Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn Weiße mir den Negern Mulatten, oder
mit amerikanischen Indianern Mestissen zeu-
gen: welches hingegen bey den Spielarten
keine nothwendige Folge ist; wie z B. wenn
blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünet-
ten Kinder zeugen*).

Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabsehli-
chen Reiben von Generationen fortgepflanzt haben,
so hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße
Rassen oder ursprünglich verschiedene Gattungen
(Species) sind? Wenigstens gibt es dann zur Ent-
scheidung in dergleichen Fällen keine andern in
praxi anwendbare Regeln, als die, so aus der
Analogie abstrahirt sind; da hingegen die, so Ray,
Buffon und andere angenommen haben, den Cha-
rakter von Species darnach zu bestimmen, wenn
die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkom-
menschaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzu-
länglich und schwankend ist.

Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser
Regel ohnehin bey den unzähligen Thieren und
Pflanzen wegfällt, die sich ohne Paarung fort-
pflanzen. (- s. unten §. 20. -), so findet sie auch
in unzähligen andern Fällen wegen unüberwindli-
cher Schwierigkeiten nicht Statt, wie z. B. bey
Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der
afrikanische Elephant zu einerley Species gehören
oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung
Statt hat, wie z. B. bey der Vermischung von
Pferd und Esel, fragt sich wieder, soll da der
gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Erfolg
als Regel angesehn werden. Denn gewöhnlich
sind die Maulthiere steril, und nur in äußerst sel-
tenen Fällen hat man sie zur Fortpflanzung fähig

*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten
hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen
Mercur 1788. 1. B. S. 48. S. hiervon ausführ-
lich Girtanner über das Kantische Princip für
die Naturgeschichte. Göttingen 1796. 8.

wenn Weiße mir den Negern Mulatten, oder
mit amerikanischen Indianern Mestissen zeu-
gen: welches hingegen bey den Spielarten
keine nothwendige Folge ist; wie z B. wenn
blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünet-
ten Kinder zeugen*).

Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabsehli-
chen Reiben von Generationen fortgepflanzt haben,
so hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße
Rassen oder ursprünglich verschiedene Gattungen
(Species) sind? Wenigstens gibt es dann zur Ent-
scheidung in dergleichen Fällen keine andern in
praxi anwendbare Regeln, als die, so aus der
Analogie abstrahirt sind; da hingegen die, so Ray,
Buffon und andere angenommen haben, den Cha-
rakter von Species darnach zu bestimmen, wenn
die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkom-
menschaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzu-
länglich und schwankend ist.

Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser
Regel ohnehin bey den unzähligen Thieren und
Pflanzen wegfällt, die sich ohne Paarung fort-
pflanzen. (– s. unten §. 20. –), so findet sie auch
in unzähligen andern Fällen wegen unüberwindli-
cher Schwierigkeiten nicht Statt, wie z. B. bey
Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der
afrikanische Elephant zu einerley Species gehören
oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung
Statt hat, wie z. B. bey der Vermischung von
Pferd und Esel, fragt sich wieder, soll da der
gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Erfolg
als Regel angesehn werden. Denn gewöhnlich
sind die Maulthiere steril, und nur in äußerst sel-
tenen Fällen hat man sie zur Fortpflanzung fähig

*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten
hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen
Mercur 1788. 1. B. S. 48. S. hiervon ausführ-
lich Girtanner über das Kantische Princip für
die Naturgeschichte. Göttingen 1796. 8.
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000031">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0044" xml:id="pb026_0001" n="26"/>
wenn Weiße mir den Negern Mulatten, oder<lb/>
mit amerikanischen Indianern Mestissen zeu-<lb/>
gen: welches hingegen bey den Spielarten<lb/>
keine nothwendige Folge ist; wie z B. wenn<lb/>
blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünet-<lb/>
ten Kinder zeugen<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten<lb/>
hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen<lb/>
Mercur 1788. 1. B. S. 48. S. hiervon ausführ-<lb/>
lich Girtanner über das Kantische Princip für<lb/>
die Naturgeschichte. Göttingen 1796. 8.</p></note>.</p>
          <p rendition="#indent-1 #small">Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabsehli-<lb/>
chen Reiben von Generationen fortgepflanzt haben,<lb/>
so hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße<lb/>
Rassen oder ursprünglich verschiedene Gattungen<lb/>
(<hi rendition="#aq">Species</hi>) sind? Wenigstens gibt es dann zur Ent-<lb/>
scheidung in dergleichen Fällen keine andern in<lb/><hi rendition="#aq">praxi</hi> anwendbare Regeln, als die, so aus der<lb/>
Analogie abstrahirt sind; da hingegen die, so Ray,<lb/>
Buffon und andere angenommen haben, den Cha-<lb/>
rakter von <hi rendition="#aq">Species</hi> darnach zu bestimmen, wenn<lb/>
die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkom-<lb/>
menschaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzu-<lb/>
länglich und schwankend ist.</p>
          <p rendition="#l1em #small">Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser<lb/>
Regel ohnehin bey den unzähligen Thieren und<lb/>
Pflanzen wegfällt, die sich ohne Paarung fort-<lb/>
pflanzen. (&#x2013; s. unten §. 20. &#x2013;), so findet sie auch<lb/>
in unzähligen andern Fällen wegen unüberwindli-<lb/>
cher Schwierigkeiten nicht Statt, wie z. B. bey<lb/>
Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der<lb/>
afrikanische Elephant zu einerley <hi rendition="#aq">Species</hi> gehören<lb/>
oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung<lb/>
Statt hat, wie z. B. bey der Vermischung von<lb/>
Pferd und Esel, fragt sich wieder, soll da der<lb/>
gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Erfolg<lb/>
als Regel angesehn werden. Denn gewöhnlich<lb/>
sind die Maulthiere steril, und nur in äußerst sel-<lb/>
tenen Fällen hat man sie zur Fortpflanzung fähig<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0044] wenn Weiße mir den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen Indianern Mestissen zeu- gen: welches hingegen bey den Spielarten keine nothwendige Folge ist; wie z B. wenn blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünet- ten Kinder zeugen *). Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabsehli- chen Reiben von Generationen fortgepflanzt haben, so hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße Rassen oder ursprünglich verschiedene Gattungen (Species) sind? Wenigstens gibt es dann zur Ent- scheidung in dergleichen Fällen keine andern in praxi anwendbare Regeln, als die, so aus der Analogie abstrahirt sind; da hingegen die, so Ray, Buffon und andere angenommen haben, den Cha- rakter von Species darnach zu bestimmen, wenn die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkom- menschaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzu- länglich und schwankend ist. Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser Regel ohnehin bey den unzähligen Thieren und Pflanzen wegfällt, die sich ohne Paarung fort- pflanzen. (– s. unten §. 20. –), so findet sie auch in unzähligen andern Fällen wegen unüberwindli- cher Schwierigkeiten nicht Statt, wie z. B. bey Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der afrikanische Elephant zu einerley Species gehören oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung Statt hat, wie z. B. bey der Vermischung von Pferd und Esel, fragt sich wieder, soll da der gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Erfolg als Regel angesehn werden. Denn gewöhnlich sind die Maulthiere steril, und nur in äußerst sel- tenen Fällen hat man sie zur Fortpflanzung fähig *) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen Mercur 1788. 1. B. S. 48. S. hiervon ausführ- lich Girtanner über das Kantische Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1796. 8.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/44
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/44>, abgerufen am 28.03.2024.