gar manchen deutschen Schriftstellern in der Zoologie und Botanik beliebt ist.
Ich weiß nicht, wer der Reformator ist, der diese Umkehrung der Begriffe und ihrer bestimmten Zeichen zuerst unternommen haben mag: - aber wohl weiß ich, was er mit einem solchen versuchten Eingriffe in den Sprachgebrauch
"quem penes arbitrium est, et jus, et norma loquendi"
bei andern aufgeklärten Nationen riskirt hätte: - daß es ihm hingegen in Deutschland nicht an Nachahmern gefehlt hat, ist eben nicht unerwartet. - Genug indeß, daß so viele philosophische Naturforscher und die größten unserer naturkundigen Philosophen das verba valent si- cut numi besser befolgt, und sich also durch diese son- derbare Umstempelung nicht irre führen lassen. - Und warum auch ich für meine Person es hierin lieber beim Alten lasse, als mich an jene Nachahmer anschließe, da- für habe ich folgende Gründe:
1. Hoffentlich weiß doch ein jeder, seiner Sprache kun- dige, deutsche Naturforscher (- und wer es nicht weiß, der kann es aus Adelung's Wörterbuch lernen -) was die erste und Fundamentalbedeutung des Wortes Geschlecht ist:
"Die Aehnlichkeit der verschiedenen Gat- tungen der Dinge:"
Dieß ist der wahre eigentliche Sinn des Wortes Geschlecht, wie wir ihn von Kindesbeinen an, selbst aus des seiner Sprache höchst kundigen Luther's Bibel-Ue- bersetzung lernen.
Dem zu Folge wissen wir also in Anwendung auf Methodologie in der Naturgeschichte:
Die Gattungen schafft die Natur: der Sy- stematiker bringt sie nach ihren gemeinschaftli- chen Aehnlichkeiten unter Geschlechter.
gar manchen deutschen Schriftstellern in der Zoologie und Botanik beliebt ist.
Ich weiß nicht, wer der Reformator ist, der diese Umkehrung der Begriffe und ihrer bestimmten Zeichen zuerst unternommen haben mag: – aber wohl weiß ich, was er mit einem solchen versuchten Eingriffe in den Sprachgebrauch
„quem penes arbitrium est, et jus, et norma loquendi“
bei andern aufgeklärten Nationen riskirt hätte: – daß es ihm hingegen in Deutschland nicht an Nachahmern gefehlt hat, ist eben nicht unerwartet. – Genug indeß, daß so viele philosophische Naturforscher und die größten unserer naturkundigen Philosophen das verba valent si- cut numi besser befolgt, und sich also durch diese son- derbare Umstempelung nicht irre führen lassen. – Und warum auch ich für meine Person es hierin lieber beim Alten lasse, als mich an jene Nachahmer anschließe, da- für habe ich folgende Gründe:
1. Hoffentlich weiß doch ein jeder, seiner Sprache kun- dige, deutsche Naturforscher (– und wer es nicht weiß, der kann es aus Adelung's Wörterbuch lernen –) was die erste und Fundamentalbedeutung des Wortes Geschlecht ist:
„Die Aehnlichkeit der verschiedenen Gat- tungen der Dinge:“
Dieß ist der wahre eigentliche Sinn des Wortes Geschlecht, wie wir ihn von Kindesbeinen an, selbst aus des seiner Sprache höchst kundigen Luther's Bibel-Ue- bersetzung lernen.
Dem zu Folge wissen wir also in Anwendung auf Methodologie in der Naturgeschichte:
Die Gattungen schafft die Natur: der Sy- stematiker bringt sie nach ihren gemeinschaftli- chen Aehnlichkeiten unter Geschlechter.
