Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.Viertes Buch. den Kriegsschiff der Einlauf in das Eigengewässer erlaubt worden ist,ebenso wie die Privilegien fremder Souveräne im Inland die freiwillige Auf- nahme derselben voraussetzen. Diese Befreiung von der Ortsgerichtsbarkeit und Ortspolizei bezieht sich aber nur auf die Ordnung im Schiff und findet wieder ihre natürliche Grenze, wenn etwa von dem Schiffe aus rechts- oder ordnungswidrige Handlungen gegen die übrigen Schiffe oder die einheimische Bevölkerung verübt würden. In diesem Falle ist die Ortsbehörde vollkommen berechtigt, die zum Schutze des Hafens nöthigen Maßregeln zu ergreifen, nöthigenfalls auch das fremde Kriegs- schiff aus dem Hafen wegzuweisen. Ebenso wenn die Mannschaft des Kriegsschiffs auf dem Lande Vergehen verübt, kann dieselbe der einheimischen Gerichtsgewalt unterworfen werden. Indessen ist in solchen Fällen dem Commandanten des fremden Kriegsschiffs ohne Verzug Anzeige zu machen und ein Einverständniß über die wei- tere Verfolgung und Bestrafung der Schuldigen, sei es durch die Ortsgerichte, sei es durch die Justiz des fremden Kriegsschiffs zu versuchen. Die strenge Consequenz des Rechts spricht für die Anwendung der Landesgerichtsbarkeit, aber die Rück- sicht auf die Völkersitte und die freundlichen Beziehungen zu den auswärtigen Staten empfiehlt öfter eine Ausdehnung der fremden Marinegerichtsbarkeit. 322. Schiffe, welche bloß durch den Küstensaum eines fremden States Vgl. oben § 302. 310. Die Gerichtsbarkeit des Küstenstats er- 323. Die fremden Schiffe haben sich der Hafenordnung und insbesondere Bei diesen Verordnungen sind jedoch die verschiedenen seefahrenden Der erste Satz ist eine Folge des in § 319 ausgesprochenen Princips. Viertes Buch. den Kriegsſchiff der Einlauf in das Eigengewäſſer erlaubt worden iſt,ebenſo wie die Privilegien fremder Souveräne im Inland die freiwillige Auf- nahme derſelben vorausſetzen. Dieſe Befreiung von der Ortsgerichtsbarkeit und Ortspolizei bezieht ſich aber nur auf die Ordnung im Schiff und findet wieder ihre natürliche Grenze, wenn etwa von dem Schiffe aus rechts- oder ordnungswidrige Handlungen gegen die übrigen Schiffe oder die einheimiſche Bevölkerung verübt würden. In dieſem Falle iſt die Ortsbehörde vollkommen berechtigt, die zum Schutze des Hafens nöthigen Maßregeln zu ergreifen, nöthigenfalls auch das fremde Kriegs- ſchiff aus dem Hafen wegzuweiſen. Ebenſo wenn die Mannſchaft des Kriegsſchiffs auf dem Lande Vergehen verübt, kann dieſelbe der einheimiſchen Gerichtsgewalt unterworfen werden. Indeſſen iſt in ſolchen Fällen dem Commandanten des fremden Kriegsſchiffs ohne Verzug Anzeige zu machen und ein Einverſtändniß über die wei- tere Verfolgung und Beſtrafung der Schuldigen, ſei es durch die Ortsgerichte, ſei es durch die Juſtiz des fremden Kriegsſchiffs zu verſuchen. Die ſtrenge Conſequenz des Rechts ſpricht für die Anwendung der Landesgerichtsbarkeit, aber die Rück- ſicht auf die Völkerſitte und die freundlichen Beziehungen zu den auswärtigen Staten empfiehlt öfter eine Ausdehnung der fremden Marinegerichtsbarkeit. 322. Schiffe, welche bloß durch den Küſtenſaum eines fremden States Vgl. oben § 302. 310. Die Gerichtsbarkeit des Küſtenſtats er- 323. Die fremden Schiffe haben ſich der Hafenordnung und insbeſondere Bei dieſen Verordnungen ſind jedoch die verſchiedenen ſeefahrenden Der erſte Satz iſt eine Folge des in § 319 ausgeſprochenen Princips. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0210" n="188"/><fw place="top" type="header">Viertes Buch.</fw><lb/> den Kriegsſchiff der <hi rendition="#g">Einlauf in das Eigengewäſſer erlaubt</hi> worden iſt,<lb/> ebenſo wie die Privilegien fremder Souveräne im Inland die <hi rendition="#g">freiwillige Auf-<lb/> nahme</hi> derſelben vorausſetzen. Dieſe Befreiung von der Ortsgerichtsbarkeit und<lb/> Ortspolizei bezieht ſich aber nur auf die Ordnung im Schiff und findet wieder ihre<lb/> natürliche Grenze, wenn etwa von dem Schiffe aus rechts- oder ordnungswidrige<lb/> Handlungen gegen die übrigen Schiffe oder die einheimiſche Bevölkerung verübt<lb/> würden. 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Viertes Buch.
