Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

lum Cuv.) P. stirpe cylindrica, subclavata, semi-
nuda, superne polypos minutos exerens.

Pallas miscell. zool. tab. 13. fig. 1. 4.

Wie die vorigen, zumal im mittelländischen Meere, aber
in der mehr cylindrischen Form und in der weichen Textur
des ganzen, doch sehr von jenen verschieden.

82. Hydra. Armpolype, Vielarm. Corpus gelatino-
sum conicum. Os terminale cinctum cirris filifor-
mibus.

Diese so allgemein berühmten Thiere*) sind gallertartig,
halb durchsichtig, und daher von ungeübten Augen nicht im-
mer gleich zu erkennen. In der Ruhe haben sie den Körper
und die Arme ausgestreckt: bei einer gewaltsamen Berührung
aber, oder außer dem Wasser, ziehen sie sich in ein unförm-
liches Klümpchen zusammen. Sie sind von den ersten warmen
Frühlingstagen an, bis in den Herbst in sanft fließenden
Wassern und Teichen zu finden, und sitzen mit dem hintern
Ende an Wasserpflanzen, Schnecken etc. fest. Ihr ganzer Kör-
per ist eigentlich bloß ein mit Fangarmen versehener Masten.
Den Sommer hindurch vermehren sie sich, indem sie die le-
bendigen Jungen wie Sprossen aus ihrem Körper treiben,
die sich oft erst, wenn ihnen selbst schon wieder Junge aus-
gewachsen sind, von der Mutter losreissen. Bei Annäherung
des Winters aber mögen sie wohl Eier legen**), aus denen
im Frühjahr die junge Brut hervorbricht. Man kann sie in
sechs und mehr Stücke zerschneiden, und jedes Stück wird
binnen einigen Tagen wieder zu ganzen Polypen erwachsen.
Man kann ihnen den Kopf oder den Hintertheil der Länge
nach spalten, und sich vielköpfige oder vielgeschwänzte Poly-
pen schaffen. Man kann mehrere in einander stecken, und so
oder auf andere Weise zu wunderlichen monströsen Gruppen
zusammen heilen. Man kann sie durch einen, freilich Uebung
und Geduld erfordernden, Handgriff wie einen Handschuh
umkehren. Man kann sie der Länge nach aufschlitzen, und

*) S. Abr. Trembley Memoires pour servir a l'hist. d'un
genre de polypes d'eau douce a bras en forme de cornes.
Leid.
1744. 4. H. Baker's natural history of the polype. Lond. 1743. 8. Rösel's Historie der Polypen etc. Nürnb. 1754. 4. (am III.
B. seiner Insecten-Belustigung.) Jac. Chr. Schäffer's Armpolypen in den süßen Wassern
um Regensburg. 1754. 4.
**) Pallas elenchus Zoophytor. p. 28.

lum Cuv.) P. stirpe cylindrica, subclavata, semi-
nuda, superne polypos minutos exerens.

Pallas miscell. zool. tab. 13. fig. 1. 4.

Wie die vorigen, zumal im mittelländischen Meere, aber
in der mehr cylindrischen Form und in der weichen Textur
des ganzen, doch sehr von jenen verschieden.

82. Hydra. Armpolype, Vielarm. Corpus gelatino-
sum conicum. Os terminale cinctum cirris filifor-
mibus.

Diese so allgemein berühmten Thiere*) sind gallertartig,
halb durchsichtig, und daher von ungeübten Augen nicht im-
mer gleich zu erkennen. In der Ruhe haben sie den Körper
und die Arme ausgestreckt: bei einer gewaltsamen Berührung
aber, oder außer dem Wasser, ziehen sie sich in ein unförm-
liches Klümpchen zusammen. Sie sind von den ersten warmen
Frühlingstagen an, bis in den Herbst in sanft fließenden
Wassern und Teichen zu finden, und sitzen mit dem hintern
Ende an Wasserpflanzen, Schnecken ꝛc. fest. Ihr ganzer Kör-
per ist eigentlich bloß ein mit Fangarmen versehener Masten.
Den Sommer hindurch vermehren sie sich, indem sie die le-
bendigen Jungen wie Sprossen aus ihrem Körper treiben,
die sich oft erst, wenn ihnen selbst schon wieder Junge aus-
gewachsen sind, von der Mutter losreissen. Bei Annäherung
des Winters aber mögen sie wohl Eier legen**), aus denen
im Frühjahr die junge Brut hervorbricht. Man kann sie in
sechs und mehr Stücke zerschneiden, und jedes Stück wird
binnen einigen Tagen wieder zu ganzen Polypen erwachsen.
Man kann ihnen den Kopf oder den Hintertheil der Länge
nach spalten, und sich vielköpfige oder vielgeschwänzte Poly-
pen schaffen. Man kann mehrere in einander stecken, und so
oder auf andere Weise zu wunderlichen monströsen Gruppen
zusammen heilen. Man kann sie durch einen, freilich Uebung
und Geduld erfordernden, Handgriff wie einen Handschuh
umkehren. Man kann sie der Länge nach aufschlitzen, und

