Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 10. Aufl. Göttingen, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

physischen) Anstalten*), als durch die,
allen Gesetzen einer philosophischen Naturfor-
schung zuwiderlaufende unnütze Vervielfälti-
gung der natürlichen [physischen]**) Kräfte,
und durch die unübersehliche Menge von zweck-
losen Schöpfungen aller der zahllosen prä-
formirten Keime, die nur nicht zu ihrer Ent-
wickelung gelangen konnten, aller präjudizlosen
Urtheilskraft widerstehen müßte, wenn sie auch
nicht durch die überwiegenden gegenseitigen
Erfahrungsgründe widerlegt würde.

Anm. Nach der einstimmigen Behauptung der allerbe-
rühmtesten und allereifrigsten Verfechter der Evo-
lutionshypothese, sollen die präformirten Keime
bey der Mutter vorräthig liegen, und während der
Befruchtung durch die Kraft des hinzukommenden
männlichen Zeugungsstoffes erweckt und zur Ent-
wickelung angetrieben werdet. Was man Empfäng-
niß nennt; sey folglich nichts als das Erwachen
des schlaftrunkenen Keimes durch den Reitz des
auf ihn wirkenden männlichen Samens.

Also bedarf es hier zuvörderst einer erwecken-
den Kraft.

Nun aber ähneln ja so oft Kinder zum Sprechen
bloß ihrem Vater; - Bätzen, die sich kurz
hintereinander mit mehreren männlichen Hunden
belaufen haben, werfen oft Junge, die diesen ver-
schiedenen Vätern ähneln; - zweyerley Men-
schenrassen, z. B. Neger und Weiße, zeugen
mit einander nothwendigen Mittelschlag, nähmlich
Mulatten; - und wenn nun vollends ungleiche
Gattungen (verschiedene Species) von Thieren
oder Gewächsen einander befruchten, so entstehen
Bastarde, die eben so viel von der väterlichen als
von der mütterlichen Gestaltung an sich haben.

*) S. Kant a. a. O. S. 372.
**) Physische Kräfte überhangt - im Gegensatz jener
hyperphysischen Anstalten.

physischen) Anstalten*), als durch die,
allen Gesetzen einer philosophischen Naturfor-
schung zuwiderlaufende unnütze Vervielfälti-
gung der natürlichen [physischen]**) Kräfte,
und durch die unübersehliche Menge von zweck-
losen Schöpfungen aller der zahllosen prä-
formirten Keime, die nur nicht zu ihrer Ent-
wickelung gelangen konnten, aller präjudizlosen
Urtheilskraft widerstehen müßte, wenn sie auch
nicht durch die überwiegenden gegenseitigen
Erfahrungsgründe widerlegt würde.

Anm. Nach der einstimmigen Behauptung der allerbe-
rühmtesten und allereifrigsten Verfechter der Evo-
lutionshypothese, sollen die präformirten Keime
bey der Mutter vorräthig liegen, und während der
Befruchtung durch die Kraft des hinzukommenden
männlichen Zeugungsstoffes erweckt und zur Ent-
wickelung angetrieben werdet. Was man Empfäng-
niß nennt; sey folglich nichts als das Erwachen
des schlaftrunkenen Keimes durch den Reitz des
auf ihn wirkenden männlichen Samens.

Also bedarf es hier zuvörderst einer erwecken-
den Kraft.

Nun aber ähneln ja so oft Kinder zum Sprechen
bloß ihrem Vater; – Bätzen, die sich kurz
hintereinander mit mehreren männlichen Hunden
belaufen haben, werfen oft Junge, die diesen ver-
schiedenen Vätern ähneln; – zweyerley Men-
schenrassen, z. B. Neger und Weiße, zeugen
mit einander nothwendigen Mittelschlag, nähmlich
Mulatten; – und wenn nun vollends ungleiche
Gattungen (verschiedene Species) von Thieren
oder Gewächsen einander befruchten, so entstehen
Bastarde, die eben so viel von der väterlichen als
von der mütterlichen Gestaltung an sich haben.

