mein, von euch und mir ſehr weit, So lang’ auf Emmens Stirn das Jungfernkraͤnzgen bluͤhte, Und Scham, der Unſchuld Bild, auf ihren Wangen gluͤhte; So
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Ecloga.
Ecloga.
VErlaß einmal Elpin die Mauren, das Gedraͤnge,
Die eingeſperrte Luft, des Sonnen-Lichtes Enge,
Wo die bemuͤhte Kunſt des Schoͤpfers Werck verdringt,
Und die Natur verkehrt in Mißgeſtalten zwingt:
Komm auf das weite Land und ſchau’, und hoͤr’, und fuͤhle-
Und rieche der Natur jungfraͤulich-edle Spiele,
Die ſanft, gelind und rein, in die geruhge Bruſt
Geſunde Regung fuͤhrt, und ungemiſchte Luſt;
Wovon ich juͤngſt gehoͤrt den Schaͤfer Hylas ſingen,
Der an die Lindemag die Muſen pflegt zu bringen.
Jhr Gruͤnde, fieng er an, ihr Matten, Buſch, und Feld,
O Land, das alle Luſt der Sinnen in ſich haͤlt;
Der Winter hat zweymal verderbet euer Glaͤnzen,
Zweymal ſich euer Schooß verneut im friſchen Lenzen,
Seit daß ich euch gemißt, wiewohl ich mit dem Leib
Bey euch vorhanden war, ſeitdem ein ſchoͤnes Weib,
Seit Emma mich gehabt, und mich euch gantz entzogen.
Eur Glanz, und eure Luſt war weg, ſie war verflogen,
Weil ich ihr nicht genoß; ich war in dieſer Zeit
Nicht euer, und nicht mein, von euch und mir ſehr weit,
So lang’ auf Emmens Stirn das Jungfernkraͤnzgen bluͤhte,
Und Scham, der Unſchuld Bild, auf ihren Wangen gluͤhte;
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