Man nennt aber Petrefacten oder Versteinerun- gen (Engl. extraneous fossils) im weitern Sinn alle ab- gestorbene Thiere und Gewächse, die entweder ihren Tod in ei- ner solchen (- mehr oder weniger allgemeinern, oder aber lo- calern -) Erdkatastrophe gefunden oder doch nachher durch eine dergleichen in eine so günstige Lage gekommen, daß da- durch ihr Körper öder einzelne Theile desselben, statt zu verwe- sen, seine Bildung mehr oder minder vollkommen erhalten, und mehrentheils noch überdem mit fremden steinartigen oder me- tallischen Stoffen, oder aber mit Erdharzen durchzogen worden.
Anm. Also muß eine Menge Zeugs streng davon abgesondert werden, was weiland damit vermengt ward; vor allen die blo- ßen so genannten Naturspiele, lusus naturae, an denen sich ehedem die Einbildungskraft übte und die Unwissenheit und der Aberglaube sich weideten. der leibhafte Dr. Nic. Lange zu Luzern lapidicina sacra u. dergl. m. Ferner offenbare Ar- tefacten, wie z. B. die Badner Würfelchen; oder vollends ab- sichtliche Betrügereien, wie die so genannten Würzburger Ver- steinerungen, womit einst der ehrliche Beringer angeführt worden, s. Dess. lithographia Wirceburgensis 1726. Fol. zumal S. 5.
§. 263.
Von der verschiedenheit Weise dieser Conservation, pflegt man folgende viererlei Arten zu unterscheiden. Die Versteine- rungen finden sich nämlich:
1) Bloß calcinirt, wenn Knochen, Conchylien etc. ihren thierischen Leim und mit demselben einen großen Theil ihrer sonstigen Festigkeit verloren haben*), da sie statt desselben nur höchstens mit Kalksinter, Mergeltuff u. dergl. durchzogen wor- den; mithin gemeiniglich mürbe und leicht sind. Sie finden sich meist im aufgeschwemmten Lande (S. 412. 417) und zwischen dem Kalksinter der Berghöhlen und Klüfte (S. 412).
2) Wirklich petrificirt, als eigentlich so genannte Versteinerungen oder Petrefacte im engern Sinne, die in den festern Steinlagen der Flözgebirge eingeschlossen sind, und
*) Ja zuweilen finden sich sogar noch weiche Theile meist un- verändert an thierischen Stücken erhalten, die dessen ungeachtet wegen ihrer Lage, worein sie durch große Erdrevolutionen der Vorzeit gerathen sind, ohne Widerrede zu den fossilen Thieren im weitläuftigen Sinne gezählt werden müssen. So zu einem Beispiele statt vieler das 1806 am Ausfluß der Lena ins Eismeer noch mit Haut und Haar ausgegrabene Mammut der alten Welt (Elephasprimi- genias), dessen ausgestopftes Fell so wie sein Skelet im Museum der Akad. der Wissensch. zu St. Petersburg aufgestellt ist.
§. 262.
Man nennt aber Petrefacten oder Versteinerun- gen (Engl. extraneous fossils) im weitern Sinn alle ab- gestorbene Thiere und Gewächse, die entweder ihren Tod in ei- ner solchen (– mehr oder weniger allgemeinern, oder aber lo- calern –) Erdkatastrophe gefunden oder doch nachher durch eine dergleichen in eine so günstige Lage gekommen, daß da- durch ihr Körper öder einzelne Theile desselben, statt zu verwe- sen, seine Bildung mehr oder minder vollkommen erhalten, und mehrentheils noch überdem mit fremden steinartigen oder me- tallischen Stoffen, oder aber mit Erdharzen durchzogen worden.
Anm. Also muß eine Menge Zeugs streng davon abgesondert werden, was weiland damit vermengt ward; vor allen die blo- ßen so genannten Naturspiele, lusus naturae, an denen sich ehedem die Einbildungskraft übte und die Unwissenheit und der Aberglaube sich weideten. der leibhafte Dr. Nic. Lange zu Luzern lapidicina sacra u. dergl. m. Ferner offenbare Ar- tefacten, wie z. B. die Badner Würfelchen; oder vollends ab- sichtliche Betrügereien, wie die so genannten Würzburger Ver- steinerungen, womit einst der ehrliche Beringer angeführt worden, s. Dess. lithographia Wirceburgensis 1726. Fol. zumal S. 5.
§. 263.