*) S. Kant a. a. O. S. 372.
**) Physische Kräfte überhangt – im Gegensatz jener
hyperphysischen Anstalten.
<TEI>
  <text xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xml:id="blume_hbnatur_000032">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0036" xml:id="pb014_0001" n="14"/>
physischen) Anstalten<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>S. Kant a. a. O. S. 372.</p></note>, als durch die,<lb/>
allen Gesetzen einer philosophischen Naturfor-<lb/>
schung zuwiderlaufende unnütze Vervielfälti-<lb/>
gung der natürlichen [physischen]<note anchored="true" place="foot" n="**)"><p>Physische Kräfte überhangt &#x2013; im Gegensatz jener<lb/>
hyperphysischen Anstalten.</p></note> Kräfte,<lb/>
und durch die unübersehliche Menge von zweck-<lb/>
losen Schöpfungen aller der zahllosen prä-<lb/>
formirten Keime, die nur nicht zu ihrer Ent-<lb/>
wickelung gelangen konnten, aller präjudizlosen<lb/>
Urtheilskraft widerstehen müßte, wenn sie auch<lb/>
nicht durch die überwiegenden gegenseitigen<lb/>
Erfahrungsgründe widerlegt würde.</p>
          <p rendition="#indent-1 #small">Anm. Nach der einstimmigen Behauptung der allerbe-<lb/>
rühmtesten und allereifrigsten Verfechter der Evo-<lb/>
lutionshypothese, sollen die präformirten Keime<lb/>
bey der Mutter vorräthig liegen, und während der<lb/>
Befruchtung durch die Kraft des hinzukommenden<lb/>
männlichen Zeugungsstoffes erweckt und zur Ent-<lb/>
wickelung angetrieben werdet. Was man Empfäng-<lb/>
niß nennt; sey folglich nichts als das Erwachen<lb/>
des schlaftrunkenen Keimes durch den Reitz des<lb/>
auf ihn wirkenden männlichen Samens.</p>
          <p rendition="#l1em #small">Also bedarf es hier zuvörderst einer erwecken-<lb/>
den Kraft.</p>
          <p rendition="#l1em #small">Nun aber ähneln ja so oft Kinder zum Sprechen<lb/>
bloß ihrem Vater; &#x2013; Bätzen, die sich kurz<lb/>
hintereinander mit mehreren männlichen Hunden<lb/>
belaufen haben, werfen oft Junge, die diesen ver-<lb/>
schiedenen Vätern ähneln; &#x2013; zweyerley Men-<lb/>
schenrassen, z. B. Neger und Weiße, zeugen<lb/>
mit einander nothwendigen Mittelschlag, nähmlich<lb/>
Mulatten; &#x2013; und wenn nun vollends ungleiche<lb/>
Gattungen (verschiedene <hi rendition="#aq">Species</hi>) von Thieren<lb/>
oder Gewächsen einander befruchten, so entstehen<lb/>
Bastarde, die eben so viel von der väterlichen als<lb/>
von der mütterlichen Gestaltung an sich haben.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0036] physischen) Anstalten *), als durch die, allen Gesetzen einer philosophischen Naturfor- schung zuwiderlaufende unnütze Vervielfälti- gung der natürlichen [physischen] **) Kräfte, und durch die unübersehliche Menge von zweck- losen Schöpfungen aller der zahllosen prä- formirten Keime, die nur nicht zu ihrer Ent- wickelung gelangen konnten, aller präjudizlosen Urtheilskraft widerstehen müßte, wenn sie auch nicht durch die überwiegenden gegenseitigen Erfahrungsgründe widerlegt würde. Anm. Nach der einstimmigen Behauptung der allerbe- rühmtesten und allereifrigsten Verfechter der Evo- lutionshypothese, sollen die präformirten Keime bey der Mutter vorräthig liegen, und während der Befruchtung durch die Kraft des hinzukommenden männlichen Zeugungsstoffes erweckt und zur Ent- wickelung angetrieben werdet. Was man Empfäng- niß nennt; sey folglich nichts als das Erwachen des schlaftrunkenen Keimes durch den Reitz des auf ihn wirkenden männlichen Samens. Also bedarf es hier zuvörderst einer erwecken- den Kraft. Nun aber ähneln ja so oft Kinder zum Sprechen bloß ihrem Vater; – Bätzen, die sich kurz hintereinander mit mehreren männlichen Hunden belaufen haben, werfen oft Junge, die diesen ver- schiedenen Vätern ähneln; – zweyerley Men- schenrassen, z. B. Neger und Weiße, zeugen mit einander nothwendigen Mittelschlag, nähmlich Mulatten; – und wenn nun vollends ungleiche Gattungen (verschiedene Species) von Thieren oder Gewächsen einander befruchten, so entstehen Bastarde, die eben so viel von der väterlichen als von der mütterlichen Gestaltung an sich haben. *) S. Kant a. a. O. S. 372. **) Physische Kräfte überhangt – im Gegensatz jener hyperphysischen Anstalten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1821/36
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 10. Aufl. Göttingen, 1821, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1821/36>, abgerufen am 27.11.2024.