Zu den mancherlei Ursachen der Ausartung gehören vor- züglichst der Einfluß des Himmelstrichs, der Nahrung, und bei Menschen und Thieren auch der Lebensart.
Kaltes Clima z. B. unterdrückt das Wachsthum der orga- nisirten Körper, und darum sind die Grönländer, Lapplän- der etc., so wie die Thiere und Gewächse kalter Erdstriche, klein, untersetzt. Eben so bringt dieses Clima weiße Farbe an Thie- ren und Gewächsen hervor, und darum sind die Nordländer von Natur von weißer Haut etc., so wie viele warmblütige Thiere der kältesten Gegenden anomalisch weiße Haare und Fe- dern, viele Pflanzen daselbst anomalisch weiße Blüthen haben u. s. w. - Dagegen tragen die Creolen (d. h. die in Ost- und West-Indien von europäischen Aeltern gebohrenen Weißen) meist das unverkennbare Gepräge ihrer südlichen Heimath an sich.
Wie sehr aber verschiedene Lebensart, Cultur und Nah- rungsmittel nach und nach die Bildung, Farbe und ganze Con- stitution der organisirten Körper umzuändern vermöge, davon sehen wir an unsern Hausthieren*), an unserem Getreide, Obst, Küchen-Gewächsen, Blumen-Floren etc. - am aller- auffallendsten aber bei den Verschiedenheiten im Menschen-Ge- schlechte selbst, die augenscheinlichsten Beispiele.
Diese mancherlei Ursachen der Degeneration können nun aber nach Verschiedenheit der Umstände einander entweder un- terstützen, und die Ausartung um so schneller und auffallender machen, oder aber auch wieder gewisser Maaßen einander auf- heben u. s. w.; daher man in dieser Untersuchung bei der An- wendung auf einzelne Fälle nie zu einseitig urtheilen darf.
Anm. 1. So gibt es z. B. selbst unter der Linie kalte Erdstriche, wie im Innern von Sumatra etc. Hingegen bringt Sibirien gar viele Gewächse der wärmern Gegenden hervor, die in weit südlichern Ländern von Europa nicht fortkommen.
Anm. 2. Sonderbar ist die eigenthümliche Wirkung, die einige Climate auf die organisirten Körper, zumahl des Thierreichs, äußern. So, daß z. B. in Syrien die Katzen, Kaninchen, Ziegen etc. so auffallend langes und weißes Haar haben; auf Corsica die Pferde, Hunde etc. so auszeichnend gefleckt sind; auf Guinea Menschen, Hunde und Hühner zu Negern in ihrer Art werden u. s. w.
*) S. über Menschen-Rassen und Schweine-Rassen - in Voigt's Magazin VI. B. 1. St. S. 1 u. f.
§. 16.
Zu den mancherlei Ursachen der Ausartung gehören vor- züglichst der Einfluß des Himmelstrichs, der Nahrung, und bei Menschen und Thieren auch der Lebensart.
Kaltes Clima z. B. unterdrückt das Wachsthum der orga- nisirten Körper, und darum sind die Grönländer, Lapplän- der ꝛc., so wie die Thiere und Gewächse kalter Erdstriche, klein, untersetzt. Eben so bringt dieses Clima weiße Farbe an Thie- ren und Gewächsen hervor, und darum sind die Nordländer von Natur von weißer Haut ꝛc., so wie viele warmblütige Thiere der kältesten Gegenden anomalisch weiße Haare und Fe- dern, viele Pflanzen daselbst anomalisch weiße Blüthen haben u. s. w. – Dagegen tragen die Creolen (d. h. die in Ost- und West-Indien von europäischen Aeltern gebohrenen Weißen) meist das unverkennbare Gepräge ihrer südlichen Heimath an sich.
Wie sehr aber verschiedene Lebensart, Cultur und Nah- rungsmittel nach und nach die Bildung, Farbe und ganze Con- stitution der organisirten Körper umzuändern vermöge, davon sehen wir an unsern Hausthieren*), an unserem Getreide, Obst, Küchen-Gewächsen, Blumen-Floren ꝛc. – am aller- auffallendsten aber bei den Verschiedenheiten im Menschen-Ge- schlechte selbst, die augenscheinlichsten Beispiele.