Von der verschiedenheit Weise dieser Conservation, pflegt man folgende viererlei Arten zu unterscheiden. Die Versteine- rungen finden sich nämlich:
1) Bloß calcinirt, wenn Knochen, Conchylien ꝛc. ihren thierischen Leim und mit demselben einen großen Theil ihrer sonstigen Festigkeit verloren haben*), da sie statt desselben nur höchstens mit Kalksinter, Mergeltuff u. dergl. durchzogen wor- den; mithin gemeiniglich mürbe und leicht sind. Sie finden sich meist im aufgeschwemmten Lande (S. 412. 417) und zwischen dem Kalksinter der Berghöhlen und Klüfte (S. 412).
2) Wirklich petrificirt, als eigentlich so genannte Versteinerungen oder Petrefacte im engern Sinne, die in den festern Steinlagen der Flözgebirge eingeschlossen sind, und
*) Ja zuweilen finden sich sogar noch weiche Theile meist un- verändert an thierischen Stücken erhalten, die dessen ungeachtet wegen ihrer Lage, worein sie durch große Erdrevolutionen der Vorzeit gerathen sind, ohne Widerrede zu den fossilen Thieren im weitläuftigen Sinne gezählt werden müssen. So zu einem Beispiele statt vieler das 1806 am Ausfluß der Lena ins Eismeer noch mit Haut und Haar ausgegrabene Mammut der alten Welt (Elephasprimi- genias), dessen ausgestopftes Fell so wie sein Skelet im Museum der Akad. der Wissensch. zu St. Petersburg aufgestellt ist.
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gen (Engl. extraneous fossils) im weitern Sinn alle ab-
gestorbene Thiere und Gewächse, die entweder ihren Tod in ei-
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calern –) Erdkatastrophe gefunden oder doch nachher durch
eine dergleichen in eine so günstige Lage gekommen, daß da-
durch ihr Körper öder einzelne Theile desselben, statt zu verwe-
sen, seine Bildung mehr oder minder vollkommen erhalten, und
mehrentheils noch überdem mit fremden steinartigen oder me-
tallischen Stoffen, oder aber mit Erdharzen durchzogen worden.
Anm. Also muß eine Menge Zeugs streng davon abgesondert
werden, was weiland damit vermengt ward; vor allen die blo-
ßen so genannten Naturspiele, lusus naturae, an denen
sich ehedem die Einbildungskraft übte und die Unwissenheit und
der Aberglaube sich weideten. der leibhafte Dr. Nic. Lange
zu Luzern lapidicina sacra u. dergl. m. Ferner offenbare Ar-
tefacten, wie z. B. die Badner Würfelchen; oder vollends ab-
sichtliche Betrügereien, wie die so genannten Würzburger Ver-
steinerungen, womit einst der ehrliche Beringer angeführt
worden, s. Dess. lithographia Wirceburgensis 1726. Fol.
zumal S. 5.
§. 263.
Von der verschiedenheit Weise dieser Conservation, pflegt
man folgende viererlei Arten zu unterscheiden. Die Versteine-
rungen finden sich nämlich:
1) Bloß calcinirt, wenn Knochen, Conchylien ꝛc. ihren
thierischen Leim und mit demselben einen großen Theil ihrer
sonstigen Festigkeit verloren haben *), da sie statt desselben nur
höchstens mit Kalksinter, Mergeltuff u. dergl. durchzogen wor-
den; mithin gemeiniglich mürbe und leicht sind. Sie finden sich
meist im aufgeschwemmten Lande (S. 412. 417) und zwischen
dem Kalksinter der Berghöhlen und Klüfte (S. 412).
2) Wirklich petrificirt, als eigentlich so genannte
Versteinerungen oder Petrefacte im engern Sinne, die in den
festern Steinlagen der Flözgebirge eingeschlossen sind, und
*) Ja zuweilen finden sich sogar noch weiche Theile meist un-
verändert an thierischen Stücken erhalten, die dessen ungeachtet
wegen ihrer Lage, worein sie durch große Erdrevolutionen
der Vorzeit gerathen sind, ohne Widerrede zu den fossilen Thieren im
weitläuftigen Sinne gezählt werden müssen. So zu einem Beispiele
statt vieler das 1806 am Ausfluß der Lena ins Eismeer noch mit Haut
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genias), dessen ausgestopftes Fell so wie sein Skelet im Museum der
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/494>, abgerufen am 16.02.2025.
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