Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.Verletzungen des Völkerrechts und Verfahren zur Herstellung desselben. Beurtheilung oder in seine Unparteilichkeit untergräbt. Der Vergleichsvorschlag gehörtdem Minneverfahren an, nicht dem Rechtsverfahren, für welches hauptsächlich das Schiedsgericht ernannt ist. Aber es kann dieses entbehrlich machen. 493. Der Spruch der Mehrheit gilt als Spruch des ganzen Schieds- Bildet sich keine Mehrheit, sei es weil es an einem Obmann fehlt, dessen 494. Der Spruch des Schiedsgerichts wirkt für die Parteien, wie ein Es wird angenommen, daß die Parteien, welche die Entscheidung ihres Streits 495. Der Spruch des Schiedsgerichts kann von einer Partei als ungül- a) wenn und soweit das Schiedsgericht dabei seine Vollmachten überschritten hat, b) wegen unredlichen Verfahrens der Schiedsrichter, c) wenn das Schiedsgericht den Parteien das Gehör verweigert oder sonst die Fundamentalgrundsätze alles Rechtsverfahrens offenbar verletzt hat, d) wenn der Inhalt des Spruchs mit den Geboten des Völker- und Menschenrechts unverträglich ist. 18*
Verletzungen des Völkerrechts und Verfahren zur Herſtellung desſelben. Beurtheilung oder in ſeine Unparteilichkeit untergräbt. Der Vergleichsvorſchlag gehörtdem Minneverfahren an, nicht dem Rechtsverfahren, für welches hauptſächlich das Schiedsgericht ernannt iſt. Aber es kann dieſes entbehrlich machen. 493. Der Spruch der Mehrheit gilt als Spruch des ganzen Schieds- Bildet ſich keine Mehrheit, ſei es weil es an einem Obmann fehlt, deſſen 494. Der Spruch des Schiedsgerichts wirkt für die Parteien, wie ein Es wird angenommen, daß die Parteien, welche die Entſcheidung ihres Streits 495. Der Spruch des Schiedsgerichts kann von einer Partei als ungül- a) wenn und ſoweit das Schiedsgericht dabei ſeine Vollmachten überſchritten hat, b) wegen unredlichen Verfahrens der Schiedsrichter, c) wenn das Schiedsgericht den Parteien das Gehör verweigert oder ſonſt die Fundamentalgrundſätze alles Rechtsverfahrens offenbar verletzt hat, d) wenn der Inhalt des Spruchs mit den Geboten des Völker- und Menſchenrechts unverträglich iſt. 18*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0297" n="275"/><fw place="top" type="header">Verletzungen des Völkerrechts und Verfahren zur Herſtellung desſelben.</fw><lb/> Beurtheilung oder in ſeine Unparteilichkeit untergräbt. Der Vergleichsvorſchlag gehört<lb/> dem <hi rendition="#g">Minneverfahren</hi> an, nicht dem Rechtsverfahren, für welches hauptſächlich<lb/> das Schiedsgericht ernannt iſt. Aber es kann dieſes entbehrlich machen.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>493.</head><lb/> <p>Der Spruch der Mehrheit gilt als Spruch des ganzen Schieds-<lb/> gerichts.</p><lb/> <p>Bildet ſich keine Mehrheit, ſei es weil es an einem Obmann fehlt, deſſen<lb/> Beitritt zu einer der beiden Meinungen der in gleicher Zahl geſpaltenen Schieds-<lb/> richter den Ausſchlag gibt, oder der für ſeine eigenthümliche Meinung die Zuſtim-<lb/> mung der einen Hälfte der Schiedsrichter gewinnt, ſei es weil die individuellen<lb/> Meinungen aus einander gehen und die Schiedsrichter jeder auf ſeiner Minderheits-<lb/> meinung verharrt, und wird nicht etwa dadurch geholfen, daß die Meinung des<lb/> Obmanns für ſich allein entſcheide, ſo fehlt es an einem gültigen Rechtsſpruch und<lb/> das ſchiedsrichterliche Verfahren iſt erfolglos geblieben.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>494.</head><lb/> <p>Der Spruch des Schiedsgerichts wirkt für die Parteien, wie ein<lb/> Vergleich.