Das ganze Geschlecht hat, überhaupt genommen, meist das gleiche Vaterland mit den pithecis unter den Säugethieren. Hingegen ist merkwürdig, daß manche einzelne Gattungen von Papageyen eine so überaus ein- geschränkte Heimath haben, daß sich z. B. auf dem oft- indischen Archipelagus um Lüßon verschiedne derselben bloß einzig und allein auf der einen oder andern Insel, und hingegen nie auf den noch so nahe liegenden be- nachbarten, finden. Diese Thiere haben viel auszeich- nendes eignes in ihrem Betragen. Sie wissen sich z. B. ihrer Füße wie Hände zu bedienen, bringen ihre Speise damit zum Munde, krauen sich damit hinter den Oh- ren, und wenn sie auf dem Boden gehen, so treten sie nicht wie andre Vögel bloß mit den Krallen sondern wie Menschen und Affen mit der ganzen Ferse auf etc. Ihr hakenförmiger Oberschnabel ist eingelenkt und sehr beweglich, und nutzt ihnen fast statt eines dritten Fußes zum Klettern, Anhalten; besonders aber auch zum Aus- klauben, Knuppern u. s. w. Sie können niesen, sich räuspern, gähnen etc. und beide Geschlechter lernen mit ihrer dicken fleischigen Zunge und bey ihrer großen Ge- lehrigkeit sehr leicht Worte nachsprechen. Ich hebe aus dem zahlreichen Geschlechte nur einige derjenigen Gat- tungen aus, die entweder ihres vorzüglichen Gefieders
oben (§. 61.), bey Gelegenheit der Luftbehälter gedacht worden.
Das ganze Geschlecht hat, überhaupt genommen, meist das gleiche Vaterland mit den pithecis unter den Säugethieren. Hingegen ist merkwürdig, daß manche einzelne Gattungen von Papageyen eine so überaus ein- geschränkte Heimath haben, daß sich z. B. auf dem oft- indischen Archipelagus um Lüßon verschiedne derselben bloß einzig und allein auf der einen oder andern Insel, und hingegen nie auf den noch so nahe liegenden be- nachbarten, finden. Diese Thiere haben viel auszeich- nendes eignes in ihrem Betragen. Sie wissen sich z. B. ihrer Füße wie Hände zu bedienen, bringen ihre Speise damit zum Munde, krauen sich damit hinter den Oh- ren, und wenn sie auf dem Boden gehen, so treten sie nicht wie andre Vögel bloß mit den Krallen sondern wie Menschen und Affen mit der ganzen Ferse auf ꝛc. Ihr hakenförmiger Oberschnabel ist eingelenkt und sehr beweglich, und nutzt ihnen fast statt eines dritten Fußes zum Klettern, Anhalten; besonders aber auch zum Aus- klauben, Knuppern u. s. w. Sie können niesen, sich räuspern, gähnen ꝛc. und beide Geschlechter lernen mit ihrer dicken fleischigen Zunge und bey ihrer großen Ge- lehrigkeit sehr leicht Worte nachsprechen. Ich hebe aus dem zahlreichen Geschlechte nur einige derjenigen Gat- tungen aus, die entweder ihres vorzüglichen Gefieders
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oben (§. 61.), bey Gelegenheit der Luftbehälter
gedacht worden.
5. Psittacus. Papagey, Sittig. (Fr.
perroquet. Engl. parrot.) Mandibula su-
perior adunca, cera instructa. lingua car-
nosa, integra. Pedes scansorii.
Das ganze Geschlecht hat, überhaupt genommen,
meist das gleiche Vaterland mit den pithecis unter den
Säugethieren. Hingegen ist merkwürdig, daß manche
einzelne Gattungen von Papageyen eine so überaus ein-
geschränkte Heimath haben, daß sich z. B. auf dem oft-
indischen Archipelagus um Lüßon verschiedne derselben
bloß einzig und allein auf der einen oder andern Insel,
und hingegen nie auf den noch so nahe liegenden be-
nachbarten, finden. Diese Thiere haben viel auszeich-
nendes eignes in ihrem Betragen. Sie wissen sich z. B.
ihrer Füße wie Hände zu bedienen, bringen ihre Speise
damit zum Munde, krauen sich damit hinter den Oh-
ren, und wenn sie auf dem Boden gehen, so treten sie
nicht wie andre Vögel bloß mit den Krallen sondern
wie Menschen und Affen mit der ganzen Ferse auf ꝛc.
Ihr hakenförmiger Oberschnabel ist eingelenkt und sehr
beweglich, und nutzt ihnen fast statt eines dritten Fußes
zum Klettern, Anhalten; besonders aber auch zum Aus-
klauben, Knuppern u. s. w. Sie können niesen, sich
räuspern, gähnen ꝛc. und beide Geschlechter lernen mit
ihrer dicken fleischigen Zunge und bey ihrer großen Ge-
lehrigkeit sehr leicht Worte nachsprechen. Ich hebe aus
dem zahlreichen Geschlechte nur einige derjenigen Gat-
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/179>, abgerufen am 21.11.2024.
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