Diese mancherlei Ursachen der Degeneration können nun aber nach Verschiedenheit der Umstände einander entweder un- terstützen, und die Ausartung um so schneller und auffallender machen, oder aber auch wieder gewisser Maaßen einander auf- heben u. s. w.; daher man in dieser Untersuchung bei der An- wendung auf einzelne Fälle nie zu einseitig urtheilen darf.
Anm. 1. So gibt es z. B. selbst unter der Linie kalte Erdstriche, wie im Innern von Sumatra ꝛc. Hingegen bringt Sibirien gar viele Gewächse der wärmern Gegenden hervor, die in weit südlichern Ländern von Europa nicht fortkommen.
Anm. 2. Sonderbar ist die eigenthümliche Wirkung, die einige Climate auf die organisirten Körper, zumahl des Thierreichs, äußern. So, daß z. B. in Syrien die Katzen, Kaninchen, Ziegen ꝛc. so auffallend langes und weißes Haar haben; auf Corsica die Pferde, Hunde ꝛc. so auszeichnend gefleckt sind; auf Guinea Menschen, Hunde und Hühner zu Negern in ihrer Art werden u. s. w.
*) S. über Menschen-Rassen und Schweine-Rassen – in Voigt's Magazin VI. B. 1. St. S. 1 u. f.
<TEIxml:lang="de-DE"><textxmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance"xml:id="blume_hbnatur_000042"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0027"xml:id="pb017_0001"n="17"/><headrendition="#c">§. 16.</head><lb/><p>Zu den mancherlei Ursachen der Ausartung gehören vor-<lb/>
züglichst der Einfluß des Himmelstrichs, der Nahrung, und bei<lb/>
Menschen und Thieren auch der Lebensart.</p><p>Kaltes Clima z. B. unterdrückt das Wachsthum der orga-<lb/>
nisirten Körper, und darum sind die Grönländer, Lapplän-<lb/>
der ꝛc., so wie die Thiere und Gewächse kalter Erdstriche, klein,<lb/>
untersetzt. Eben so bringt dieses Clima weiße Farbe an Thie-<lb/>
ren und Gewächsen hervor, und darum sind die Nordländer<lb/>
von Natur von weißer Haut ꝛc., so wie viele warmblütige<lb/>
Thiere der kältesten Gegenden anomalisch weiße Haare und Fe-<lb/>
dern, viele Pflanzen daselbst anomalisch weiße Blüthen haben<lb/>
u. s. w. – Dagegen tragen die <hirendition="#g">Creolen</hi> (d. h. die in Ost-<lb/>
und West-Indien von europäischen Aeltern gebohrenen Weißen)<lb/>
meist das unverkennbare Gepräge ihrer südlichen Heimath<lb/>
an sich.</p><p>Wie sehr aber verschiedene Lebensart, Cultur und Nah-<lb/>
rungsmittel nach und nach die Bildung, Farbe und ganze Con-<lb/>
stitution der organisirten Körper umzuändern vermöge, davon<lb/>
sehen wir an unsern Hausthieren<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>S. über Menschen-Rassen und Schweine-Rassen – in<lb/><hirendition="#g">Voigt's</hi> Magazin VI. B. 1. St. S. 1 u. f.</p></note>, an unserem Getreide,<lb/>
Obst, Küchen-Gewächsen, Blumen-Floren ꝛc. – am aller-<lb/>
auffallendsten aber bei den Verschiedenheiten im Menschen-Ge-<lb/>
schlechte selbst, die augenscheinlichsten Beispiele.</p><p>Diese mancherlei Ursachen der Degeneration können nun<lb/>
aber nach Verschiedenheit der Umstände einander entweder un-<lb/>
terstützen, und die Ausartung um so schneller und auffallender<lb/>
machen, oder aber auch wieder gewisser Maaßen einander auf-<lb/>
heben u. s. w.; daher man in dieser Untersuchung bei der An-<lb/>
wendung auf einzelne Fälle nie zu einseitig urtheilen darf.</p><prendition="#indent-1 #small"><hirendition="#g">Anm</hi>. 1. So gibt es z. B. selbst unter der Linie kalte Erdstriche,<lb/>
wie im Innern von Sumatra ꝛc. Hingegen bringt Sibirien<lb/>
gar viele Gewächse der wärmern Gegenden hervor, die in weit<lb/>
südlichern Ländern von Europa nicht fortkommen.</p><prendition="#indent-1 #small"><hirendition="#g">Anm</hi>. 2. Sonderbar ist die eigenthümliche Wirkung, die einige<lb/>
Climate auf die organisirten Körper, zumahl des Thierreichs,<lb/>
äußern. So, daß z. B. in Syrien die Katzen, Kaninchen,<lb/>
Ziegen ꝛc. so auffallend langes und weißes Haar haben; auf<lb/>
Corsica die Pferde, Hunde ꝛc. so auszeichnend gefleckt sind; auf<lb/>
Guinea Menschen, Hunde und Hühner zu Negern in ihrer Art<lb/>
werden u. s. w.</p></div><divn="2"></div></div></body></text></TEI>
[17/0027]
§. 16.
