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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Das Kriegsrecht.
lichkeit kriegsrechtlich, in besonders schweren Fällen sogar mit dem Tode
bestraft werden.

Am. 101. Hieher können z. B. das Abfangen der Kriegsposten durch unbe-
rufene Personen und das Verbreiten falscher Nachrichten gerechnet werden. Die
Kriegsführung muß sich solcher feindlichen und nicht gerechtfertigten Schädigung er-
wehren und darf deßhalb im Nothfall eine abschreckende Strenge eintreten lassen.

641.

Bewaffnete Räuber oder andere Missethäter, welche auf eigene Faust
morden, verwunden, rauben, plündern, brennen, Brücken und Canäle zer-
stören, Eisenbahnschienen aufreißen, Telegraphendrähte abschneiden, um den
Truppen Schaden zuzufügen oder unter dem Schein der Kriegsführung
ihren Leidenschaften zu fröhnen, können, wenn sie in die Gewalt der
Truppen fallen, kriegsrechtlich, in schweren Fällen mit dem Tode bestraft
werden.

Am. 84. Hier concurrirt wieder sehr oft, aber nicht immer, ein gemeines
Verbrechen
mit einer kriegsrechtlich strafbaren That. Werden die Ein-
wohner eines Ortes zu gemeinsamer Abwehr des Feindes von der militärischen Ge-
walt aufgefordert und verüben sie in Folge dessen Thaten der Gewalt, so ist das
kriegerische Action. Aber nicht als solche gilt es, wenn etwa die Einwohner die bei
ihnen einquartierten Soldaten im Schlafe überfallen und binden oder tödten, oder
wenn Parteigänger unter dem Scheine der autorisirten Truppen Erpressungen üben
oder wenn fanatisirte Weiber auf die einrückenden Feinde heißes Wasser ausgießen.
Auch wenn solche Thaten vielleicht nicht aus einer verbrecherischen, sondern einer
patriotischen Gesinnung verübt werden, so sind sie ihrer Verderblichkeit wegen
dennoch und weil sie außerhalb der geordneten Kriegsführung gesche-
hen, kriegsrechtlich zu bestrafen.

642.

Ebenso unterliegen der kriegsrechtlichen Bestrafung bis zur Todes-
strafe die Marodeurs, welche den Truppen nachschleichen und auf uner-
laubte Beute ausgehen.

Den Truppen folgt im Kriege ein Schwarm frechen und diebischen Gesindels
nach, welches sich auf die Schlachtfelder stürzt, wie die Raben und unleidlichen
Unfug treibt. Diese Marodeurs bestehlen die Leichen, morden auch wohl Ver-
wundete, um sie zu berauben. Um sie zu verscheuchen und zu bändigen, hilft nur

Das Kriegsrecht.
lichkeit kriegsrechtlich, in beſonders ſchweren Fällen ſogar mit dem Tode
beſtraft werden.

Am. 101. Hieher können z. B. das Abfangen der Kriegspoſten durch unbe-
rufene Perſonen und das Verbreiten falſcher Nachrichten gerechnet werden. Die
Kriegsführung muß ſich ſolcher feindlichen und nicht gerechtfertigten Schädigung er-
wehren und darf deßhalb im Nothfall eine abſchreckende Strenge eintreten laſſen.

641.

Bewaffnete Räuber oder andere Miſſethäter, welche auf eigene Fauſt
morden, verwunden, rauben, plündern, brennen, Brücken und Canäle zer-
ſtören, Eiſenbahnſchienen aufreißen, Telegraphendrähte abſchneiden, um den
Truppen Schaden zuzufügen oder unter dem Schein der Kriegsführung
ihren Leidenſchaften zu fröhnen, können, wenn ſie in die Gewalt der
Truppen fallen, kriegsrechtlich, in ſchweren Fällen mit dem Tode beſtraft
werden.

