Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

von gelehrten Schriften.
Menge Leser von verderbtem Geschmack giebt, die
an frostigen Witzspielen und seichten Schriften ih-
re Belustigung suchen, und deren Anzahl den Hrn.
Breitkopf gewiß schadlos halten wird. Jch fin-
de in diesem Schreiben auf der 27sten Seite eine
Stelle, wo der Verfasser den lieblosen Franzo-
sen auf eine so geistreiche und bündige Art abwei-
set und zum Gespötte machet, daß ich sie der weit-
läuftigen Schutzschrift, die in der Vorrede ent-
halten ist, weit vorziehe. Es heißt:

"Der sinn-
"reiche Verfasser von den Lettres germaniques
"fordert, daß man ihm nur einen Schöpfer un-
"ter den deutschen Dichtern zeigen solle: Und
"er kan gewiß seyn, daß seine Forderung nicht
"werde erfüllet werden, da er sie an einen Sol-
"daten richtet, dessen Unwissenheit er kennet."

Würde er seine Forderung an einen Sächsischen
Poeten, deren Anzahl bald so groß ist, als der Flie-
gen in den schwühlen Sommertagen, gerichtet
haben, so würde ihm ein jeder in seiner eigenen
Person einen Schöpfer haben zeigen können; nur
mit dem Unterschiede, daß dieselbigen bey ihrer
Schöpfungs-Arbeit mehr die Hände, als den
Kopf abmatten. Damit ich aber meinen Lesern
auch ein Muster von der geschickten Jronie, die
in diesem Schreiben herrschet, vor Augen lege;
so will ich die Stelle, die sich auf die auswärti-
gen Leser beziehet, und Bl. 26. zu finden ist, her-
sezen:

"Sie verlassen sich vielleicht auf den Bey-
"fall der Auswärtigen. Jch weis wohl, daß
"der Leipziger Witz und die Leipziger Lerchen an-
"derwärts am meisten gelten. Allein, glauben
"sie
K 3

von gelehrten Schriften.
Menge Leſer von verderbtem Geſchmack giebt, die
an froſtigen Witzſpielen und ſeichten Schriften ih-
re Beluſtigung ſuchen, und deren Anzahl den Hrn.
Breitkopf gewiß ſchadlos halten wird. Jch fin-
de in dieſem Schreiben auf der 27ſten Seite eine
Stelle, wo der Verfaſſer den liebloſen Franzo-
ſen auf eine ſo geiſtreiche und buͤndige Art abwei-
ſet und zum Geſpoͤtte machet, daß ich ſie der weit-
laͤuftigen Schutzſchrift, die in der Vorrede ent-
halten iſt, weit vorziehe. Es heißt:

„Der ſinn-
„reiche Verfaſſer von den Lettres germaniques
„fordert, daß man ihm nur einen Schoͤpfer un-
„ter den deutſchen Dichtern zeigen ſolle: Und
„er kan gewiß ſeyn, daß ſeine Forderung nicht
„werde erfuͤllet werden, da er ſie an einen Sol-
„daten richtet, deſſen Unwiſſenheit er kennet.„

Wuͤrde er ſeine Forderung an einen Saͤchſiſchen
Poeten, deren Anzahl bald ſo groß iſt, als der Flie-
gen in den ſchwuͤhlen Sommertagen, gerichtet
haben, ſo wuͤrde ihm ein jeder in ſeiner eigenen
Perſon einen Schoͤpfer haben zeigen koͤnnen; nur
mit dem Unterſchiede, daß dieſelbigen bey ihrer
Schoͤpfungs-Arbeit mehr die Haͤnde, als den
Kopf abmatten. Damit ich aber meinen Leſern
auch ein Muſter von der geſchickten Jronie, die
in dieſem Schreiben herrſchet, vor Augen lege;
ſo will ich die Stelle, die ſich auf die auswaͤrti-
gen Leſer beziehet, und Bl. 26. zu finden iſt, her-
ſezen:

