[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742.des deutschen Witzes. aber das Compliment eines gehorsamsten Die-ners gegen einen Schüler viel zu niederträchtig; und es ist jedermann bekannt, daß der Hr. Pro- fessor bey seiner ungemeinen Höflichkeit sich doch immer vorzusehen weiß, daß er von seinen Vor- rechten nichts vergebe. (*) Jch lasse es also gäntzlich dahin gestellt seyn, ob meine critische Muthmassungen einigen Glauben finden werden oder nicht. Jch habe die Sache so gut und fleis- sig erwogen, als mir möglich gewesen: Habe ich die Wahrheit nicht gefunden, so hat es doch an meinem guten Willen und an emsigem Nach- forschen nicht gemangelt. Das ist und bleibet indessen gewiß, daß diese Anmerkungen einen Ver- fasser, und dieses Kind einen Vater gehabt; wenn wir schon nicht so eigentlich wissen können, wer er gewesen ist, und wie er geheissen hat. Der Hr. Prof. Gottsched könnte uns durch ein offenhertziges Geständtniß, oder durch eine kräf- tige Widerlegung meiner voreingeführten Wahr- scheinlichkeiten am besten aus dem Wunder hel- fen. Zurei- (*) Jch muß hier erinnern, daß diese Muthmas-
sungen sich nur auf den Augustm. der Belustigungen be- ziehen. Als ich sie schrieb, hatte ich den Weinm. und Herbstm. noch nicht gesehen, wo in den Fortsetzungen der Anmerkungen noch verschiedenes vorkömmt, das dienen könnte, neue Muthmassungen zu veranlassen, wer der ungenannte Verfasser seyn mögte, welche die ersten bald bekräftigten, bald wieder schwächeten. des deutſchen Witzes. aber das Compliment eines gehorſamſten Die-ners gegen einen Schuͤler viel zu niedertraͤchtig; und es iſt jedermann bekannt, daß der Hr. Pro- feſſor bey ſeiner ungemeinen Hoͤflichkeit ſich doch immer vorzuſehen weiß, daß er von ſeinen Vor- rechten nichts vergebe. (*) Jch laſſe es alſo gaͤntzlich dahin geſtellt ſeyn, ob meine critiſche Muthmaſſungen einigen Glauben finden werden oder nicht. Jch habe die Sache ſo gut und fleiſ- ſig erwogen, als mir moͤglich geweſen: Habe ich die Wahrheit nicht gefunden, ſo hat es doch an meinem guten Willen und an emſigem Nach- forſchen nicht gemangelt. Das iſt und bleibet indeſſen gewiß, daß dieſe Anmerkungen einen Ver- faſſer, und dieſes Kind einen Vater gehabt; wenn wir ſchon nicht ſo eigentlich wiſſen koͤnnen, wer er geweſen iſt, und wie er geheiſſen hat. Der Hr. Prof. Gottſched koͤnnte uns durch ein offenhertziges Geſtaͤndtniß, oder durch eine kraͤf- tige Widerlegung meiner voreingefuͤhrten Wahr- ſcheinlichkeiten am beſten aus dem Wunder hel- fen. Zurei- (*) Jch muß hier erinnern, daß dieſe Muthmaſ-
ſungen ſich nur auf den Auguſtm. der Beluſtigungen be- ziehen. Als ich ſie ſchrieb, hatte ich den Weinm. und Herbſtm. noch nicht geſehen, wo in den Fortſetzungen der Anmerkungen noch verſchiedenes vorkoͤmmt, das dienen koͤnnte, neue Muthmaſſungen zu veranlaſſen, wer der ungenannte Verfaſſer ſeyn moͤgte, welche die erſten bald bekraͤftigten, bald wieder ſchwaͤcheten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0049" n="47"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des deutſchen Witzes.</hi></fw><lb/> aber das Compliment eines <hi rendition="#fr">gehorſamſten Die-<lb/> ners</hi> gegen einen Schuͤler viel zu niedertraͤchtig;<lb/> und es iſt jedermann bekannt, daß der Hr. Pro-<lb/> feſſor bey ſeiner ungemeinen Hoͤflichkeit ſich doch<lb/> immer vorzuſehen weiß, daß er von ſeinen Vor-<lb/> rechten nichts vergebe. <note place="foot" n="(*)">Jch muß hier erinnern, daß dieſe Muthmaſ-<lb/> ſungen ſich nur auf den Auguſtm. der Beluſtigungen be-<lb/> ziehen. Als ich ſie ſchrieb, hatte ich den Weinm. und<lb/> Herbſtm. noch nicht geſehen, wo in den Fortſetzungen der<lb/> Anmerkungen noch verſchiedenes vorkoͤmmt, das dienen<lb/> koͤnnte, neue Muthmaſſungen zu veranlaſſen, wer der<lb/> ungenannte Verfaſſer ſeyn moͤgte, welche die erſten bald<lb/> bekraͤftigten, bald wieder ſchwaͤcheten.</note> Jch laſſe es alſo<lb/> gaͤntzlich dahin geſtellt ſeyn, ob meine critiſche<lb/> Muthmaſſungen einigen Glauben finden werden<lb/> oder nicht. Jch habe die Sache ſo gut und fleiſ-<lb/> ſig erwogen, als mir moͤglich geweſen: Habe<lb/> ich die Wahrheit nicht gefunden, ſo hat es doch<lb/> an meinem guten Willen und an emſigem Nach-<lb/> forſchen nicht gemangelt. Das iſt und bleibet<lb/> indeſſen gewiß, daß dieſe Anmerkungen einen Ver-<lb/> faſſer, und dieſes Kind einen Vater gehabt;<lb/> wenn wir ſchon nicht ſo eigentlich wiſſen koͤnnen,<lb/> wer er geweſen iſt, und wie er geheiſſen hat.<lb/> Der Hr. Prof. <hi rendition="#fr">Gottſched</hi> koͤnnte uns durch ein<lb/> offenhertziges Geſtaͤndtniß, oder durch eine kraͤf-<lb/> tige Widerlegung meiner voreingefuͤhrten Wahr-<lb/> ſcheinlichkeiten am beſten aus dem Wunder hel-<lb/> fen.</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Zurei-</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [47/0049]
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aber das Compliment eines gehorſamſten Die-
ners gegen einen Schuͤler viel zu niedertraͤchtig;
und es iſt jedermann bekannt, daß der Hr. Pro-
feſſor bey ſeiner ungemeinen Hoͤflichkeit ſich doch
immer vorzuſehen weiß, daß er von ſeinen Vor-
rechten nichts vergebe. (*) Jch laſſe es alſo
gaͤntzlich dahin geſtellt ſeyn, ob meine critiſche
Muthmaſſungen einigen Glauben finden werden
oder nicht. Jch habe die Sache ſo gut und fleiſ-
ſig erwogen, als mir moͤglich geweſen: Habe
ich die Wahrheit nicht gefunden, ſo hat es doch
an meinem guten Willen und an emſigem Nach-
forſchen nicht gemangelt. Das iſt und bleibet
indeſſen gewiß, daß dieſe Anmerkungen einen Ver-
faſſer, und dieſes Kind einen Vater gehabt;
wenn wir ſchon nicht ſo eigentlich wiſſen koͤnnen,
wer er geweſen iſt, und wie er geheiſſen hat.
Der Hr. Prof. Gottſched koͤnnte uns durch ein
offenhertziges Geſtaͤndtniß, oder durch eine kraͤf-
tige Widerlegung meiner voreingefuͤhrten Wahr-
ſcheinlichkeiten am beſten aus dem Wunder hel-
fen.
Zurei-
(*) Jch muß hier erinnern, daß dieſe Muthmaſ-
ſungen ſich nur auf den Auguſtm. der Beluſtigungen be-
ziehen. Als ich ſie ſchrieb, hatte ich den Weinm. und
Herbſtm. noch nicht geſehen, wo in den Fortſetzungen der
Anmerkungen noch verſchiedenes vorkoͤmmt, das dienen
koͤnnte, neue Muthmaſſungen zu veranlaſſen, wer der
ungenannte Verfaſſer ſeyn moͤgte, welche die erſten bald
bekraͤftigten, bald wieder ſchwaͤcheten.
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