[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.in Miltons verlohrnen Paradiese. unsrer Sprache, welche in dieser Zusammense-zung beybehalten wird. Daneben können sie sich auch durch ihren Nuzen schüzen. Wenn wir sie auch nur in Ansehen des Vortheils betrachten, den sie haben, die Rede ändernd, harmonisch, rund, zierlich zu machen. Der Begriff, den sie vorstel- lig machen, hat seinen trefflichen Werth. Eini- ge davon sind noch nicht in der deutschen Spra- che, ausgenommen mittelst der Umschreibung, also daß ihre nachdrückliche Kürze sie allen denen empfiehlt, welche nichts von Weitläuftigkeit und Geplauder halten. Ueber das Wort abgezogen muß ich absonderlich erwähnen, daß man das Wort allgemein dafür hat sezen wollen. Jch hatte in der Vorrede zu der Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie gesagt: Die Nei- gung zu philosophischen Wissenschaften und abge- zogenen Wahrheiten hätte die Deutschen so ver- nünftig und schliessend gemacht, daß sie zugleich matt geworden. Da hat man lieber schreiben wol- len, allgemeine Wahrheiten. Allein wer sieht nicht, daß dieses nicht das ist, was ich habe sa- gen wollen? Stygisch, Cerberisch, Satanisch, Chaotisch, Centaurmässig, sind auch dergleichen neue Wörter, welche man erlauben muß; so bald man die Grundwörter derselben erlaubt, die zwar ganz neu doch nichts anders sind, als eigene Nahmen der Personen und besondern Oerter, welche mit der Historie gelernet werden, daher sie niemanden unverständlich seyn können, als denen, welche in den historischen Wissenschaften unerfahren sind. Man H 5
in Miltons verlohrnen Paradieſe. unſrer Sprache, welche in dieſer Zuſammenſe-zung beybehalten wird. Daneben koͤnnen ſie ſich auch durch ihren Nuzen ſchuͤzen. Wenn wir ſie auch nur in Anſehen des Vortheils betrachten, den ſie haben, die Rede aͤndernd, harmoniſch, rund, zierlich zu machen. Der Begriff, den ſie vorſtel- lig machen, hat ſeinen trefflichen Werth. Eini- ge davon ſind noch nicht in der deutſchen Spra- che, ausgenommen mittelſt der Umſchreibung, alſo daß ihre nachdruͤckliche Kuͤrze ſie allen denen empfiehlt, welche nichts von Weitlaͤuftigkeit und Geplauder halten. Ueber das Wort abgezogen muß ich abſonderlich erwaͤhnen, daß man das Wort allgemein dafuͤr hat ſezen wollen. Jch hatte in der Vorrede zu der Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poeſie geſagt: Die Nei- gung zu philoſophiſchen Wiſſenſchaften und abge- zogenen Wahrheiten haͤtte die Deutſchen ſo ver- nuͤnftig und ſchlieſſend gemacht, daß ſie zugleich matt geworden. Da hat man lieber ſchreiben wol- len, allgemeine Wahrheiten. Allein wer ſieht nicht, daß dieſes nicht das iſt, was ich habe ſa- gen wollen? Stygiſch, Cerberiſch, Sataniſch, Chaotiſch, Centaurmaͤſſig, ſind auch dergleichen neue Woͤrter, welche man erlauben muß; ſo bald man die Grundwoͤrter derſelben erlaubt, die zwar ganz neu doch nichts anders ſind, als eigene Nahmen der Perſonen und beſondern Oerter, welche mit der Hiſtorie gelernet werden, daher ſie niemanden unverſtaͤndlich ſeyn koͤnnen, als denen, welche in den hiſtoriſchen Wiſſenſchaften unerfahren ſind. Man H 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0123" n="121"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in Miltons verlohrnen Paradieſe.