„Sie verlaſſen ſich vielleicht auf den Bey-
„fall der Auswaͤrtigen. Jch weis wohl, daß
„der Leipziger Witz und die Leipziger Lerchen an-
„derwaͤrts am meiſten gelten. Allein, glauben
„ſie
K 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0151" n="149"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von gelehrten Schriften.</hi></fw><lb/>
Menge Le&#x017F;er von verderbtem Ge&#x017F;chmack giebt, die<lb/>
an fro&#x017F;tigen Witz&#x017F;pielen und &#x017F;eichten Schriften ih-<lb/>
re Belu&#x017F;tigung &#x017F;uchen, und deren Anzahl den Hrn.<lb/>
Breitkopf gewiß &#x017F;chadlos halten wird. Jch fin-<lb/>
de in die&#x017F;em Schreiben auf der 27&#x017F;ten Seite eine<lb/>
Stelle, wo der Verfa&#x017F;&#x017F;er den lieblo&#x017F;en Franzo-<lb/>
&#x017F;en auf eine &#x017F;o gei&#x017F;treiche und bu&#x0364;ndige Art abwei-<lb/>
&#x017F;et und zum Ge&#x017F;po&#x0364;tte machet, daß ich &#x017F;ie der weit-<lb/>
la&#x0364;uftigen Schutz&#x017F;chrift, die in der Vorrede ent-<lb/>
halten i&#x017F;t, weit vorziehe. Es heißt:</p>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Der &#x017F;inn-<lb/>
&#x201E;reiche Verfa&#x017F;&#x017F;er von den <hi rendition="#aq">Lettres germaniques</hi><lb/>
&#x201E;fordert, daß man ihm nur einen Scho&#x0364;pfer un-<lb/>
&#x201E;ter den deut&#x017F;chen Dichtern zeigen &#x017F;olle: Und<lb/>
&#x201E;er kan gewiß &#x017F;eyn, daß &#x017F;eine Forderung nicht<lb/>
&#x201E;werde erfu&#x0364;llet werden, da er &#x017F;ie an einen Sol-<lb/>
&#x201E;daten richtet, de&#x017F;&#x017F;en Unwi&#x017F;&#x017F;enheit er kennet.&#x201E;</quote>
        </cit><lb/>
        <p>Wu&#x0364;rde er &#x017F;eine Forderung an einen Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Poeten, deren Anzahl bald &#x017F;o groß i&#x017F;t, als der Flie-<lb/>
gen in den &#x017F;chwu&#x0364;hlen Sommertagen, gerichtet<lb/>
haben, &#x017F;o wu&#x0364;rde ihm ein jeder in &#x017F;einer eigenen<lb/>
Per&#x017F;on einen Scho&#x0364;pfer haben zeigen ko&#x0364;nnen; nur<lb/>
mit dem Unter&#x017F;chiede, daß die&#x017F;elbigen bey ihrer<lb/>
Scho&#x0364;pfungs-Arbeit mehr die Ha&#x0364;nde, als den<lb/>
Kopf abmatten. Damit ich aber meinen Le&#x017F;ern<lb/>
auch ein Mu&#x017F;ter von der ge&#x017F;chickten Jronie, die<lb/>
in die&#x017F;em Schreiben herr&#x017F;chet, vor Augen lege;<lb/>
&#x017F;o will ich die Stelle, die &#x017F;ich auf die auswa&#x0364;rti-<lb/>
gen Le&#x017F;er beziehet, und Bl. 26. zu finden i&#x017F;t, her-<lb/>
&#x017F;ezen:</p>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Sie verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich vielleicht auf den Bey-<lb/>
&#x201E;fall der Auswa&#x0364;rtigen. Jch weis wohl, daß<lb/>
&#x201E;der Leipziger Witz und die Leipziger Lerchen an-<lb/>
&#x201E;derwa&#x0364;rts am mei&#x017F;ten gelten. Allein, glauben<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201E;&#x017F;ie</fw><lb/></quote>
        </cit>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0151] von gelehrten Schriften. Menge Leſer von verderbtem Geſchmack giebt, die an froſtigen Witzſpielen und ſeichten Schriften ih- re Beluſtigung ſuchen, und deren Anzahl den Hrn. Breitkopf gewiß ſchadlos halten wird. Jch fin- de in dieſem Schreiben auf der 27ſten Seite eine Stelle, wo der Verfaſſer den liebloſen Franzo- ſen auf eine ſo geiſtreiche und buͤndige Art abwei- ſet und zum Geſpoͤtte machet, daß ich ſie der weit- laͤuftigen Schutzſchrift, die in der Vorrede ent- halten iſt, weit vorziehe. Es heißt: „Der ſinn- „reiche Verfaſſer von den Lettres germaniques „fordert, daß man ihm nur einen Schoͤpfer un- „ter den deutſchen Dichtern zeigen ſolle: Und „er kan gewiß ſeyn, daß ſeine Forderung nicht „werde erfuͤllet werden, da er ſie an einen Sol- „daten richtet, deſſen Unwiſſenheit er kennet.„ Wuͤrde er ſeine Forderung an einen Saͤchſiſchen Poeten, deren Anzahl bald ſo groß iſt, als der Flie- gen in den ſchwuͤhlen Sommertagen, gerichtet haben, ſo wuͤrde ihm ein jeder in ſeiner eigenen Perſon einen Schoͤpfer haben zeigen koͤnnen; nur mit dem Unterſchiede, daß dieſelbigen bey ihrer Schoͤpfungs-Arbeit mehr die Haͤnde, als den Kopf abmatten. Damit ich aber meinen Leſern auch ein Muſter von der geſchickten Jronie, die in dieſem Schreiben herrſchet, vor Augen lege; ſo will ich die Stelle, die ſich auf die auswaͤrti- gen Leſer beziehet, und Bl. 26. zu finden iſt, her- ſezen: „Sie verlaſſen ſich vielleicht auf den Bey- „fall der Auswaͤrtigen. Jch weis wohl, daß „der Leipziger Witz und die Leipziger Lerchen an- „derwaͤrts am meiſten gelten. Allein, glauben „ſie K 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/151
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/151>, abgerufen am 21.11.2024.