*) S. Abr. Trembley Mémoires pour servir à l'hist. d'un
genre de polypes d'eau douce à bras en forme de cornes.
Leid.
1744. 4. H. Baker's natural history of the polype. Lond. 1743. 8. Rösel's Historie der Polypen ꝛc. Nürnb. 1754. 4. (am III.
B. seiner Insecten-Belustigung.) Jac. Chr. Schäffer's Armpolypen in den süßen Wassern
um Regensburg. 1754. 4.
**) Pallas elenchus Zoophytor. p. 28.
<TEI xml:lang="de-DE">
  <text xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xml:id="blume_hbnatur_000042">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p rendition="#indent-2"><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0339" xml:id="pb329_0001" n="329"/>
lum <hi rendition="#k">Cuv</hi></hi>.) <hi rendition="#aq">P. stirpe cylindrica, subclavata, semi-<lb/>
nuda, superne polypos minutos exerens.</hi></p>
            <p rendition="#l2em"><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Pallas</hi></hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">miscell. zool.</hi></hi><hi rendition="#aq">tab</hi>. 13. <hi rendition="#aq">fig</hi>. 1. 4.</p>
            <p rendition="#l1em">Wie die vorigen, zumal im mittelländischen Meere, aber<lb/>
in der mehr cylindrischen Form und in der weichen Textur<lb/>
des ganzen, doch sehr von jenen verschieden.</p>
            <p rendition="#indent-1">82. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Hydra</hi>.</hi> <hi rendition="#g">Armpolype</hi>, <hi rendition="#g">Vielarm</hi>. <hi rendition="#aq">Corpus gelatino-<lb/>
sum conicum. Os terminale cinctum cirris filifor-<lb/>
mibus.</hi></p>
            <p rendition="#l1em">Diese so allgemein berühmten Thiere<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>S. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Abr. Trembley</hi></hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Mémoires pour servir à l'hist. d'un<lb/>
genre de polypes d'eau douce à bras en forme de cornes.</hi></hi> <hi rendition="#aq">Leid.</hi><lb/>
1744. 4.</p><p><hi rendition="#aq">H</hi>. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Baker</hi>'s</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">natural history of the polype</hi></hi>. <hi rendition="#aq">Lond</hi>. 1743. 8.</p><p><hi rendition="#g">Rösel's</hi> Historie der Polypen &#xA75B;c. Nürnb. 1754. 4. (am III.<lb/>
B. seiner Insecten-Belustigung.)</p><p><hi rendition="#g">Jac. Chr</hi>. <hi rendition="#g">Schäffer's</hi> Armpolypen in den süßen Wassern<lb/>
um Regensburg. 1754. 4.</p></note> sind gallertartig,<lb/>
halb durchsichtig, und daher von ungeübten Augen nicht im-<lb/>
mer gleich zu erkennen. In der Ruhe haben sie den Körper<lb/>
und die Arme ausgestreckt: bei einer gewaltsamen Berührung<lb/>
aber, oder außer dem Wasser, ziehen sie sich in ein unförm-<lb/>
liches Klümpchen zusammen. Sie sind von den ersten warmen<lb/>
Frühlingstagen an, bis in den Herbst in sanft fließenden<lb/>
Wassern und Teichen zu finden, und sitzen mit dem hintern<lb/>
Ende an Wasserpflanzen, Schnecken &#xA75B;c. fest. Ihr ganzer Kör-<lb/>
per ist eigentlich bloß ein mit Fangarmen versehener Masten.<lb/>
Den Sommer hindurch vermehren sie sich, indem sie die le-<lb/>
bendigen Jungen wie Sprossen aus ihrem Körper treiben,<lb/>
die sich oft erst, wenn ihnen selbst schon wieder Junge aus-<lb/>
gewachsen sind, von der Mutter losreissen. Bei Annäherung<lb/>