<TEIxml:lang="de-DE"><textxmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance"xml:id="blume_hbnatur_000042"><front><divtype="preface"n="1"><p><pbfacs="#f0006"xml:id="pbIV_0001"n="IV"/>
gar manchen deutschen Schriftstellern in der Zoologie<lb/>
und Botanik beliebt ist.</p><p>Ich weiß nicht, wer der Reformator ist, der diese<lb/>
Umkehrung der Begriffe und ihrer bestimmten Zeichen<lb/>
zuerst unternommen haben mag: – aber wohl weiß ich,<lb/>
was er mit einem solchen versuchten Eingriffe in den<lb/>
Sprachgebrauch</p><prendition="#l2em"><qtype="preline">„<hirendition="#i"><hirendition="#aq">quem penes arbitrium est, et jus, et<lb/>
norma loquendi</hi></hi>“</q></p><prendition="#no_indent">bei andern aufgeklärten Nationen riskirt hätte: – daß<lb/>
es ihm hingegen in Deutschland nicht an Nachahmern<lb/>
gefehlt hat, ist eben nicht unerwartet. – Genug indeß,<lb/>
daß so viele philosophische Naturforscher und die größten<lb/>
unserer naturkundigen Philosophen das <hirendition="#aq">verba valent si-<lb/>
cut numi</hi> besser befolgt, und sich also durch diese son-<lb/>
derbare Umstempelung nicht irre führen lassen. – Und<lb/>
warum auch ich für meine Person es hierin lieber beim<lb/>
Alten lasse, als mich an jene Nachahmer anschließe, da-<lb/>
für habe ich folgende Gründe:</p><p>1. Hoffentlich weiß doch ein jeder, seiner Sprache kun-<lb/>
dige, deutsche Naturforscher (– und wer es nicht weiß,<lb/>
der kann es aus <hirendition="#g">Adelung's</hi> Wörterbuch lernen –)<lb/>
was die erste und Fundamentalbedeutung des Wortes<lb/><hirendition="#g">Geschlecht</hi> ist:</p><prendition="#l2em"><qtype="preline">„Die <hirendition="#g">Aehnlichkeit</hi> der verschiedenen <hirendition="#g">Gat</hi>-<lb/><hirendition="#g">tungen</hi> der Dinge:“</q></p><p>Dieß ist der wahre eigentliche Sinn des Wortes<lb/>
Geschlecht, wie wir ihn von Kindesbeinen an, selbst aus<lb/>
des seiner Sprache höchst kundigen Luther's Bibel-Ue-<lb/>
bersetzung lernen.</p><p>Dem zu Folge wissen wir also in Anwendung auf<lb/>
Methodologie in der Naturgeschichte:</p><prendition="#l2em">Die <hirendition="#g">Gattungen</hi> schafft die Natur: der Sy-<lb/>
stematiker bringt sie nach ihren gemeinschaftli-<lb/>
chen Aehnlichkeiten unter <hirendition="#g">Geschlechter</hi>.</p></div></front></text></TEI>
[IV/0006]
gar manchen deutschen Schriftstellern in der Zoologie
und Botanik beliebt ist.
Ich weiß nicht, wer der Reformator ist, der diese
Umkehrung der Begriffe und ihrer bestimmten Zeichen
zuerst unternommen haben mag: – aber wohl weiß ich,
was er mit einem solchen versuchten Eingriffe in den
Sprachgebrauch
„quem penes arbitrium est, et jus, et
norma loquendi“
bei andern aufgeklärten Nationen riskirt hätte: – daß
es ihm hingegen in Deutschland nicht an Nachahmern
gefehlt hat, ist eben nicht unerwartet. – Genug indeß,
daß so viele philosophische Naturforscher und die größten
unserer naturkundigen Philosophen das verba valent si-
cut numi besser befolgt, und sich also durch diese son-
derbare Umstempelung nicht irre führen lassen. – Und
warum auch ich für meine Person es hierin lieber beim
Alten lasse, als mich an jene Nachahmer anschließe, da-
für habe ich folgende Gründe:
1. Hoffentlich weiß doch ein jeder, seiner Sprache kun-
dige, deutsche Naturforscher (– und wer es nicht weiß,
der kann es aus Adelung's Wörterbuch lernen –)
was die erste und Fundamentalbedeutung des Wortes
Geschlecht ist:
„Die Aehnlichkeit der verschiedenen Gat-
tungen der Dinge:“
Dieß ist der wahre eigentliche Sinn des Wortes
Geschlecht, wie wir ihn von Kindesbeinen an, selbst aus
des seiner Sprache höchst kundigen Luther's Bibel-Ue-
bersetzung lernen.
Dem zu Folge wissen wir also in Anwendung auf
Methodologie in der Naturgeschichte:
Die Gattungen schafft die Natur: der Sy-
stematiker bringt sie nach ihren gemeinschaftli-
chen Aehnlichkeiten unter Geschlechter.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/6>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.