vorzubringen - eine Kraft, die den Nerven wahrscheinlich durch ihre gefäßartige Rinde (§. 203.) zugeführt, und beständig erneuert wird. Inzwischen ist diese eigenthümliche Kraft der Nerven im Menschen viel geringer, ihre Abhän- gigkeit hingegen von dem Gehirn ungleich grö- ßer, als man bey andern, besonders kaltblütigen Thieren, beobachtet.
§. 214.
Das Nervensystem hat überhaupt eine zwey- fache Verrichtung. Es setzt andere Theile, be- sonders diejenigen Muskeln, welche der Willkühr der Seele unterworfen sind, in Bewegung, so- dann ist es die Quelle der Empfindungen, indem es alle Rührungen der äußerlichen Sinnorgane auf das Sensorium fortpflanzt, und dadurch das Bewußtseyn der Seele hervorbringt.
§. 215.
Das Sensorium hat noch überdieß das Ver- mögen, die empfangenen Nervenrührungen sogar auf andere Nerven, die nicht die Leiter dieser Rührungen waren, überzutragen, und so gleich- sam auf die Nerven zurückzuwirken. So wirkt die Markhaut des Auges, wenn es von den Licht- strahlen berührt wird, auf das Sensorium, dieses aber wirkt auf den Regenbogen (iris) zurück, wodurch derselbe entweder erweitert, oder zusam- mengezogen wird.
§. 216.
Und zwar besonders aus dieser letztern Quel- le entspringen die Wirkungen der Einbildungs- kraft und der Gemüthsbewegungen auf den mensch- lichen Körper, die über den ganzen Körper aus-
vorzubringen – eine Kraft, die den Nerven wahrscheinlich durch ihre gefäßartige Rinde (§. 203.) zugeführt, und beständig erneuert wird. Inzwischen ist diese eigenthümliche Kraft der Nerven im Menschen viel geringer, ihre Abhän- gigkeit hingegen von dem Gehirn ungleich grö- ßer, als man bey andern, besonders kaltblütigen Thieren, beobachtet.
§. 214.
Das Nervensystem hat überhaupt eine zwey- fache Verrichtung. Es setzt andere Theile, be- sonders diejenigen Muskeln, welche der Willkühr der Seele unterworfen sind, in Bewegung, so- dann ist es die Quelle der Empfindungen, indem es alle Rührungen der äußerlichen Sinnorgane auf das Sensorium fortpflanzt, und dadurch das Bewußtseyn der Seele hervorbringt.
§. 215.
Das Sensorium hat noch überdieß das Ver- mögen, die empfangenen Nervenrührungen sogar auf andere Nerven, die nicht die Leiter dieser Rührungen waren, überzutragen, und so gleich- sam auf die Nerven zurückzuwirken. So wirkt die Markhaut des Auges, wenn es von den Licht- strahlen berührt wird, auf das Sensorium, dieses aber wirkt auf den Regenbogen (iris) zurück, wodurch derselbe entweder erweitert, oder zusam- mengezogen wird.
§. 216.
Und zwar besonders aus dieser letztern Quel- le entspringen die Wirkungen der Einbildungs- kraft und der Gemüthsbewegungen auf den mensch- lichen Körper, die über den ganzen Körper aus-
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000071"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0158"xml:id="pb140_0001"n="140"/>
vorzubringen – eine Kraft, die den Nerven<lb/>
wahrscheinlich durch ihre gefäßartige Rinde (§.<lb/>
203.) zugeführt, und beständig erneuert wird.<lb/>
Inzwischen ist diese eigenthümliche Kraft der<lb/>
Nerven im Menschen viel geringer, ihre Abhän-<lb/>
gigkeit hingegen von dem Gehirn ungleich grö-<lb/>
ßer, als man bey andern, besonders kaltblütigen<lb/>
Thieren, beobachtet.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 214.</head><lb/><p>Das Nervensystem hat überhaupt eine zwey-<lb/>
fache Verrichtung. Es setzt andere Theile, be-<lb/>
sonders diejenigen Muskeln, welche der Willkühr<lb/>
der Seele unterworfen sind, in Bewegung, so-<lb/>
dann ist es die Quelle der Empfindungen, indem<lb/>
es alle Rührungen der äußerlichen Sinnorgane<lb/>
auf das Sensorium fortpflanzt, und dadurch das<lb/>
Bewußtseyn der Seele hervorbringt.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 215.</head><lb/><p>Das Sensorium hat noch überdieß das Ver-<lb/>
mögen, die empfangenen Nervenrührungen sogar<lb/>
auf andere Nerven, die nicht die Leiter dieser<lb/>
Rührungen waren, überzutragen, und so gleich-<lb/>
sam auf die Nerven zurückzuwirken. So wirkt<lb/>
die Markhaut des Auges, wenn es von den Licht-<lb/>
strahlen berührt wird, auf das Sensorium, dieses<lb/>
aber wirkt auf den Regenbogen (<hirendition="#aq">iris</hi>) zurück,<lb/>
wodurch derselbe entweder erweitert, oder zusam-<lb/>
mengezogen wird.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 216.</head><lb/><p>Und zwar besonders aus dieser letztern Quel-<lb/>
le entspringen die Wirkungen der Einbildungs-<lb/>
kraft und der Gemüthsbewegungen auf den mensch-<lb/>
lichen Körper, die über den ganzen Körper aus-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[140/0158]
vorzubringen – eine Kraft, die den Nerven
wahrscheinlich durch ihre gefäßartige Rinde (§.
203.) zugeführt, und beständig erneuert wird.
Inzwischen ist diese eigenthümliche Kraft der
Nerven im Menschen viel geringer, ihre Abhän-
gigkeit hingegen von dem Gehirn ungleich grö-
ßer, als man bey andern, besonders kaltblütigen
Thieren, beobachtet.
§. 214.
Das Nervensystem hat überhaupt eine zwey-
fache Verrichtung. Es setzt andere Theile, be-
sonders diejenigen Muskeln, welche der Willkühr
der Seele unterworfen sind, in Bewegung, so-
dann ist es die Quelle der Empfindungen, indem
es alle Rührungen der äußerlichen Sinnorgane
auf das Sensorium fortpflanzt, und dadurch das
Bewußtseyn der Seele hervorbringt.
§. 215.
Das Sensorium hat noch überdieß das Ver-
mögen, die empfangenen Nervenrührungen sogar
auf andere Nerven, die nicht die Leiter dieser
Rührungen waren, überzutragen, und so gleich-
sam auf die Nerven zurückzuwirken. So wirkt
die Markhaut des Auges, wenn es von den Licht-
strahlen berührt wird, auf das Sensorium, dieses
aber wirkt auf den Regenbogen (iris) zurück,
wodurch derselbe entweder erweitert, oder zusam-
mengezogen wird.
§. 216.
Und zwar besonders aus dieser letztern Quel-
le entspringen die Wirkungen der Einbildungs-
kraft und der Gemüthsbewegungen auf den mensch-
lichen Körper, die über den ganzen Körper aus-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/158>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.