des Winters aber mögen sie wohl Eier legen<note anchored="true" place="foot" n="**)"><p><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Pallas</hi></hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">elenchus Zoophytor</hi></hi>. <hi rendition="#aq">p</hi>. 28.</p></note>, aus denen<lb/>
im Frühjahr die junge Brut hervorbricht. Man kann sie in<lb/>
sechs und mehr Stücke zerschneiden, und jedes Stück wird<lb/>
binnen einigen Tagen wieder zu ganzen Polypen erwachsen.<lb/>
Man kann ihnen den Kopf oder den Hintertheil der Länge<lb/>
nach spalten, und sich vielköpfige oder vielgeschwänzte Poly-<lb/>
pen schaffen. Man kann mehrere in einander stecken, und so<lb/>
oder auf andere Weise zu wunderlichen monströsen Gruppen<lb/>
zusammen heilen. Man kann sie durch einen, freilich Uebung<lb/>
und Geduld erfordernden, Handgriff wie einen Handschuh<lb/>
umkehren. Man kann sie der Länge nach aufschlitzen, und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0339] lum Cuv.) P. stirpe cylindrica, subclavata, semi- nuda, superne polypos minutos exerens. Pallas miscell. zool. tab. 13. fig. 1. 4. Wie die vorigen, zumal im mittelländischen Meere, aber in der mehr cylindrischen Form und in der weichen Textur des ganzen, doch sehr von jenen verschieden. 82. Hydra. Armpolype, Vielarm. Corpus gelatino- sum conicum. Os terminale cinctum cirris filifor- mibus. Diese so allgemein berühmten Thiere *) sind gallertartig, halb durchsichtig, und daher von ungeübten Augen nicht im- mer gleich zu erkennen. In der Ruhe haben sie den Körper und die Arme ausgestreckt: bei einer gewaltsamen Berührung aber, oder außer dem Wasser, ziehen sie sich in ein unförm- liches Klümpchen zusammen. Sie sind von den ersten warmen Frühlingstagen an, bis in den Herbst in sanft fließenden Wassern und Teichen zu finden, und sitzen mit dem hintern Ende an Wasserpflanzen, Schnecken ꝛc. fest. Ihr ganzer Kör- per ist eigentlich bloß ein mit Fangarmen versehener Masten. Den Sommer hindurch vermehren sie sich, indem sie die le- bendigen Jungen wie Sprossen aus ihrem Körper treiben, die sich oft erst, wenn ihnen selbst schon wieder Junge aus- gewachsen sind, von der Mutter losreissen. Bei Annäherung des Winters aber mögen sie wohl Eier legen **), aus denen im Frühjahr die junge Brut hervorbricht. Man kann sie in sechs und mehr Stücke zerschneiden, und jedes Stück wird binnen einigen Tagen wieder zu ganzen Polypen erwachsen. Man kann ihnen den Kopf oder den Hintertheil der Länge nach spalten, und sich vielköpfige oder vielgeschwänzte Poly- pen schaffen. Man kann mehrere in einander stecken, und so oder auf andere Weise zu wunderlichen monströsen Gruppen zusammen heilen. Man kann sie durch einen, freilich Uebung und Geduld erfordernden, Handgriff wie einen Handschuh umkehren. Man kann sie der Länge nach aufschlitzen, und *) S. Abr. Trembley Mémoires pour servir à l'hist. d'un genre de polypes d'eau douce à bras en forme de cornes. Leid. 1744. 4. H. Baker's natural history of the polype. Lond. 1743. 8. Rösel's Historie der Polypen ꝛc. Nürnb. 1754. 4. (am III. B. seiner Insecten-Belustigung.) Jac. Chr. Schäffer's Armpolypen in den süßen Wassern um Regensburg. 1754. 4. **) Pallas elenchus Zoophytor. p. 28.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/339
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/339>, abgerufen am 20.05.2024.