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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Sechstes Buch. Die Statsformen.
gisch zu sorgen. Das specifisch-römische Imperium ist es
vorzüglich, was diesz Königthum vor jenen andern Institutio-
nen so sehr auszeichnet.

Die äuszere Erscheinung des Königs ist nicht minder
voll Glanz und Ehre, als die der andern, aber in ihr schon
offenbart sich ihre gröszere Macht. Die Ruthenbündel und
Beile, welche die zwölf Lictoren ihnen vortragen, sind nicht
blosze Zeichen, sondern Werkzeuge der strengen Strafgewalt,
welche den Ungehorsam an Leib und Leben heimsucht. Das
römische Imperium und die Beile der Lictoren gehören im
Leben und in der Idee der Römer zusammen. 4

In Folge des höchsten Imperium, welches der König von
Rechtes wegen mit den Auspicien überliefert erhalten hat, ist
er voraus berechtigt, die erforderlichen Statsordnungen und
Rechtsgrundsätze festzustellen. Man darf nicht vergessen,
dasz der römische Stat von dem Könige gegründet worden
war, und dasz die Gewalt des ursprünglichen Gründers auf
dem Wege der Tradition auf dessen Nachfolger überging. Die
eigentlichen Gesetze bedurften freilich der Zustimmung des
Senats, und wohl auch -- sicher seit dem Könige Servius
Tullius, 5 des Geheiszes der Volksversammlung (populi jussu),
aber für diese war der Wille des Königs selbst unentbehrlich
und gewöhnlich auch maszgebend. Denn nur er konnte das
Gesetz in Antrag bringen, und gegen seinen Willen kein Vor-
schlag in Berathung oder zur Abstimmung kommen. 6 Auszer

4 Cicero pro Flacco. 8: Opifices et tabernarios atque illam omnem
faecem civitatum, quid est negotii concitare in eum praesertim qui nuper
summo cum imperio fuerit, summo autem amore esse propter nomen
ipsum imperii
non potuerit. Mirandum vero est homines eos, quibus odio
sunt nostrae secures etc. 34. "non imperium non secures." Vgl. Liv. XXIV. 9.
5 Tacit. Ann. III. 26.: "Praecipuus Servius Tullius sanctor legum
fuit, quis etiam reges obtemperarent." Pomp. L. 2. §. 1. de Orig. Jur.
schon von Romulus: "Leges curiatas ad populum tulit." Vgl. Liv. I. 8.
Dion. Hal. IV. 36.
6 Rubino a. a. O. S. 18 ff. hat das altrömische Statsrecht in vielen
Beziehungen wieder zur Anerkennung gebracht, aber geht wohl zu weit,

Sechstes Buch. Die Statsformen.
gisch zu sorgen. Das specifisch-römische Imperium ist es
vorzüglich, was diesz Königthum vor jenen andern Institutio-
nen so sehr auszeichnet.

Die äuszere Erscheinung des Königs ist nicht minder
voll Glanz und Ehre, als die der andern, aber in ihr schon
offenbart sich ihre gröszere Macht. Die Ruthenbündel und
Beile, welche die zwölf Lictoren ihnen vortragen, sind nicht
blosze Zeichen, sondern Werkzeuge der strengen Strafgewalt,
welche den Ungehorsam an Leib und Leben heimsucht. Das
römische Imperium und die Beile der Lictoren gehören im
Leben und in der Idee der Römer zusammen. 4

In Folge des höchsten Imperium, welches der König von
Rechtes wegen mit den Auspicien überliefert erhalten hat, ist
er voraus berechtigt, die erforderlichen Statsordnungen und
Rechtsgrundsätze festzustellen. Man darf nicht vergessen,
dasz der römische Stat von dem Könige gegründet worden
war, und dasz die Gewalt des ursprünglichen Gründers auf
dem Wege der Tradition auf dessen Nachfolger überging. Die
eigentlichen Gesetze bedurften freilich der Zustimmung des
Senats, und wohl auch — sicher seit dem Könige Servius
Tullius, 5 des Geheiszes der Volksversammlung (populi jussu),
aber für diese war der Wille des Königs selbst unentbehrlich
und gewöhnlich auch maszgebend. Denn nur er konnte das
Gesetz in Antrag bringen, und gegen seinen Willen kein Vor-
schlag in Berathung oder zur Abstimmung kommen. 6 Auszer

4 Cicero pro Flacco. 8: Opifices et tabernarios atque illam omnem
faecem civitatum, quid est negotii concitare in eum praesertim qui nuper
summo cum imperio fuerit, summo autem amore esse propter nomen
ipsum imperii
non potuerit. Mirandum vero est homines eos, quibus odio
sunt nostrae secures etc. 34. „non imperium non secures.“ Vgl. Liv. XXIV. 9.
5 Tacit. Ann. III. 26.: „Praecipuus Servius Tullius sanctor legum
fuit, quis etiam reges obtemperarent.“ Pomp. L. 2. §. 1. de Orig. Jur.
schon von Romulus: „Leges curiatas ad populum tulit.“ Vgl. Liv. I. 8.
Dion. Hal. IV. 36.
6 Rubino a. a. O. S. 18 ff. hat das altrömische Statsrecht in vielen
Beziehungen wieder zur Anerkennung gebracht, aber geht wohl zu weit,
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[412/0430] Sechstes Buch. Die Statsformen. gisch zu sorgen. Das specifisch-römische Imperium ist es vorzüglich, was diesz Königthum vor jenen andern Institutio- nen so sehr auszeichnet. Die äuszere Erscheinung des Königs ist nicht minder voll Glanz und Ehre, als die der andern, aber in ihr schon offenbart sich ihre gröszere Macht. Die Ruthenbündel und Beile, welche die zwölf Lictoren ihnen vortragen, sind nicht blosze Zeichen, sondern Werkzeuge der strengen Strafgewalt, welche den Ungehorsam an Leib und Leben heimsucht. Das römische Imperium und die Beile der Lictoren gehören im Leben und in der Idee der Römer zusammen. 4 In Folge des höchsten Imperium, welches der König von Rechtes wegen mit den Auspicien überliefert erhalten hat, ist er voraus berechtigt, die erforderlichen Statsordnungen und Rechtsgrundsätze festzustellen. Man darf nicht vergessen, dasz der römische Stat von dem Könige gegründet worden war, und dasz die Gewalt des ursprünglichen Gründers auf dem Wege der Tradition auf dessen Nachfolger überging. Die eigentlichen Gesetze bedurften freilich der Zustimmung des Senats, und wohl auch — sicher seit dem Könige Servius Tullius, 5 des Geheiszes der Volksversammlung (populi jussu), aber für diese war der Wille des Königs selbst unentbehrlich und gewöhnlich auch maszgebend. Denn nur er konnte das Gesetz in Antrag bringen, und gegen seinen Willen kein Vor- schlag in Berathung oder zur Abstimmung kommen. 6 Auszer 4 Cicero pro Flacco. 8: Opifices et tabernarios atque illam omnem faecem civitatum, quid est negotii concitare in eum praesertim qui nuper summo cum imperio fuerit, summo autem amore esse propter nomen ipsum imperii non potuerit. Mirandum vero est homines eos, quibus odio sunt nostrae secures etc. 34. „non imperium non secures.“ Vgl. Liv. XXIV. 9. 5 Tacit. Ann. III. 26.: „Praecipuus Servius Tullius sanctor legum fuit, quis etiam reges obtemperarent.“ Pomp. L. 2. §. 1. de Orig. Jur. schon von Romulus: „Leges curiatas ad populum tulit.“ Vgl. Liv. I. 8. Dion. Hal. IV. 36. 6 Rubino a. a. O. S. 18 ff. hat das altrömische Statsrecht in vielen Beziehungen wieder zur Anerkennung gebracht, aber geht wohl zu weit,

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/430>, abgerufen am 23.11.2024.