</p><lb/> <p>Es wird angenommen, daß die Parteien, welche die Entſcheidung ihres Streits<lb/> vertragsmäßig einem Schiedsgericht anvertraut haben, damit auch ihr <hi rendition="#g">eventuelles<lb/> Einverſtändniß</hi> mit dem Spruch des Schiedsgerichts erklärt haben. In vielen<lb/> Fällen wird daher aus dem Spruch ein <hi rendition="#g">Vertragsrecht</hi> unter den Parteien ent-<lb/> ſtehn; in andern, wenn etwa einer Partei ein behauptetes Recht einfach abgeſpro-<lb/> chen worden iſt, wird das wirken, wie ein <hi rendition="#g">Verzicht</hi> derſelben.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>495.</head><lb/> <p>Der Spruch des Schiedsgerichts kann von einer Partei als ungül-<lb/> tig angefochten werden:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a)</hi> wenn und ſoweit das Schiedsgericht dabei ſeine Vollmachten<lb/> überſchritten hat,</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b)</hi> wegen unredlichen Verfahrens der Schiedsrichter,</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c)</hi> wenn das Schiedsgericht den Parteien das Gehör verweigert oder<lb/> ſonſt die Fundamentalgrundſätze alles Rechtsverfahrens offenbar<lb/> verletzt hat,</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d)</hi> wenn der Inhalt des Spruchs mit den Geboten des Völker-<lb/> und Menſchenrechts unverträglich iſt.</item> </list><lb/> <fw place="bottom" type="sig">18*</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [275/0297]
Verletzungen des Völkerrechts und Verfahren zur Herſtellung desſelben.
Beurtheilung oder in ſeine Unparteilichkeit untergräbt. Der Vergleichsvorſchlag gehört
dem Minneverfahren an, nicht dem Rechtsverfahren, für welches hauptſächlich
das Schiedsgericht ernannt iſt. Aber es kann dieſes entbehrlich machen.
493.
Der Spruch der Mehrheit gilt als Spruch des ganzen Schieds-
gerichts.
Bildet ſich keine Mehrheit, ſei es weil es an einem Obmann fehlt, deſſen
Beitritt zu einer der beiden Meinungen der in gleicher Zahl geſpaltenen Schieds-
richter den Ausſchlag gibt, oder der für ſeine eigenthümliche Meinung die Zuſtim-
mung der einen Hälfte der Schiedsrichter gewinnt, ſei es weil die individuellen
Meinungen aus einander gehen und die Schiedsrichter jeder auf ſeiner Minderheits-
meinung verharrt, und wird nicht etwa dadurch geholfen, daß die Meinung des
Obmanns für ſich allein entſcheide, ſo fehlt es an einem gültigen Rechtsſpruch und
das ſchiedsrichterliche Verfahren iſt erfolglos geblieben.
494.
Der Spruch des Schiedsgerichts wirkt für die Parteien, wie ein
Vergleich.
Es wird angenommen, daß die Parteien, welche die Entſcheidung ihres Streits
vertragsmäßig einem Schiedsgericht anvertraut haben, damit auch ihr eventuelles
Einverſtändniß mit dem Spruch des Schiedsgerichts erklärt haben. In vielen
Fällen wird daher aus dem Spruch ein Vertragsrecht unter den Parteien ent-
ſtehn; in andern, wenn etwa einer Partei ein behauptetes Recht einfach abgeſpro-
chen worden iſt, wird das wirken, wie ein Verzicht derſelben.
495.
Der Spruch des Schiedsgerichts kann von einer Partei als ungül-
tig angefochten werden:
a) wenn und ſoweit das Schiedsgericht dabei ſeine Vollmachten
überſchritten hat,
b) wegen unredlichen Verfahrens der Schiedsrichter,
c) wenn das Schiedsgericht den Parteien das Gehör verweigert oder
ſonſt die Fundamentalgrundſätze alles Rechtsverfahrens offenbar
verletzt hat,
d) wenn der Inhalt des Spruchs mit den Geboten des Völker-
und Menſchenrechts unverträglich iſt.
18*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |