[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.der herrschenden Poeten. gen Truz. Denselben niederzulegen, hengte siemitten in dem Saale der Versammlung oben an der gegypseten Deke desselben ihre Waage auf, in welcher sie den innerlichen Werth der Bücher ab- zuwegen pflegt. Sie legete in die eine Schale Greibertins critische Dichtkunst, in die andere Schottgedens Versuch, zu dieser warff sie noch zwanzig oder dreissig von den besten Werken der herr- schenden Dichter und Kunstlehrer. Sie flogen wie leichte Spreu aufwärts. Der Querbalke stieß oben an dem Ringe an, an welchem er aufgehan- gen war. Jhre Verfasser sahen das himmlische Zeichen und erkennten ihre Waageschale. Aber sie wurden davon nichts desto klüger, der blaue Dunst, welchen der Schutzgeist des schlimmen Geschma- krs ihnen auf das Gehirn geworffen, hatte ihren Verstand umnebelt. der herrſchenden Poeten. gen Truz. Denſelben niederzulegen, hengte ſiemitten in dem Saale der Verſammlung oben an der gegypſeten Deke deſſelben ihre Waage auf, in welcher ſie den innerlichen Werth der Buͤcher ab- zuwegen pflegt. Sie legete in die eine Schale Greibertins critiſche Dichtkunſt, in die andere Schottgedens Verſuch, zu dieſer warff ſie noch zwanzig oder dreiſſig von den beſten Werken der herr- ſchenden Dichter und Kunſtlehrer. Sie flogen wie leichte Spreu aufwaͤrts. Der Querbalke ſtieß oben an dem Ringe an, an welchem er aufgehan- gen war. Jhre Verfaſſer ſahen das himmliſche Zeichen und erkennten ihre Waageſchale. Aber ſie wurden davon nichts deſto kluͤger, der blaue Dunſt, welchen der Schutzgeiſt des ſchlimmen Geſchma- krs ihnen auf das Gehirn geworffen, hatte ihren Verſtand umnebelt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0221" n="219"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der herrſchenden Poeten.</hi></fw><lb/> gen Truz. Denſelben niederzulegen, hengte ſie<lb/> mitten in dem Saale der Verſammlung oben an<lb/> der gegypſeten Deke deſſelben ihre Waage auf, in<lb/> welcher ſie den innerlichen Werth der Buͤcher ab-<lb/> zuwegen pflegt. Sie legete in die eine Schale<lb/> Greibertins critiſche Dichtkunſt, in die andere<lb/> Schottgedens Verſuch, zu dieſer warff ſie noch<lb/> zwanzig oder dreiſſig von den beſten Werken der herr-<lb/> ſchenden Dichter und Kunſtlehrer. Sie flogen wie<lb/> leichte Spreu aufwaͤrts. Der Querbalke ſtieß<lb/> oben an dem Ringe an, an welchem er aufgehan-<lb/> gen war. Jhre Verfaſſer ſahen das himmliſche<lb/> Zeichen und erkennten ihre Waageſchale. Aber ſie<lb/> wurden davon nichts deſto kluͤger, der blaue Dunſt,<lb/> welchen der Schutzgeiſt des ſchlimmen Geſchma-<lb/> krs ihnen auf das Gehirn geworffen, hatte ihren<lb/> Verſtand umnebelt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [219/0221]
der herrſchenden Poeten.
gen Truz. Denſelben niederzulegen, hengte ſie
mitten in dem Saale der Verſammlung oben an
der gegypſeten Deke deſſelben ihre Waage auf, in
welcher ſie den innerlichen Werth der Buͤcher ab-
zuwegen pflegt. Sie legete in die eine Schale
Greibertins critiſche Dichtkunſt, in die andere
Schottgedens Verſuch, zu dieſer warff ſie noch
zwanzig oder dreiſſig von den beſten Werken der herr-
ſchenden Dichter und Kunſtlehrer. Sie flogen wie
leichte Spreu aufwaͤrts. Der Querbalke ſtieß
oben an dem Ringe an, an welchem er aufgehan-
gen war. Jhre Verfaſſer ſahen das himmliſche
Zeichen und erkennten ihre Waageſchale. Aber ſie
wurden davon nichts deſto kluͤger, der blaue Dunſt,
welchen der Schutzgeiſt des ſchlimmen Geſchma-
krs ihnen auf das Gehirn geworffen, hatte ihren
Verſtand umnebelt.
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