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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789.

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Man hat sogar Beyspiele erwachsener Men-
schen, die in ihrem Leben nicht geträumt haben a).

Diese nächtlichen Schattenbilder sind zwar
gemeiniglich verworren, und unordentlich; aber
doch findet man auch zuweilen auffallende Merk-
maale des Verstandes b) in Träumen.

Ueberhaupt scheinen die körperlichen Reize
zur Erweckung der Träume vorzüglich geschickt zu
seyn: z. B. der Saamen zur Erzeugung wohllü-
stiger Bilder, die Ueberladung des Magens zur
Erregung der Bangigkeit u. s. w. Man hat so-
gar das Beyspiel eines Menschen, bey dem seine
Freunde, wenn sie mit ihm im Schlafe redeten,
nach Willkühr Träume hervorbringen konnten c);
doch scheint dieß vielmehr ein Mittelzustand zwi-
schen Schlafen und Wachen zu seyn d).

Doch halten Locke und andere Philosophen
die Träume selbst für einen solchen Mittelzustand
zwischen Schlafen und Wachen.

a) Sonderbar ist es, baß man dieß an Personen
bemerkte, die eine außerordentliche lebhafte Ein-
bildungskraft hatten, wie man unter andern
von dem berühmten Lessing erzählt. (Götting
Magaz. 1781. Th. 1.)

Ich kannte selbst eine vornehme Dame, die einen
außerordentlichen Witz besaß, und niemals ge-
träumt hatte.

Locke's Essay concerning human understanding.
Vol
. 1. p. 74. Ed. Lond. 1726.

b) Hollmann Pneumatolog. psycholog. et the o-
log. natural. Götting
. 1780. p. 196.

Man hat sogar Beyspiele erwachsener Men-
schen, die in ihrem Leben nicht geträumt haben a).

Diese nächtlichen Schattenbilder sind zwar
gemeiniglich verworren, und unordentlich; aber
doch findet man auch zuweilen auffallende Merk-
maale des Verstandes b) in Träumen.

Ueberhaupt scheinen die körperlichen Reize
zur Erweckung der Träume vorzüglich geschickt zu
seyn: z. B. der Saamen zur Erzeugung wohllü-
stiger Bilder, die Ueberladung des Magens zur
Erregung der Bangigkeit u. s. w. Man hat so-
gar das Beyspiel eines Menschen, bey dem seine
Freunde, wenn sie mit ihm im Schlafe redeten,
nach Willkühr Träume hervorbringen konnten c);
doch scheint dieß vielmehr ein Mittelzustand zwi-
schen Schlafen und Wachen zu seyn d).

Doch halten Locke und andere Philosophen
die Träume selbst für einen solchen Mittelzustand
zwischen Schlafen und Wachen.

a) Sonderbar ist es, baß man dieß an Personen
bemerkte, die eine außerordentliche lebhafte Ein-
bildungskraft hatten, wie man unter andern
von dem berühmten Lessing erzählt. (Götting
Magaz. 1781. Th. 1.)

Ich kannte selbst eine vornehme Dame, die einen
außerordentlichen Witz besaß, und niemals ge-
träumt hatte.

Locke's Essay concerning human understanding.
Vol
. 1. p. 74. Ed. Lond. 1726.

b) Hollmann Pneumatolog. psycholog. et the o-
log. natural. Götting
. 1780. p. 196.

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[205/0223] Man hat sogar Beyspiele erwachsener Men- schen, die in ihrem Leben nicht geträumt haben a). Diese nächtlichen Schattenbilder sind zwar gemeiniglich verworren, und unordentlich; aber doch findet man auch zuweilen auffallende Merk- maale des Verstandes b) in Träumen. Ueberhaupt scheinen die körperlichen Reize zur Erweckung der Träume vorzüglich geschickt zu seyn: z. B. der Saamen zur Erzeugung wohllü- stiger Bilder, die Ueberladung des Magens zur Erregung der Bangigkeit u. s. w. Man hat so- gar das Beyspiel eines Menschen, bey dem seine Freunde, wenn sie mit ihm im Schlafe redeten, nach Willkühr Träume hervorbringen konnten c); doch scheint dieß vielmehr ein Mittelzustand zwi- schen Schlafen und Wachen zu seyn d). Doch halten Locke und andere Philosophen die Träume selbst für einen solchen Mittelzustand zwischen Schlafen und Wachen. a) Sonderbar ist es, baß man dieß an Personen bemerkte, die eine außerordentliche lebhafte Ein- bildungskraft hatten, wie man unter andern von dem berühmten Lessing erzählt. (Götting Magaz. 1781. Th. 1.) Ich kannte selbst eine vornehme Dame, die einen außerordentlichen Witz besaß, und niemals ge- träumt hatte. Locke's Essay concerning human understanding. Vol. 1. p. 74. Ed. Lond. 1726. b) Hollmann Pneumatolog. psycholog. et the o- log. natural. Götting. 1780. p. 196.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/223>, abgerufen am 18.05.2024.