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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 10. Aufl. Göttingen, 1821.

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Was aber die Seelenfähigkeiten des Menschen
betrifft, so hat er außer dem Begattungstriebe
wenig Spuren von Instinct (§. 34. u. f.),
Kunsttriebe aber (§. 36.) schlechterdings gar
nicht. Dagegen ist er ausschließlich im Besitz
der Vernunft (§. 37.), und der dadurch von ihm
selbst erfundenen Rede oder Sprache (loquela),
die nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox)
verwechselt werden darf (§. 25.), als welche auch
den ganz jungen und selbst den stummgebornen
Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei-
den ausschließlichen Vorzügen das große aus-
schließliche Eigenthum der Menschenspecies, wo-
durch sie über die ganze übrige thierische Schö-
pfung erhoben wird, das Vermögen sich selbst
zu vervollkommnen. (§. 37.)



Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfs-
bedürftiges Geschöpf. Kein anderes Thier außer
ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät
erst sein Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen
Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar
u. s. w. Selbst seine großen Vorzüge, Vernunft
und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von
selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur
und Erziehung entwickeln können; daher denn
bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen zahl-
losen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na-
türliche Bestimmung des Menschen zur gesell-
schaftlichen Verbindung. Nicht ganz so allge-
mein läßt sich hingegen vor der Hand noch ent-
scheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion
in der Anzahl der gebornen Knäbchen und Mäd-
chen, und die Dauer der Zeit der Fortpflanzungs-
fähigkeit bey beiden Geschlechtern so gleich sey,

Was aber die Seelenfähigkeiten des Menschen
betrifft, so hat er außer dem Begattungstriebe
wenig Spuren von Instinct (§. 34. u. f.),
Kunsttriebe aber (§. 36.) schlechterdings gar
nicht. Dagegen ist er ausschließlich im Besitz
der Vernunft (§. 37.), und der dadurch von ihm
selbst erfundenen Rede oder Sprache (loquela),
die nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox)
verwechselt werden darf (§. 25.), als welche auch
den ganz jungen und selbst den stummgebornen
Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei-
den ausschließlichen Vorzügen das große aus-
schließliche Eigenthum der Menschenspecies, wo-
durch sie über die ganze übrige thierische Schö-
pfung erhoben wird, das Vermögen sich selbst
zu vervollkommnen. (§. 37.)



Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfs-
bedürftiges Geschöpf. Kein anderes Thier außer
ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät
erst sein Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen
Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar
u. s. w. Selbst seine großen Vorzüge, Vernunft
und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von
selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur
und Erziehung entwickeln können; daher denn
bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen zahl-
losen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na-
türliche Bestimmung des Menschen zur gesell-
schaftlichen Verbindung. Nicht ganz so allge-
mein läßt sich hingegen vor der Hand noch ent-
scheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion
in der Anzahl der gebornen Knäbchen und Mäd-
chen, und die Dauer der Zeit der Fortpflanzungs-
fähigkeit bey beiden Geschlechtern so gleich sey,

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[66/0088] Was aber die Seelenfähigkeiten des Menschen betrifft, so hat er außer dem Begattungstriebe wenig Spuren von Instinct (§. 34. u. f.), Kunsttriebe aber (§. 36.) schlechterdings gar nicht. Dagegen ist er ausschließlich im Besitz der Vernunft (§. 37.), und der dadurch von ihm selbst erfundenen Rede oder Sprache (loquela), die nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) verwechselt werden darf (§. 25.), als welche auch den ganz jungen und selbst den stummgebornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei- den ausschließlichen Vorzügen das große aus- schließliche Eigenthum der Menschenspecies, wo- durch sie über die ganze übrige thierische Schö- pfung erhoben wird, das Vermögen sich selbst zu vervollkommnen. (§. 37.) Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfs- bedürftiges Geschöpf. Kein anderes Thier außer ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät erst sein Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst seine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können; daher denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen zahl- losen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na- türliche Bestimmung des Menschen zur gesell- schaftlichen Verbindung. Nicht ganz so allge- mein läßt sich hingegen vor der Hand noch ent- scheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der gebornen Knäbchen und Mäd- chen, und die Dauer der Zeit der Fortpflanzungs- fähigkeit bey beiden Geschlechtern so gleich sey,

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 10. Aufl. Göttingen, 1821, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1821/88>, abgerufen am 05.12.2024.