Am. 84. Hier concurrirt wieder ſehr oft, aber nicht immer, ein gemeines
Verbrechen
mit einer kriegsrechtlich ſtrafbaren That. Werden die Ein-
wohner eines Ortes zu gemeinſamer Abwehr des Feindes von der militäriſchen Ge-
walt aufgefordert und verüben ſie in Folge deſſen Thaten der Gewalt, ſo iſt das
kriegeriſche Action. Aber nicht als ſolche gilt es, wenn etwa die Einwohner die bei
ihnen einquartierten Soldaten im Schlafe überfallen und binden oder tödten, oder
wenn Parteigänger unter dem Scheine der autoriſirten Truppen Erpreſſungen üben
oder wenn fanatiſirte Weiber auf die einrückenden Feinde heißes Waſſer ausgießen.
Auch wenn ſolche Thaten vielleicht nicht aus einer verbrecheriſchen, ſondern einer
patriotiſchen Geſinnung verübt werden, ſo ſind ſie ihrer Verderblichkeit wegen
dennoch und weil ſie außerhalb der geordneten Kriegsführung geſche-
hen, kriegsrechtlich zu beſtrafen.

642.

Ebenſo unterliegen der kriegsrechtlichen Beſtrafung bis zur Todes-
ſtrafe die Marodeurs, welche den Truppen nachſchleichen und auf uner-
laubte Beute ausgehen.

Den Truppen folgt im Kriege ein Schwarm frechen und diebiſchen Geſindels
nach, welches ſich auf die Schlachtfelder ſtürzt, wie die Raben und unleidlichen
Unfug treibt. Dieſe Marodeurs beſtehlen die Leichen, morden auch wohl Ver-
wundete, um ſie zu berauben. Um ſie zu verſcheuchen und zu bändigen, hilft nur

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[347/0369] Das Kriegsrecht. lichkeit kriegsrechtlich, in beſonders ſchweren Fällen ſogar mit dem Tode beſtraft werden. Am. 101. Hieher können z. B. das Abfangen der Kriegspoſten durch unbe- rufene Perſonen und das Verbreiten falſcher Nachrichten gerechnet werden. Die Kriegsführung muß ſich ſolcher feindlichen und nicht gerechtfertigten Schädigung er- wehren und darf deßhalb im Nothfall eine abſchreckende Strenge eintreten laſſen. 641. Bewaffnete Räuber oder andere Miſſethäter, welche auf eigene Fauſt morden, verwunden, rauben, plündern, brennen, Brücken und Canäle zer- ſtören, Eiſenbahnſchienen aufreißen, Telegraphendrähte abſchneiden, um den Truppen Schaden zuzufügen oder unter dem Schein der Kriegsführung ihren Leidenſchaften zu fröhnen, können, wenn ſie in die Gewalt der Truppen fallen, kriegsrechtlich, in ſchweren Fällen mit dem Tode beſtraft werden. Am. 84. Hier concurrirt wieder ſehr oft, aber nicht immer, ein gemeines Verbrechen mit einer kriegsrechtlich ſtrafbaren That. Werden die Ein- wohner eines Ortes zu gemeinſamer Abwehr des Feindes von der militäriſchen Ge- walt aufgefordert und verüben ſie in Folge deſſen Thaten der Gewalt, ſo iſt das kriegeriſche Action. Aber nicht als ſolche gilt es, wenn etwa die Einwohner die bei ihnen einquartierten Soldaten im Schlafe überfallen und binden oder tödten, oder wenn Parteigänger unter dem Scheine der autoriſirten Truppen Erpreſſungen üben oder wenn fanatiſirte Weiber auf die einrückenden Feinde heißes Waſſer ausgießen. Auch wenn ſolche Thaten vielleicht nicht aus einer verbrecheriſchen, ſondern einer patriotiſchen Geſinnung verübt werden, ſo ſind ſie ihrer Verderblichkeit wegen dennoch und weil ſie außerhalb der geordneten Kriegsführung geſche- hen, kriegsrechtlich zu beſtrafen. 642. Ebenſo unterliegen der kriegsrechtlichen Beſtrafung bis zur Todes- ſtrafe die Marodeurs, welche den Truppen nachſchleichen und auf uner- laubte Beute ausgehen. Den Truppen folgt im Kriege ein Schwarm frechen und diebiſchen Geſindels nach, welches ſich auf die Schlachtfelder ſtürzt, wie die Raben und unleidlichen Unfug treibt. Dieſe Marodeurs beſtehlen die Leichen, morden auch wohl Ver- wundete, um ſie zu berauben. Um ſie zu verſcheuchen und zu bändigen, hilft nur

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/369>, abgerufen am 23.11.2024.