den Kriegsſchiff der Einlauf in das Eigengewäſſer erlaubt worden iſt,
ebenſo wie die Privilegien fremder Souveräne im Inland die freiwillige Auf-
nahme derſelben vorausſetzen. Dieſe Befreiung von der Ortsgerichtsbarkeit und
Ortspolizei bezieht ſich aber nur auf die Ordnung im Schiff und findet wieder ihre
natürliche Grenze, wenn etwa von dem Schiffe aus rechts- oder ordnungswidrige
Handlungen gegen die übrigen Schiffe oder die einheimiſche Bevölkerung verübt
würden. In dieſem Falle iſt die Ortsbehörde vollkommen berechtigt, die zum Schutze
des Hafens nöthigen Maßregeln zu ergreifen, nöthigenfalls auch das fremde Kriegs-
ſchiff aus dem Hafen wegzuweiſen. Ebenſo wenn die Mannſchaft des Kriegsſchiffs
auf dem Lande Vergehen verübt, kann dieſelbe der einheimiſchen Gerichtsgewalt
unterworfen werden. Indeſſen iſt in ſolchen Fällen dem Commandanten des fremden
Kriegsſchiffs ohne Verzug Anzeige zu machen und ein Einverſtändniß über die wei-
tere Verfolgung und Beſtrafung der Schuldigen, ſei es durch die Ortsgerichte, ſei es
durch die Juſtiz des fremden Kriegsſchiffs zu verſuchen. Die ſtrenge Conſequenz des
Rechts ſpricht für die Anwendung der Landesgerichtsbarkeit, aber die Rück-
ſicht auf die Völkerſitte und die freundlichen Beziehungen zu den auswärtigen Staten
empfiehlt öfter eine Ausdehnung der fremden Marinegerichtsbarkeit.
322.
Schiffe, welche bloß durch den Küſtenſaum eines fremden States
hindurch fahren, werden der Statshoheit des Küſtenſtates nur in ſo weit
vorübergehend unterworfen, als ſie die militäriſchen und policeilichen Ord-
nungen beachten müſſen, welche derſelbe zum Schutz ſeines Gebietes und
der Küſtenbewohner für nöthig erklärt hat.
Vgl. oben § 302. 310. Die Gerichtsbarkeit des Küſtenſtats er-
ſtreckt ſich in der Regel nicht anders auf dieſen Küſtenſaum, als ſoweit die Hand-
habung der Militär- und Policeihoheit das nöthig macht. In allen übri-
gen Beziehungen wird das Schiff betrachtet, als wäre es auf offener See, d. h. als
ein ſchwimmender Theil ſeines nationalen Stats.
323.
Die fremden Schiffe haben ſich der Hafenordnung und insbeſondere
den ſeepoliceilichen Vorſchriften über Lootſen, Remorqueurs, und den geſund-
heitspoliceilichen Anordnungen der Hafenobrigkeit zu fügen.
Bei dieſen Verordnungen ſind jedoch die verſchiedenen ſeefahrenden
Nationen nach denſelben Rechtsgrundſätzen zu behandeln.
Der erſte Satz iſt eine Folge des in § 319 ausgeſprochenen Princips.
Dahin gehören die Vorſchriften über die Signale der Annäherung, über
das Anlegen der Schiffe, Feſtmachen derſelben, Feuer an Bord, die La-
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