Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 7. Aufl. Göttingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Lage des Eyes doch immer jene Stelle dem
Leibe des bebrütenden Vogels zugekehrt ist.
Die erste Spur des neuen Küchelchens zeiget
sich immer erst eine geraume Zeit nachdem das
Brüten seinen Anfang genommen. Beym
Hühnerey z. B. kaum vor Ende des ersten Ta-
ges: so wie am Ende des zweyten das berühmte
Schauspiel der ersten Bewegung des dann noch
sehr unvollkommnen Herzchens (das punctum
saliens
) seinen Anfang nimmt. Zu Ende des
fünften Tages sieht man schon das ganze kleine
gallertartige Geschöpf sich bewegen. Am vier-
zehnten brechen die Federn aus; zu Anfang des
funfzehnten schnappt das Hühnchen schon nach
Luft; und ist am neunzehnten Tage im Stande
einen Laut von sich zu geben.

Anm. Beym Vogel im Ey ist die erste Gestalt, wo-
rin er sich zeigt, unendlich mehr von seiner nach-
mahligen Form, wenn er zum Auskriechen reif
ist, verschieden als die frühe sie Gestalt des
neuempfangenen Säugethiers von seiner nachhe-
rigen Bildung. Man kann sagen, das Küchel-
chen im Eye gelangt erst durch eine Art von Me-
tamorphose zu seiner vollkommenen Gestalt, und
das sowohl in Rücksicht einzelner Eingeweide (z. B.
des Herzens) als in der Totalbildung.

§. 73.

Unter den mancherley zur bewunderungs-
würdigen Oeconomie des bebrüteten Küchelchens
dienenden Organen, sind die beyden allerwich-
tigsten zwey, sehr gefäßreiche Membranen, die

Lage des Eyes doch immer jene Stelle dem
Leibe des bebrütenden Vogels zugekehrt ist.
Die erste Spur des neuen Küchelchens zeiget
sich immer erst eine geraume Zeit nachdem das
Brüten seinen Anfang genommen. Beym
Hühnerey z. B. kaum vor Ende des ersten Ta-
ges: so wie am Ende des zweyten das berühmte
Schauspiel der ersten Bewegung des dann noch
sehr unvollkommnen Herzchens (das punctum
saliens
) seinen Anfang nimmt. Zu Ende des
fünften Tages sieht man schon das ganze kleine
gallertartige Geschöpf sich bewegen. Am vier-
zehnten brechen die Federn aus; zu Anfang des
funfzehnten schnappt das Hühnchen schon nach
Luft; und ist am neunzehnten Tage im Stande
einen Laut von sich zu geben.

Anm. Beym Vogel im Ey ist die erste Gestalt, wo-
rin er sich zeigt, unendlich mehr von seiner nach-
mahligen Form, wenn er zum Auskriechen reif
ist, verschieden als die frühe sie Gestalt des
neuempfangenen Säugethiers von seiner nachhe-
rigen Bildung. Man kann sagen, das Küchel-
chen im Eye gelangt erst durch eine Art von Me-
tamorphose zu seiner vollkommenen Gestalt, und
das sowohl in Rücksicht einzelner Eingeweide (z. B.
des Herzens) als in der Totalbildung.

§. 73.

Unter den mancherley zur bewunderungs-
würdigen Oeconomie des bebrüteten Küchelchens
dienenden Organen, sind die beyden allerwich-
tigsten zwey, sehr gefäßreiche Membranen, die

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000029">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" xml:id="pb146_0001" n="146"/>
Lage des Eyes doch immer jene Stelle dem<lb/>
Leibe des bebrütenden Vogels zugekehrt ist.<lb/>
Die erste Spur des neuen Küchelchens zeiget<lb/>
sich immer erst eine geraume Zeit nachdem das<lb/>
Brüten seinen Anfang genommen. Beym<lb/>
Hühnerey z. B. kaum vor Ende des ersten Ta-<lb/>
ges: so wie am Ende des zweyten das berühmte<lb/>
Schauspiel der ersten Bewegung des dann noch<lb/>
sehr unvollkommnen Herzchens (das <hi rendition="#aq">punctum<lb/>
saliens</hi>) seinen Anfang nimmt. Zu Ende des<lb/>
fünften Tages sieht man schon das ganze kleine<lb/>
gallertartige Geschöpf sich bewegen. Am vier-<lb/>
zehnten brechen die Federn aus; zu Anfang des<lb/>
funfzehnten schnappt das Hühnchen schon nach<lb/>
Luft; und ist am neunzehnten Tage im Stande<lb/>
einen Laut von sich zu geben.</p>
          <p rendition="#indent-1 #small">Anm. Beym Vogel im Ey ist die erste Gestalt, wo-<lb/>
rin er sich zeigt, unendlich mehr von seiner nach-<lb/>
mahligen Form, wenn er zum Auskriechen reif<lb/>
ist, verschieden als die frühe sie Gestalt des<lb/>
neuempfangenen Säugethiers von seiner nachhe-<lb/>
rigen Bildung. Man kann sagen, das Küchel-<lb/>
chen im Eye gelangt erst durch eine Art von Me-<lb/>
tamorphose zu seiner vollkommenen Gestalt, und<lb/>
das sowohl in Rücksicht einzelner Eingeweide (z. B.<lb/>
des Herzens) als in der Totalbildung.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 73.</head><lb/>
          <p>Unter den mancherley zur bewunderungs-<lb/>
würdigen Oeconomie des bebrüteten Küchelchens<lb/>
dienenden Organen, sind die beyden allerwich-<lb/>
tigsten zwey, sehr gefäßreiche Membranen, die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0166] Lage des Eyes doch immer jene Stelle dem Leibe des bebrütenden Vogels zugekehrt ist. Die erste Spur des neuen Küchelchens zeiget sich immer erst eine geraume Zeit nachdem das Brüten seinen Anfang genommen. Beym Hühnerey z. B. kaum vor Ende des ersten Ta- ges: so wie am Ende des zweyten das berühmte Schauspiel der ersten Bewegung des dann noch sehr unvollkommnen Herzchens (das punctum saliens) seinen Anfang nimmt. Zu Ende des fünften Tages sieht man schon das ganze kleine gallertartige Geschöpf sich bewegen. Am vier- zehnten brechen die Federn aus; zu Anfang des funfzehnten schnappt das Hühnchen schon nach Luft; und ist am neunzehnten Tage im Stande einen Laut von sich zu geben. Anm. Beym Vogel im Ey ist die erste Gestalt, wo- rin er sich zeigt, unendlich mehr von seiner nach- mahligen Form, wenn er zum Auskriechen reif ist, verschieden als die frühe sie Gestalt des neuempfangenen Säugethiers von seiner nachhe- rigen Bildung. Man kann sagen, das Küchel- chen im Eye gelangt erst durch eine Art von Me- tamorphose zu seiner vollkommenen Gestalt, und das sowohl in Rücksicht einzelner Eingeweide (z. B. des Herzens) als in der Totalbildung. §. 73. Unter den mancherley zur bewunderungs- würdigen Oeconomie des bebrüteten Küchelchens dienenden Organen, sind die beyden allerwich- tigsten zwey, sehr gefäßreiche Membranen, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1803/166
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 7. Aufl. Göttingen, 1803, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1803/166>, abgerufen am 24.11.2024.