ich mich dieser an sich erlaubten, aber auch heut zu Tage so oft gemißbrauchten und dann das Studium der Naturgeschichte so äußerst erschwerenden Frei- heit nur in sehr wenigen Fällen, wo es mir un- vermeidlich schien, bedient. So habe ich z. B. den Panzerthieren oder Armadillen ihren einheimi- schen, allgemein bekannten und längst von classischen Zoologen angenommenen Namen, Tatu, restituirt; da man sonst diesen fast haarlosen Thieren durch einen seltsamen Mißgriff den Namen, Rauchfuß, Dasypus, beigelegt hatte, womit die alten Griechen, ganz passend und völlig nach der Natur, das rauchfüßige Hasengeschlecht bezeichnet haben. - Aus ähnlichen Gründen brauche ich für den schönen neuseeländischen Nephrit lieber seinen einheimi- schen Namen (Punammustein), unter welchem er zuerst von unsern Antipoden zu uns gebracht und bekannt worden, als die ihm neuerlich beige- legte Benennung Beilstein, da ich im hiesigen akademischen Museum, so wie in den in London be- findlichen großen Sammlungen von südländischen Merkwürdigkeiten, zwar wohl die Menge von Hacken und andern Geräthen, so sich die Neuseeländer aus diesem Steine bereiten, aber schlechterdings kein daraus verfertigtes Beil aufgefunden habe. - Eben so habe ich diejenige Gattung des Fledermausgeschlechts, Wampyr oder Blutsauger genannt, die wirklich schla- fenden Säugethieren das Blut aussaugt: da hinge-
ich mich dieser an sich erlaubten, aber auch heut zu Tage so oft gemißbrauchten und dann das Studium der Naturgeschichte so äußerst erschwerenden Frei- heit nur in sehr wenigen Fällen, wo es mir un- vermeidlich schien, bedient. So habe ich z. B. den Panzerthieren oder Armadillen ihren einheimi- schen, allgemein bekannten und längst von classischen Zoologen angenommenen Namen, Tatu, restituirt; da man sonst diesen fast haarlosen Thieren durch einen seltsamen Mißgriff den Namen, Rauchfuß, Dasypus, beigelegt hatte, womit die alten Griechen, ganz passend und völlig nach der Natur, das rauchfüßige Hasengeschlecht bezeichnet haben. – Aus ähnlichen Gründen brauche ich für den schönen neuseeländischen Nephrit lieber seinen einheimi- schen Namen (Punammustein), unter welchem er zuerst von unsern Antipoden zu uns gebracht und bekannt worden, als die ihm neuerlich beige- legte Benennung Beilstein, da ich im hiesigen akademischen Museum, so wie in den in London be- findlichen großen Sammlungen von südländischen Merkwürdigkeiten, zwar wohl die Menge von Hacken und andern Geräthen, so sich die Neuseeländer aus diesem Steine bereiten, aber schlechterdings kein daraus verfertigtes Beil aufgefunden habe. – Eben so habe ich diejenige Gattung des Fledermausgeschlechts, Wampyr oder Blutsauger genannt, die wirklich schla- fenden Säugethieren das Blut aussaugt: da hinge-
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000034"><front><divtype="preface"n="1"><p><pbfacs="#f0014"xml:id="pbVIII_0001"n="VIII"/>
ich mich dieser an sich erlaubten, aber auch heut zu<lb/>
Tage so oft gemißbrauchten und dann das Studium<lb/>
der Naturgeschichte so äußerst erschwerenden Frei-<lb/>
heit nur in sehr wenigen Fällen, wo es mir un-<lb/>
vermeidlich schien, bedient. So habe ich z. B.<lb/>
den Panzerthieren oder Armadillen ihren einheimi-<lb/>
schen, allgemein bekannten und längst von classischen<lb/>
Zoologen angenommenen Namen, <hirendition="#i"><hirendition="#aq">Tatu</hi></hi>, restituirt;<lb/>
da man sonst diesen fast haarlosen Thieren durch<lb/>
einen seltsamen Mißgriff den Namen, <hirendition="#g">Rauchfuß</hi>,<lb/><hirendition="#aq">Dasypus</hi>, beigelegt hatte, womit die alten Griechen,<lb/>
ganz passend und völlig nach der Natur, das<lb/>
rauchfüßige <hirendition="#g">Hasengeschlecht</hi> bezeichnet haben. –<lb/>
Aus ähnlichen Gründen brauche ich für den schönen<lb/>
neuseeländischen Nephrit lieber seinen einheimi-<lb/>
schen Namen (<hirendition="#g">Punammustein</hi>), unter welchem<lb/>
er zuerst von unsern Antipoden zu uns gebracht<lb/>
und bekannt worden, als die ihm neuerlich beige-<lb/>
legte Benennung <hirendition="#g">Beilstein</hi>, da ich im hiesigen<lb/>
akademischen Museum, so wie in den in London be-<lb/>
findlichen großen Sammlungen von südländischen<lb/>
Merkwürdigkeiten, zwar wohl die Menge von Hacken<lb/>
und andern Geräthen, so sich die Neuseeländer aus<lb/>
diesem Steine bereiten, aber schlechterdings kein<lb/>
daraus verfertigtes Beil aufgefunden habe. – Eben<lb/>
so habe ich diejenige Gattung des Fledermausgeschlechts,<lb/>
Wampyr oder Blutsauger genannt, die wirklich schla-<lb/>
fenden Säugethieren das Blut aussaugt: da hinge-<lb/></p></div></front></text></TEI>
[VIII/0014]
ich mich dieser an sich erlaubten, aber auch heut zu
Tage so oft gemißbrauchten und dann das Studium
der Naturgeschichte so äußerst erschwerenden Frei-
heit nur in sehr wenigen Fällen, wo es mir un-
vermeidlich schien, bedient. So habe ich z. B.
den Panzerthieren oder Armadillen ihren einheimi-
schen, allgemein bekannten und längst von classischen
Zoologen angenommenen Namen, Tatu, restituirt;
da man sonst diesen fast haarlosen Thieren durch
einen seltsamen Mißgriff den Namen, Rauchfuß,
Dasypus, beigelegt hatte, womit die alten Griechen,
ganz passend und völlig nach der Natur, das
rauchfüßige Hasengeschlecht bezeichnet haben. –
Aus ähnlichen Gründen brauche ich für den schönen
neuseeländischen Nephrit lieber seinen einheimi-
schen Namen (Punammustein), unter welchem
er zuerst von unsern Antipoden zu uns gebracht
und bekannt worden, als die ihm neuerlich beige-
legte Benennung Beilstein, da ich im hiesigen
akademischen Museum, so wie in den in London be-
findlichen großen Sammlungen von südländischen
Merkwürdigkeiten, zwar wohl die Menge von Hacken
und andern Geräthen, so sich die Neuseeländer aus
diesem Steine bereiten, aber schlechterdings kein
daraus verfertigtes Beil aufgefunden habe. – Eben
so habe ich diejenige Gattung des Fledermausgeschlechts,
Wampyr oder Blutsauger genannt, die wirklich schla-
fenden Säugethieren das Blut aussaugt: da hinge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/14>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.