Zu den mancherlei Ursachen der Ausartung gehören vor-
züglichst der Einfluß des Himmelstrichs, der Nahrung, und bei
Menschen und Thieren auch der Lebensart.
Kaltes Clima z. B. unterdrückt das Wachsthum der orga-
nisirten Körper, und darum sind die Grönländer, Lapplän-
der ꝛc., so wie die Thiere und Gewächse kalter Erdstriche, klein,
untersetzt. Eben so bringt dieses Clima weiße Farbe an Thie-
ren und Gewächsen hervor, und darum sind die Nordländer
von Natur von weißer Haut ꝛc., so wie viele warmblütige
Thiere der kältesten Gegenden anomalisch weiße Haare und Fe-
dern, viele Pflanzen daselbst anomalisch weiße Blüthen haben
u. s. w. – Dagegen tragen die Creolen (d. h. die in Ost-
und West-Indien von europäischen Aeltern gebohrenen Weißen)
meist das unverkennbare Gepräge ihrer südlichen Heimath
an sich.
Wie sehr aber verschiedene Lebensart, Cultur und Nah-
rungsmittel nach und nach die Bildung, Farbe und ganze Con-
stitution der organisirten Körper umzuändern vermöge, davon
sehen wir an unsern Hausthieren *), an unserem Getreide,
Obst, Küchen-Gewächsen, Blumen-Floren ꝛc. – am aller-
auffallendsten aber bei den Verschiedenheiten im Menschen-Ge-
schlechte selbst, die augenscheinlichsten Beispiele.
Diese mancherlei Ursachen der Degeneration können nun
aber nach Verschiedenheit der Umstände einander entweder un-
terstützen, und die Ausartung um so schneller und auffallender
machen, oder aber auch wieder gewisser Maaßen einander auf-
heben u. s. w.; daher man in dieser Untersuchung bei der An-
wendung auf einzelne Fälle nie zu einseitig urtheilen darf.
Anm. 1. So gibt es z. B. selbst unter der Linie kalte Erdstriche,
wie im Innern von Sumatra ꝛc. Hingegen bringt Sibirien
gar viele Gewächse der wärmern Gegenden hervor, die in weit
südlichern Ländern von Europa nicht fortkommen.
Anm. 2. Sonderbar ist die eigenthümliche Wirkung, die einige
Climate auf die organisirten Körper, zumahl des Thierreichs,
äußern. So, daß z. B. in Syrien die Katzen, Kaninchen,
Ziegen ꝛc. so auffallend langes und weißes Haar haben; auf
Corsica die Pferde, Hunde ꝛc. so auszeichnend gefleckt sind; auf
Guinea Menschen, Hunde und Hühner zu Negern in ihrer Art
werden u. s. w.
*) S. über Menschen-Rassen und Schweine-Rassen – in
Voigt's Magazin VI. B. 1. St. S. 1 u. f.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/27>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.