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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

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Stücke der Schutzvorrede
Jugend aufgesetzet, und als ein unvollkom-
mener Versuch
angegeben worden. Wich-


tige
liefern,
Die zum Zeitvertreib für die Jugend aufgesetzet)
Es fährt der Vorredner in der angefangenen Figur
fort; und man muß dieses nicht im Ernst aufnehmen.
Hr. D. Tr-ll-r weiß viel zu wohl, was für Behutsam-
keit in dem Umgange mit der Jugend erfodert wird,
und daß es nicht gleichgültig ist, woran man ihren
Geschmack gewöhne: Nach dem bekannten
Quo semel est imbuta recens servabit odorem
Testa diu. - - - - - -
Als ein unvollkommener Versuch angegeben wor-
den
) Sein eigenes Bekenntniß in seiner Untersu-
chung von der Natur der Fabel
Bl. 559. ist hierüber
gar deutlich: "Diese Fabeln werden hiermit dem ge-
"neigten Leser, als ein Anhang, dargereicht, zwar
"nicht in der Meinung, daß sie etwas vollkomme-
"nes seyn sollten."
Und etwas ferner: "Jch muß
"selbst bekennen, dnß einige schon längst vrrfertigte
"die strengsten Prüffungen nicht aushalten dürften."

Wiewohl er anbey versichert, daß er sich äusserst habe
angelegen seyn lassen, mit Wissen und Willen nicht
wider die schweren Regeln der Fabel zu verstossen. So
groß aber die Bescheidenheit Hrn. D. Tr-ll-rs ist,
kan ich gleichwohl das unhöfliche Zeugniß des Vor-
redners zu dem zweyten Theile der Tr-ll-rischen Ge-
dichte darum nicht gutheissen, z. Ex. wenn er unter
anderm von eben dieser Haupt-Tugend unsers grossen
Dichters meldet, "Er suche seinen unverdienterlang-
"ten Ruhm
mehr mit Bescheidenheit zu verbergen,
"als mit frechem Hochmuth auszubreiten."
Heißt
dieses nicht seinen Helden dem Gespötte der Feinde
preiß geben, und ihnen die Waffen selbst in die Hände

Stuͤcke der Schutzvorrede
Jugend aufgeſetzet, und als ein unvollkom-
mener Verſuch
angegeben worden. Wich-


tige
liefern,
Die zum Zeitvertreib fuͤr die Jugend aufgeſetzet)
Es faͤhrt der Vorredner in der angefangenen Figur
fort; und man muß dieſes nicht im Ernſt aufnehmen.
Hr. D. Tr-ll-r weiß viel zu wohl, was fuͤr Behutſam-
keit in dem Umgange mit der Jugend erfodert wird,
und daß es nicht gleichguͤltig iſt, woran man ihren
Geſchmack gewoͤhne: Nach dem bekannten
Quo ſemel eſt imbuta recens ſervabit odorem
Teſta diu. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
Als ein unvollkommener Verſuch angegeben wor-
den
) Sein eigenes Bekenntniß in ſeiner Unterſu-
chung von der Natur der Fabel
Bl. 559. iſt hieruͤber
gar deutlich: „Dieſe Fabeln werden hiermit dem ge-
„neigten Leſer, als ein Anhang, dargereicht, zwar
„nicht in der Meinung, daß ſie etwas vollkomme-
„nes ſeyn ſollten.„
Und etwas ferner: „Jch muß
„ſelbſt bekennen, dnß einige ſchon laͤngſt vrrfertigte
„die ſtrengſten Pruͤffungen nicht aushalten duͤrften.„

Wiewohl er anbey verſichert, daß er ſich aͤuſſerſt habe
angelegen ſeyn laſſen, mit Wiſſen und Willen nicht
wider die ſchweren Regeln der Fabel zu verſtoſſen. So
groß aber die Beſcheidenheit Hrn. D. Tr-ll-rs iſt,
kan ich gleichwohl das unhoͤfliche Zeugniß des Vor-
redners zu dem zweyten Theile der Tr-ll-riſchen Ge-
dichte darum nicht gutheiſſen, z. Ex. wenn er unter
anderm von eben dieſer Haupt-Tugend unſers groſſen
Dichters meldet, „Er ſuche ſeinen unverdienterlang-
„ten Ruhm
mehr mit Beſcheidenheit zu verbergen,
„als mit frechem Hochmuth auszubreiten.„
Heißt
dieſes nicht ſeinen Helden dem Geſpoͤtte der Feinde
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[30/0032] Stuͤcke der Schutzvorrede Jugend aufgeſetzet, und als ein unvollkom- mener Verſuch angegeben worden. Wich- tige liefern, Die zum Zeitvertreib fuͤr die Jugend aufgeſetzet) Es faͤhrt der Vorredner in der angefangenen Figur fort; und man muß dieſes nicht im Ernſt aufnehmen. Hr. D. Tr-ll-r weiß viel zu wohl, was fuͤr Behutſam- keit in dem Umgange mit der Jugend erfodert wird, und daß es nicht gleichguͤltig iſt, woran man ihren Geſchmack gewoͤhne: Nach dem bekannten Quo ſemel eſt imbuta recens ſervabit odorem Teſta diu. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Als ein unvollkommener Verſuch angegeben wor- den) Sein eigenes Bekenntniß in ſeiner Unterſu- chung von der Natur der Fabel Bl. 559. iſt hieruͤber gar deutlich: „Dieſe Fabeln werden hiermit dem ge- „neigten Leſer, als ein Anhang, dargereicht, zwar „nicht in der Meinung, daß ſie etwas vollkomme- „nes ſeyn ſollten.„ Und etwas ferner: „Jch muß „ſelbſt bekennen, dnß einige ſchon laͤngſt vrrfertigte „die ſtrengſten Pruͤffungen nicht aushalten duͤrften.„ Wiewohl er anbey verſichert, daß er ſich aͤuſſerſt habe angelegen ſeyn laſſen, mit Wiſſen und Willen nicht wider die ſchweren Regeln der Fabel zu verſtoſſen. So groß aber die Beſcheidenheit Hrn. D. Tr-ll-rs iſt, kan ich gleichwohl das unhoͤfliche Zeugniß des Vor- redners zu dem zweyten Theile der Tr-ll-riſchen Ge- dichte darum nicht gutheiſſen, z. Ex. wenn er unter anderm von eben dieſer Haupt-Tugend unſers groſſen Dichters meldet, „Er ſuche ſeinen unverdienterlang- „ten Ruhm mehr mit Beſcheidenheit zu verbergen, „als mit frechem Hochmuth auszubreiten.„ Heißt dieſes nicht ſeinen Helden dem Geſpoͤtte der Feinde preiß geben, und ihnen die Waffen ſelbſt in die Haͤnde

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/32>, abgerufen am 22.11.2024.