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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788.

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Diese letztern, deren in einem Stock wol
20000 sind, haben allein die mannichfaltigen
großen Verrichtungen des Aufbauens, Eintra-
gens und der Besorgung der Brut. Die jüngern
sammlen Blumenstaub, den sie halbe Stunden
weit her als Hösgen zum Stock tragen, wo er
ihnen von den ältern abgenommen, und zu
Wachs verarbeitet wird: ferner saugen sie theils
den süßen Schweis vieler Baumblätter, vorzüg-
lich aber den sogenannten Nectar, einen süsli-
chen Saft, der sich vielleicht in allen Blüthen
findet, und den sie in einem besondern Einge-
weide zu Honig umarbeiten, und im Stocke
wieder von sich geben. Sie füttern die Bienen-
Larven, halten den Stock rein, und tragen ihre
Leichen zum Stock hinaus. Sie sind mit Gift
und Stachel als Waffen versehn, von dem sie
aber meist nur einmal in ihrem Leben Gebrauch
machen können, da sie gewöhnlich mit Verlust
ihres Stachels stechen, und ihn in der Wunde
stecken lassen. Man hat Beyspiele, daß ein
Schwarm zwey Pferde zu Tode gestochen hat.

Die männlichen Bienen oder Thronen oder
Holmbienen, (etwa 1500 im Stock) sind gleich-
sam Müssiggänger, und haben keine andre Ge-
schäfte, als sich einst mit ihrer einzigen Königin
zu paaren; und selbst hierzu müssen sie, gegen
die allgemeine Regel der Natur, doch erst durch
wiederholte Liebkosungen der wollüstigen Königin
ermuntert werden. Manche sterben sogleich
nachdem sie sich zur Begattung haben willig
finden lassen: die übrigen müssen nachher ver-
hungern, oder werden von den Arbeitsbienen
ermordet.

Die so reichlich befruchtete Königin legt ihre
Eyer in die bestimmten Zellen oder Mutterpfei-

Diese letztern, deren in einem Stock wol
20000 sind, haben allein die mannichfaltigen
großen Verrichtungen des Aufbauens, Eintra-
gens und der Besorgung der Brut. Die jüngern
sammlen Blumenstaub, den sie halbe Stunden
weit her als Hösgen zum Stock tragen, wo er
ihnen von den ältern abgenommen, und zu
Wachs verarbeitet wird: ferner saugen sie theils
den süßen Schweis vieler Baumblätter, vorzüg-
lich aber den sogenannten Nectar, einen süsli-
chen Saft, der sich vielleicht in allen Blüthen
findet, und den sie in einem besondern Einge-
weide zu Honig umarbeiten, und im Stocke
wieder von sich geben. Sie füttern die Bienen-
Larven, halten den Stock rein, und tragen ihre
Leichen zum Stock hinaus. Sie sind mit Gift
und Stachel als Waffen versehn, von dem sie
aber meist nur einmal in ihrem Leben Gebrauch
machen können, da sie gewöhnlich mit Verlust
ihres Stachels stechen, und ihn in der Wunde
stecken lassen. Man hat Beyspiele, daß ein
Schwarm zwey Pferde zu Tode gestochen hat.

Die männlichen Bienen oder Thronen oder
Holmbienen, (etwa 1500 im Stock) sind gleich-
sam Müssiggänger, und haben keine andre Ge-
schäfte, als sich einst mit ihrer einzigen Königin
zu paaren; und selbst hierzu müssen sie, gegen
die allgemeine Regel der Natur, doch erst durch
wiederholte Liebkosungen der wollüstigen Königin
ermuntert werden. Manche sterben sogleich
nachdem sie sich zur Begattung haben willig
finden lassen: die übrigen müssen nachher ver-
hungern, oder werden von den Arbeitsbienen
ermordet.

Die so reichlich befruchtete Königin legt ihre
Eyer in die bestimmten Zellen oder Mutterpfei-

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[419/0439] Diese letztern, deren in einem Stock wol 20000 sind, haben allein die mannichfaltigen großen Verrichtungen des Aufbauens, Eintra- gens und der Besorgung der Brut. Die jüngern sammlen Blumenstaub, den sie halbe Stunden weit her als Hösgen zum Stock tragen, wo er ihnen von den ältern abgenommen, und zu Wachs verarbeitet wird: ferner saugen sie theils den süßen Schweis vieler Baumblätter, vorzüg- lich aber den sogenannten Nectar, einen süsli- chen Saft, der sich vielleicht in allen Blüthen findet, und den sie in einem besondern Einge- weide zu Honig umarbeiten, und im Stocke wieder von sich geben. Sie füttern die Bienen- Larven, halten den Stock rein, und tragen ihre Leichen zum Stock hinaus. Sie sind mit Gift und Stachel als Waffen versehn, von dem sie aber meist nur einmal in ihrem Leben Gebrauch machen können, da sie gewöhnlich mit Verlust ihres Stachels stechen, und ihn in der Wunde stecken lassen. Man hat Beyspiele, daß ein Schwarm zwey Pferde zu Tode gestochen hat. Die männlichen Bienen oder Thronen oder Holmbienen, (etwa 1500 im Stock) sind gleich- sam Müssiggänger, und haben keine andre Ge- schäfte, als sich einst mit ihrer einzigen Königin zu paaren; und selbst hierzu müssen sie, gegen die allgemeine Regel der Natur, doch erst durch wiederholte Liebkosungen der wollüstigen Königin ermuntert werden. Manche sterben sogleich nachdem sie sich zur Begattung haben willig finden lassen: die übrigen müssen nachher ver- hungern, oder werden von den Arbeitsbienen ermordet. Die so reichlich befruchtete Königin legt ihre Eyer in die bestimmten Zellen oder Mutterpfei-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/439>, abgerufen am 22.11.2024.