</hi></fw><lb/> unſrer Sprache, welche in dieſer Zuſammenſe-<lb/> zung beybehalten wird. Daneben koͤnnen ſie ſich<lb/> auch durch ihren Nuzen ſchuͤzen. Wenn wir ſie<lb/> auch nur in Anſehen des Vortheils betrachten, den<lb/> ſie haben, die Rede aͤndernd, harmoniſch, rund,<lb/> zierlich zu machen. Der Begriff, den ſie vorſtel-<lb/> lig machen, hat ſeinen trefflichen Werth. Eini-<lb/> ge davon ſind noch nicht in der deutſchen Spra-<lb/> che, ausgenommen mittelſt der Umſchreibung,<lb/> alſo daß ihre nachdruͤckliche Kuͤrze ſie allen denen<lb/> empfiehlt, welche nichts von Weitlaͤuftigkeit und<lb/> Geplauder halten. Ueber das Wort <hi rendition="#fr">abgezogen</hi><lb/> muß ich abſonderlich erwaͤhnen, daß man das<lb/> Wort <hi rendition="#fr">allgemein</hi> dafuͤr hat ſezen wollen. Jch<lb/> hatte in der Vorrede zu der <hi rendition="#fr">Abhandlung von dem<lb/> Wunderbaren in der Poeſie</hi> geſagt: Die Nei-<lb/> gung zu philoſophiſchen Wiſſenſchaften und <hi rendition="#fr">abge-<lb/> zogenen</hi> Wahrheiten haͤtte die Deutſchen ſo ver-<lb/> nuͤnftig und ſchlieſſend gemacht, daß ſie zugleich<lb/> matt geworden. Da hat man lieber ſchreiben wol-<lb/> len, <hi rendition="#fr">allgemeine Wahrheiten.</hi> Allein wer ſieht<lb/> nicht, daß dieſes nicht das iſt, was ich habe ſa-<lb/> gen wollen? <hi rendition="#fr">Stygiſch, Cerberiſch, Sataniſch,<lb/> Chaotiſch, Centaurmaͤſſig,</hi> ſind auch dergleichen<lb/> neue Woͤrter, welche man erlauben muß; ſo bald<lb/> man die Grundwoͤrter derſelben erlaubt, die zwar<lb/> ganz neu doch nichts anders ſind, als eigene Nahmen<lb/> der Perſonen und beſondern Oerter, welche mit der<lb/> Hiſtorie gelernet werden, daher ſie niemanden<lb/> unverſtaͤndlich ſeyn koͤnnen, als denen, welche in<lb/> den hiſtoriſchen Wiſſenſchaften unerfahren ſind.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">H 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [121/0123]
in Miltons verlohrnen Paradieſe.
unſrer Sprache, welche in dieſer Zuſammenſe-
zung beybehalten wird. Daneben koͤnnen ſie ſich
auch durch ihren Nuzen ſchuͤzen. Wenn wir ſie
auch nur in Anſehen des Vortheils betrachten, den
ſie haben, die Rede aͤndernd, harmoniſch, rund,
zierlich zu machen. Der Begriff, den ſie vorſtel-
lig machen, hat ſeinen trefflichen Werth. Eini-
ge davon ſind noch nicht in der deutſchen Spra-
che, ausgenommen mittelſt der Umſchreibung,
alſo daß ihre nachdruͤckliche Kuͤrze ſie allen denen
empfiehlt, welche nichts von Weitlaͤuftigkeit und
Geplauder halten. Ueber das Wort abgezogen
muß ich abſonderlich erwaͤhnen, daß man das
Wort allgemein dafuͤr hat ſezen wollen. Jch
hatte in der Vorrede zu der Abhandlung von dem
Wunderbaren in der Poeſie geſagt: Die Nei-
gung zu philoſophiſchen Wiſſenſchaften und abge-
zogenen Wahrheiten haͤtte die Deutſchen ſo ver-
nuͤnftig und ſchlieſſend gemacht, daß ſie zugleich
matt geworden. Da hat man lieber ſchreiben wol-
len, allgemeine Wahrheiten. Allein wer ſieht
nicht, daß dieſes nicht das iſt, was ich habe ſa-
gen wollen? Stygiſch, Cerberiſch, Sataniſch,
Chaotiſch, Centaurmaͤſſig, ſind auch dergleichen
neue Woͤrter, welche man erlauben muß; ſo bald
man die Grundwoͤrter derſelben erlaubt, die zwar
ganz neu doch nichts anders ſind, als eigene Nahmen
der Perſonen und beſondern Oerter, welche mit der
Hiſtorie gelernet werden, daher ſie niemanden
unverſtaͤndlich ſeyn koͤnnen, als denen, welche in
den hiſtoriſchen Wiſſenſchaften unerfahren ſind.
Man
H 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |