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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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Erklärung auf einige Sätze
be wieder Hr. Breit. Sätze gleichsam als eine un-
hintertreibliche Abfertigung vorbringt: Es lasse
sich die Gerechtigkeit Gottes etc. seiner Güte
nicht entgegensetzen, so daß eine die andere
aufhebe; Gott sey ein einfaches Wesen, in
welchem also die Eigenschaften, und derselben
Würckungen nicht wider einander stehen.
Dieß
alles bleibt ja auch in Hr. Breit. Lehrgebäude
wahr. Lieber wer kan sich vorstellen, daß Got-
tes Güte um deßwillen endlich, und eine in so
weit aufgehobene Güte sey, weil sie sich nicht wei-
ter erstreckt, als es durch das Wesen und die
Natur der Dinge und durch diejenige Verknüp-
fung eines jeden Individui mit der gantzen Welt,
vermittelst welcher in dem Gantzen, zusammenge-
rechnet, die meiste und höchste Vollkommenheit
erhalten wird, möglich ist. Mir fällt es unmög-
lich zu begreiffen, daß die Güte Gottes anderst
in Gott sey, als wie sie mit der höchsten Weis-
heit, Gerechtigkeit etc. besteht; wird sie weiter
ausgedehnt, so wird sie ein Non Ens; noch mehr,
sie wird eine Sache, die wann sie möglich wäre,
das Werck Gottes nothwendig, durch den und
diesen Erfolg müßte unvollkommener machen als
es jetzo ist. Dieses nun vorausgesetzt, und daß
die eigene Beschaffenheit, und bestmögliche Ver-
knüpfung einicher Individuorum mit allen übri-
gen Dingen nicht zulasse, daß diese einzele Ge-
schöpfe zu mehrerem Glücke gelangen als sie ge-
langen, wenn je die meiste und höchste Vollkom-
menheit in dem Gantzen soll erhalten werden; soll
es dann heissen, die Gerechtigkeit Gottes werde sei-

ner

Erklaͤrung auf einige Saͤtze
be wieder Hr. Breit. Saͤtze gleichſam als eine un-
hintertreibliche Abfertigung vorbringt: Es laſſe
ſich die Gerechtigkeit Gottes ꝛc. ſeiner Guͤte
nicht entgegenſetzen, ſo daß eine die andere
aufhebe; Gott ſey ein einfaches Weſen, in
welchem alſo die Eigenſchaften, und derſelben
Wuͤrckungen nicht wider einander ſtehen.
Dieß
alles bleibt ja auch in Hr. Breit. Lehrgebaͤude
wahr. Lieber wer kan ſich vorſtellen, daß Got-
tes Guͤte um deßwillen endlich, und eine in ſo
weit aufgehobene Guͤte ſey, weil ſie ſich nicht wei-
ter erſtreckt, als es durch das Weſen und die
Natur der Dinge und durch diejenige Verknuͤp-
fung eines jeden Individui mit der gantzen Welt,
vermittelſt welcher in dem Gantzen, zuſammenge-
rechnet, die meiſte und hoͤchſte Vollkommenheit
erhalten wird, moͤglich iſt. Mir faͤllt es unmoͤg-
lich zu begreiffen, daß die Guͤte Gottes anderſt
in Gott ſey, als wie ſie mit der hoͤchſten Weis-
heit, Gerechtigkeit ꝛc. beſteht; wird ſie weiter
ausgedehnt, ſo wird ſie ein Non Ens; noch mehr,
ſie wird eine Sache, die wann ſie moͤglich waͤre,
das Werck Gottes nothwendig, durch den und
dieſen Erfolg muͤßte unvollkommener machen als
es jetzo iſt. Dieſes nun vorausgeſetzt, und daß
die eigene Beſchaffenheit, und beſtmoͤgliche Ver-
knuͤpfung einicher Individuorum mit allen uͤbri-
gen Dingen nicht zulaſſe, daß dieſe einzele Ge-
ſchoͤpfe zu mehrerem Gluͤcke gelangen als ſie ge-
langen, wenn je die meiſte und hoͤchſte Vollkom-
menheit in dem Gantzen ſoll erhalten werden; ſoll
es dann heiſſen, die Gerechtigkeit Gottes werde ſei-

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[6/0008] Erklaͤrung auf einige Saͤtze be wieder Hr. Breit. Saͤtze gleichſam als eine un- hintertreibliche Abfertigung vorbringt: Es laſſe ſich die Gerechtigkeit Gottes ꝛc. ſeiner Guͤte nicht entgegenſetzen, ſo daß eine die andere aufhebe; Gott ſey ein einfaches Weſen, in welchem alſo die Eigenſchaften, und derſelben Wuͤrckungen nicht wider einander ſtehen. Dieß alles bleibt ja auch in Hr. Breit. Lehrgebaͤude wahr. Lieber wer kan ſich vorſtellen, daß Got- tes Guͤte um deßwillen endlich, und eine in ſo weit aufgehobene Guͤte ſey, weil ſie ſich nicht wei- ter erſtreckt, als es durch das Weſen und die Natur der Dinge und durch diejenige Verknuͤp- fung eines jeden Individui mit der gantzen Welt, vermittelſt welcher in dem Gantzen, zuſammenge- rechnet, die meiſte und hoͤchſte Vollkommenheit erhalten wird, moͤglich iſt. Mir faͤllt es unmoͤg- lich zu begreiffen, daß die Guͤte Gottes anderſt in Gott ſey, als wie ſie mit der hoͤchſten Weis- heit, Gerechtigkeit ꝛc. beſteht; wird ſie weiter ausgedehnt, ſo wird ſie ein Non Ens; noch mehr, ſie wird eine Sache, die wann ſie moͤglich waͤre, das Werck Gottes nothwendig, durch den und dieſen Erfolg muͤßte unvollkommener machen als es jetzo iſt. Dieſes nun vorausgeſetzt, und daß die eigene Beſchaffenheit, und beſtmoͤgliche Ver- knuͤpfung einicher Individuorum mit allen uͤbri- gen Dingen nicht zulaſſe, daß dieſe einzele Ge- ſchoͤpfe zu mehrerem Gluͤcke gelangen als ſie ge- langen, wenn je die meiſte und hoͤchſte Vollkom- menheit in dem Gantzen ſoll erhalten werden; ſoll es dann heiſſen, die Gerechtigkeit Gottes werde ſei- ner

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/8>, abgerufen am 26.04.2024.