Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 212.

Einige Physiologen haben sogar durch die Ge-
stalt und Lage gewisser Theile des Gehirns sich ver-
leiten lassen, irgend einen besondern Theil für den
eigentlichen Sitz der Seele zu erklären; einige ha-
ben der Zirbeldrüse a), einige dem kleinen Gehirn
b), dem großen markigten Querbande (corpus
callosum
), andere endlich der Varolischen Brü-
cke diese Ehre erwiesen.

a) Des Cartes Meinung erhielt durch Leichenöff-
nungen wahnsinniger Personen, in deren Zir-
beldrüse Steinchen gefunden wurden, einige
Wahrscheinlichkeit. Allein genauere Beobachtun-
gen zeigten, daß fast alle, auch die gesundesten
Menschen, schon von dem zwölften Jahre an,
solche Steinchen in der Zirbeldrüse haben. Söm-
mering
de lapillis vel prope, vel intra glandulam
pinealem sitis: seu de acervulo cerebri. Mo-
gunt
. 1785. 8.

b) Diese eingebildeten Vorzüge, sowohl des klei-
nen Gehirns, als des großen markigten Queer-
bandes sind von Zinn nachdrücklich widerlegt
worden. Zinn Experimenta circa corpus callosum,
cerebellum, duram meningem in vivis animalibus
institut. Götting
. 1749. 4.

§. 213.

Doch hängt nicht die ganze Wirksamkeit des
Nervensystems von dem Gehirn allein ab, son-
dern auch das Rückenmark, und sogar die Nerven
haben Antheil daran; auch besitzen die Nerven
Kraft genung, Zuckungen in den Muskeln hervor

§. 212.

Einige Physiologen haben sogar durch die Ge-
stalt und Lage gewisser Theile des Gehirns sich ver-
leiten lassen, irgend einen besondern Theil für den
eigentlichen Sitz der Seele zu erklären; einige ha-
ben der Zirbeldrüse a), einige dem kleinen Gehirn
b), dem großen markigten Querbande (corpus
callosum
), andere endlich der Varolischen Brü-
cke diese Ehre erwiesen.

a) Des Cartes Meinung erhielt durch Leichenöff-
nungen wahnsinniger Personen, in deren Zir-
beldrüse Steinchen gefunden wurden, einige
Wahrscheinlichkeit. Allein genauere Beobachtun-
gen zeigten, daß fast alle, auch die gesundesten
Menschen, schon von dem zwölften Jahre an,
solche Steinchen in der Zirbeldrüse haben. Söm-
mering
de lapillis vel prope, vel intra glandulam
pinealem sitis: seu de acervulo cerebri. Mo-
gunt
. 1785. 8.

b) Diese eingebildeten Vorzüge, sowohl des klei-
nen Gehirns, als des großen markigten Queer-
bandes sind von Zinn nachdrücklich widerlegt
worden. Zinn Experimenta circa corpus callosum,
cerebellum, duram meningem in vivis animalibus
institut. Götting
. 1749. 4.

§. 213.

Doch hängt nicht die ganze Wirksamkeit des
Nervensystems von dem Gehirn allein ab, son-
dern auch das Rückenmark, und sogar die Nerven
haben Antheil daran; auch besitzen die Nerven
Kraft genung, Zuckungen in den Muskeln hervor

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000072">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0155" xml:id="pb137_0001" n="137"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 212.</head><lb/>
          <p>Einige Physiologen haben sogar durch die Ge-<lb/>
stalt und Lage gewisser Theile des Gehirns sich ver-<lb/>
leiten lassen, irgend einen besondern Theil für den<lb/>
eigentlichen Sitz der Seele zu erklären; einige ha-<lb/>
ben der Zirbeldrüse <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>), einige dem kleinen Gehirn<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>), dem großen markigten Querbande (<hi rendition="#aq">corpus<lb/>
callosum</hi>), andere endlich der Varolischen Brü-<lb/>
cke diese Ehre erwiesen.</p>
          <p rendition="#indent-2"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) Des Cartes Meinung erhielt durch Leichenöff-<lb/>
nungen wahnsinniger Personen, in deren Zir-<lb/>
beldrüse Steinchen gefunden wurden, einige<lb/>
Wahrscheinlichkeit. Allein genauere Beobachtun-<lb/>
gen zeigten, daß fast alle, auch die gesundesten<lb/>
Menschen, schon von dem zwölften Jahre an,<lb/>
solche Steinchen in der Zirbeldrüse haben. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Söm</hi>-<lb/><hi rendition="#aq">mering</hi></hi> <hi rendition="#aq">de lapillis vel prope, vel intra glandulam<lb/>
pinealem sitis: seu de acervulo cerebri. Mo-<lb/>
gunt</hi>. 1785. 8.</p>
          <p rendition="#indent-2"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>) Diese eingebildeten Vorzüge, sowohl des klei-<lb/>
nen Gehirns, als des großen markigten Queer-<lb/>
bandes sind von Zinn nachdrücklich widerlegt<lb/>
worden. <hi rendition="#aq">Zinn Experimenta circa corpus callosum</hi>,<lb/><hi rendition="#aq">cerebellum, duram meningem in vivis animalibus<lb/>
institut. Götting</hi>. 1749. 4.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 213.</head><lb/>
          <p>Doch hängt nicht die ganze Wirksamkeit des<lb/>
Nervensystems von dem Gehirn allein ab, son-<lb/>
dern auch das Rückenmark, und sogar die Nerven<lb/>
haben Antheil daran; auch besitzen die Nerven<lb/>
Kraft genung, Zuckungen in den Muskeln hervor<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0155] §. 212. Einige Physiologen haben sogar durch die Ge- stalt und Lage gewisser Theile des Gehirns sich ver- leiten lassen, irgend einen besondern Theil für den eigentlichen Sitz der Seele zu erklären; einige ha- ben der Zirbeldrüse a), einige dem kleinen Gehirn b), dem großen markigten Querbande (corpus callosum), andere endlich der Varolischen Brü- cke diese Ehre erwiesen. a) Des Cartes Meinung erhielt durch Leichenöff- nungen wahnsinniger Personen, in deren Zir- beldrüse Steinchen gefunden wurden, einige Wahrscheinlichkeit. Allein genauere Beobachtun- gen zeigten, daß fast alle, auch die gesundesten Menschen, schon von dem zwölften Jahre an, solche Steinchen in der Zirbeldrüse haben. Söm- mering de lapillis vel prope, vel intra glandulam pinealem sitis: seu de acervulo cerebri. Mo- gunt. 1785. 8. b) Diese eingebildeten Vorzüge, sowohl des klei- nen Gehirns, als des großen markigten Queer- bandes sind von Zinn nachdrücklich widerlegt worden. Zinn Experimenta circa corpus callosum, cerebellum, duram meningem in vivis animalibus institut. Götting. 1749. 4. §. 213. Doch hängt nicht die ganze Wirksamkeit des Nervensystems von dem Gehirn allein ab, son- dern auch das Rückenmark, und sogar die Nerven haben Antheil daran; auch besitzen die Nerven Kraft genung, Zuckungen in den Muskeln hervor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/155
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/155>, abgerufen am 21.11.2024.