Wir kommen zur Fortpflanzung der Ge- wächse, deren mannigfaltige Arten sich im Ganzen doch auf drey Hauptwege zurückbringen lassen. Auf die Fortpflanzung durch Wurzeln oder Zweige; zwey- tens durch Augen; und endlich durch Samen.
§. 186.
Die erste Art der Propagation, nähmlich durch Zweige, von der wir auch schon im Thierreiche bey den Polypen und sonst einige Spuren bemerkt haben, ist im Pflanzenreiche desto gewöhnlicher. Manche Gewächse nähmlich vermehren sich von selbst auf diese Weise. Bey vielen andern hat es die Kunst durch Absenken oder Ablegen nachgeahmt. Es gibt z. B. eine Art Feigenbaum (der Banianbaum, ficus indica) dessen Zweige herab hangen, und wenn sie dann den Boden berühren, von selbst Wurzel schlagen; so daß ein einziger solcher Baum mit der Zeit ein kleines Wäldchen, dessen Stämme oben durch Bogen verbunden sind, vorstellen könnte.
Anm. Einige Meilen von Patna in Bengalen steht ein solcher Banianbaum von 50 bis 60 zusammenhängen- den Stämmen, der auf 370 Fuß im Durchschnitt, und sein Schatten den er Mittags wirft, über 1100 Fuß im Umfang hält.
§. 187.
Anders ist hingegen die zweyte Fortpflanzungs- art, durch Augen. So nennt man nähmlich die kleinen Knöpschen, die im Herbste an den Bäumen, da wo die Blattstiele ansitzen, zum Vorschein kom- men, aber bey den mehresten erst im folgenden Früh- jahr sich öffnen und ausschlagen. Sie finden sich meist nur an den Bäumen der kältern Erdstriche,
§. 185.
Wir kommen zur Fortpflanzung der Ge- wächse, deren mannigfaltige Arten sich im Ganzen doch auf drey Hauptwege zurückbringen lassen. Auf die Fortpflanzung durch Wurzeln oder Zweige; zwey- tens durch Augen; und endlich durch Samen.
§. 186.
Die erste Art der Propagation, nähmlich durch Zweige, von der wir auch schon im Thierreiche bey den Polypen und sonst einige Spuren bemerkt haben, ist im Pflanzenreiche desto gewöhnlicher. Manche Gewächse nähmlich vermehren sich von selbst auf diese Weise. Bey vielen andern hat es die Kunst durch Absenken oder Ablegen nachgeahmt. Es gibt z. B. eine Art Feigenbaum (der Banianbaum, ficus indica) dessen Zweige herab hangen, und wenn sie dann den Boden berühren, von selbst Wurzel schlagen; so daß ein einziger solcher Baum mit der Zeit ein kleines Wäldchen, dessen Stämme oben durch Bogen verbunden sind, vorstellen könnte.
Anm. Einige Meilen von Patna in Bengalen steht ein solcher Banianbaum von 50 bis 60 zusammenhängen- den Stämmen, der auf 370 Fuß im Durchschnitt, und sein Schatten den er Mittags wirft, über 1100 Fuß im Umfang hält.
§. 187.
