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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.

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Neue Vorrede
unsren besten Dichtern eingeschaltet habe. Jch
habe aber dieselben mit gutem Bedachte nicht
eben aus den neuesten, die ohnedem in aller Hän-
den sind, und die auch ohne mein Zuthun gele-
sen werden; sondern aus den ältern, als Opi-
tzen, Flemmingen, Dachen, Racheln, Neu-
kirchen u. d. m. die nicht ein jeder hat, oder lie-
set, hergenommen. Jch will aber dadurch, daß
ich sie zu Mustern anführe, nicht eben alle kleine

Feh-
bisherige Höflichkeit unsrer Poeten: Jn eben diesem Lied
388. S.
Denn, Landesmutter, solch ein Tag,
Erlaube, daß mans sagen mag,
(Jch wollte wohl wetten dörfen, daß niemand die folgen-
de Zeile errathen würde:)
Erscheint nicht allzu oft auf Erden.
Das ist, als wenn ich sagte: Jch bin; erlaubet mirs
zu sagen, euer gehorsamer Diener. Eben daselbst:
Der Gnadenblicke Seltenheit etc.
Jst dieses ein Lob oder Tadel? Auf der 513. S. in einer
Elegie an seine erlesne Braut die Jgfr. L. A. V. Kulmus:
Mein auserwehltes Licht! Acht Tage sind nur hin,
So werd ich laut und frey den theuren Eyd beschweren,
Daß ich dir ewig treu und ganz dein eigen bin.
Jch freue mich darauf! O wär es schon geschehen!
Der Seufzer in dieser lezten Zeile ist in dem Munde eines
Bräutigams, der in 8 Tagen zum erstenmal Beylager
halten soll, recht geheimnißreich.

Neue Vorrede
unſren beſten Dichtern eingeſchaltet habe. Jch
habe aber dieſelben mit gutem Bedachte nicht
eben aus den neueſten, die ohnedem in aller Haͤn-
den ſind, und die auch ohne mein Zuthun gele-
ſen werden; ſondern aus den aͤltern, als Opi-
tzen, Flemmingen, Dachen, Racheln, Neu-
kirchen u. d. m. die nicht ein jeder hat, oder lie-
ſet, hergenommen. Jch will aber dadurch, daß
ich ſie zu Muſtern anfuͤhre, nicht eben alle kleine

Feh-
bisherige Hoͤflichkeit unſrer Poeten: Jn eben dieſem Lied
388. S.
Denn, Landesmutter, ſolch ein Tag,
Erlaube, daß mans ſagen mag,
(Jch wollte wohl wetten doͤrfen, daß niemand die folgen-
de Zeile errathen wuͤrde:)
Erſcheint nicht allzu oft auf Erden.
Das iſt, als wenn ich ſagte: Jch bin; erlaubet mirs
zu ſagen, euer gehorſamer Diener. Eben daſelbſt:
Der Gnadenblicke Seltenheit ꝛc.
Jſt dieſes ein Lob oder Tadel? Auf der 513. S. in einer
Elegie an ſeine erleſne Braut die Jgfr. L. A. V. Kulmus:
Mein auserwehltes Licht! Acht Tage ſind nur hin,
So werd ich laut und frey den theuren Eyd beſchweren,
Daß ich dir ewig treu und ganz dein eigen bin.
Jch freue mich darauf! O waͤr es ſchon geſchehen!
Der Seufzer in dieſer lezten Zeile iſt in dem Munde eines
Braͤutigams, der in 8 Tagen zum erſtenmal Beylager
halten ſoll, recht geheimnißreich.
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[136/0136] Neue Vorrede unſren beſten Dichtern eingeſchaltet habe. Jch habe aber dieſelben mit gutem Bedachte nicht eben aus den neueſten, die ohnedem in aller Haͤn- den ſind, und die auch ohne mein Zuthun gele- ſen werden; ſondern aus den aͤltern, als Opi- tzen, Flemmingen, Dachen, Racheln, Neu- kirchen u. d. m. die nicht ein jeder hat, oder lie- ſet, hergenommen. Jch will aber dadurch, daß ich ſie zu Muſtern anfuͤhre, nicht eben alle kleine Feh- z z bisherige Hoͤflichkeit unſrer Poeten: Jn eben dieſem Lied 388. S. Denn, Landesmutter, ſolch ein Tag, Erlaube, daß mans ſagen mag, (Jch wollte wohl wetten doͤrfen, daß niemand die folgen- de Zeile errathen wuͤrde:) Erſcheint nicht allzu oft auf Erden. Das iſt, als wenn ich ſagte: Jch bin; erlaubet mirs zu ſagen, euer gehorſamer Diener. Eben daſelbſt: Der Gnadenblicke Seltenheit ꝛc. Jſt dieſes ein Lob oder Tadel? Auf der 513. S. in einer Elegie an ſeine erleſne Braut die Jgfr. L. A. V. Kulmus: Mein auserwehltes Licht! Acht Tage ſind nur hin, So werd ich laut und frey den theuren Eyd beſchweren, Daß ich dir ewig treu und ganz dein eigen bin. Jch freue mich darauf! O waͤr es ſchon geſchehen! Der Seufzer in dieſer lezten Zeile iſt in dem Munde eines Braͤutigams, der in 8 Tagen zum erſtenmal Beylager halten ſoll, recht geheimnißreich.

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/136>, abgerufen am 24.11.2024.