Anders ist hingegen die zweyte Fortpflanzungs- art, durch Augen. So nennt man nähmlich die kleinen Knöpschen, die im Herbste an den Bäumen, da wo die Blattstiele ansitzen, zum Vorschein kom- men, aber bey den mehresten erst im folgenden Früh- jahr sich öffnen und ausschlagen. Sie finden sich meist nur an den Bäumen der kältern Erdstriche,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0456"xml:id="pb434_0001"n="434"/><headrendition="#c">§. 185.</head><lb/><p>Wir kommen zur <hirendition="#g">Fortpflanzung</hi> der Ge-<lb/>
wächse, deren mannigfaltige Arten sich im Ganzen<lb/>
doch auf drey Hauptwege zurückbringen lassen. Auf<lb/>
die Fortpflanzung durch Wurzeln oder Zweige; zwey-<lb/>
tens durch Augen; und endlich durch Samen.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 186.</head><lb/><p>Die erste Art der Propagation, nähmlich durch<lb/>
Zweige, von der wir auch schon im Thierreiche bey<lb/>
den Polypen und sonst einige Spuren bemerkt haben,<lb/>
ist im Pflanzenreiche desto gewöhnlicher. Manche<lb/>
Gewächse nähmlich vermehren sich von selbst auf<lb/>
diese Weise. Bey vielen andern hat es die Kunst<lb/>
durch <hirendition="#g">Absenken</hi> oder <hirendition="#g">Ablegen</hi> nachgeahmt. Es<lb/>
gibt z. B. eine Art Feigenbaum (der Banianbaum,<lb/><hirendition="#aq">ficus <hirendition="#i">indica</hi></hi>) dessen Zweige herab hangen, und wenn<lb/>
sie dann den Boden berühren, von selbst Wurzel<lb/>
schlagen; so daß ein einziger solcher Baum mit der<lb/>
Zeit ein kleines Wäldchen, dessen Stämme oben<lb/>
durch Bogen verbunden sind, vorstellen könnte.</p><prendition="#small"><hirendition="#g">Anm</hi>. Einige Meilen von Patna in Bengalen steht<lb/>
ein solcher Banianbaum von 50 bis 60 zusammenhängen-<lb/>
den Stämmen, der auf 370 Fuß im Durchschnitt, und<lb/>
sein Schatten den er Mittags wirft, über 1100 Fuß im<lb/>
Umfang hält.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 187.</head><lb/><p>Anders ist hingegen die zweyte Fortpflanzungs-<lb/>
art, durch <hirendition="#g">Augen</hi>. So nennt man nähmlich die<lb/>
kleinen Knöpschen, die im Herbste an den Bäumen,<lb/>
da wo die Blattstiele ansitzen, zum Vorschein kom-<lb/>
men, aber bey den mehresten erst im folgenden Früh-<lb/>
jahr sich öffnen und ausschlagen. Sie finden sich<lb/>
meist nur an den Bäumen der kältern Erdstriche,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[434/0456]
§. 185.
Wir kommen zur Fortpflanzung der Ge-
wächse, deren mannigfaltige Arten sich im Ganzen
doch auf drey Hauptwege zurückbringen lassen. Auf
die Fortpflanzung durch Wurzeln oder Zweige; zwey-
tens durch Augen; und endlich durch Samen.
§. 186.
Die erste Art der Propagation, nähmlich durch
Zweige, von der wir auch schon im Thierreiche bey
den Polypen und sonst einige Spuren bemerkt haben,
ist im Pflanzenreiche desto gewöhnlicher. Manche
Gewächse nähmlich vermehren sich von selbst auf
diese Weise. Bey vielen andern hat es die Kunst
durch Absenken oder Ablegen nachgeahmt. Es
gibt z. B. eine Art Feigenbaum (der Banianbaum,
ficus indica) dessen Zweige herab hangen, und wenn
sie dann den Boden berühren, von selbst Wurzel
schlagen; so daß ein einziger solcher Baum mit der
Zeit ein kleines Wäldchen, dessen Stämme oben
durch Bogen verbunden sind, vorstellen könnte.
Anm. Einige Meilen von Patna in Bengalen steht
ein solcher Banianbaum von 50 bis 60 zusammenhängen-
den Stämmen, der auf 370 Fuß im Durchschnitt, und
sein Schatten den er Mittags wirft, über 1100 Fuß im
Umfang hält.
§. 187.
Anders ist hingegen die zweyte Fortpflanzungs-
art, durch Augen. So nennt man nähmlich die
kleinen Knöpschen, die im Herbste an den Bäumen,
da wo die Blattstiele ansitzen, zum Vorschein kom-
men, aber bey den mehresten erst im folgenden Früh-
jahr sich öffnen und ausschlagen. Sie finden sich
meist nur an den Bäumen der kältern Erdstriche,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/456>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.