noch andere diese Verschiedenheiten alle von dem Goldhunde (Schakal) ableiten; und wieder andere endlich behaupten, daß auch dieser nebst allen Ver- schiedenheiten des Haushundes von dem Wolfe ent- sprossen sey, u. s. f.
So unzulänglich als dieser von der Begattung hergeleitete Grund ist, den Begriff der Spezies und seinen Unterschied von der Abart festzusetzen, sind jedoch andere nicht, welche man zu diesem Behufe hervorgebracht hat, z. B. das Bleibende eines ge- wissen Kenuzeichens; denn die weiße Farbe, und rothen Augensterne in der weißen Abart der Kanin- chen, sind so durchaus bleibend, als jemals ein spe- zifisches Kennzeichen seyn kann:
So, daß ich fast alle Hoffnung aufgebe, in dem Studium der Zoologie den Begriff der Spezies aus etwas anderm, als der Analogie und Wahr- scheinlichkeit herauszubringen.
Ich sehe z. B. daß die Backenzähne des afrika- nischen Elephanten in ihrer Bildung von denen des asiatischen wunderbar weit abweichen. Zwar weiß ich nicht, ob die Elephanten dieser so von einander abgelegenen Theile der Erde je sich vermischen wer- den; und eben so wenig weiß ich, wie bleibend diese Bildung der Zähne bey beyden sey; da ich aber bey allen bis jetzt mir bekanntgewordenen diese Verschie- denheit beobachtet habe, und mir noch kein Beyspiel vorgekommen ist, daß blos durch Verartung die Backenzähne so wären verändert worden, so muth- maaße ich nach der Analogie, daß diese Elephanten nicht bloß für Spielarten, sondern für wirklich ver- schiedene Gattungen zu halten sind.
Hin-
noch andere dieſe Verſchiedenheiten alle von dem Goldhunde (Schakal) ableiten; und wieder andere endlich behaupten, daß auch dieſer nebſt allen Ver- ſchiedenheiten des Haushundes von dem Wolfe ent- ſproſſen ſey, u. ſ. f.
So unzulaͤnglich als dieſer von der Begattung hergeleitete Grund iſt, den Begriff der Spezies und ſeinen Unterſchied von der Abart feſtzuſetzen, ſind jedoch andere nicht, welche man zu dieſem Behufe hervorgebracht hat, z. B. das Bleibende eines ge- wiſſen Kenuzeichens; denn die weiße Farbe, und rothen Augenſterne in der weißen Abart der Kanin- chen, ſind ſo durchaus bleibend, als jemals ein ſpe- zifiſches Kennzeichen ſeyn kann:
So, daß ich faſt alle Hoffnung aufgebe, in dem Studium der Zoologie den Begriff der Spezies aus etwas anderm, als der Analogie und Wahr- ſcheinlichkeit herauszubringen.
Ich ſehe z. B. daß die Backenzaͤhne des afrika- niſchen Elephanten in ihrer Bildung von denen des aſiatiſchen wunderbar weit abweichen. Zwar weiß ich nicht, ob die Elephanten dieſer ſo von einander abgelegenen Theile der Erde je ſich vermiſchen wer- den; und eben ſo wenig weiß ich, wie bleibend dieſe Bildung der Zaͤhne bey beyden ſey; da ich aber bey allen bis jetzt mir bekanntgewordenen dieſe Verſchie- denheit beobachtet habe, und mir noch kein Beyſpiel vorgekommen iſt, daß blos durch Verartung die Backenzaͤhne ſo waͤren veraͤndert worden, ſo muth- maaße ich nach der Analogie, daß dieſe Elephanten nicht bloß fuͤr Spielarten, ſondern fuͤr wirklich ver- ſchiedene Gattungen zu halten ſind.
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noch andere dieſe Verſchiedenheiten alle von dem
Goldhunde (Schakal) ableiten; und wieder andere
endlich behaupten, daß auch dieſer nebſt allen Ver-
ſchiedenheiten des Haushundes von dem Wolfe ent-
ſproſſen ſey, u. ſ. f.
So unzulaͤnglich als dieſer von der Begattung
hergeleitete Grund iſt, den Begriff der Spezies und
ſeinen Unterſchied von der Abart feſtzuſetzen, ſind
jedoch andere nicht, welche man zu dieſem Behufe
hervorgebracht hat, z. B. das Bleibende eines ge-
wiſſen Kenuzeichens; denn die weiße Farbe, und
rothen Augenſterne in der weißen Abart der Kanin-
chen, ſind ſo durchaus bleibend, als jemals ein ſpe-
zifiſches Kennzeichen ſeyn kann:
So, daß ich faſt alle Hoffnung aufgebe, in
dem Studium der Zoologie den Begriff der Spezies
aus etwas anderm, als der Analogie und Wahr-
ſcheinlichkeit herauszubringen.
Ich ſehe z. B. daß die Backenzaͤhne des afrika-
niſchen Elephanten in ihrer Bildung von denen des
aſiatiſchen wunderbar weit abweichen. Zwar weiß
ich nicht, ob die Elephanten dieſer ſo von einander
abgelegenen Theile der Erde je ſich vermiſchen wer-
den; und eben ſo wenig weiß ich, wie bleibend dieſe
Bildung der Zaͤhne bey beyden ſey; da ich aber bey
allen bis jetzt mir bekanntgewordenen dieſe Verſchie-
denheit beobachtet habe, und mir noch kein Beyſpiel
vorgekommen iſt, daß blos durch Verartung die
Backenzaͤhne ſo waͤren veraͤndert worden, ſo muth-
maaße ich nach der Analogie, daß dieſe Elephanten
nicht bloß fuͤr Spielarten, ſondern fuͤr wirklich ver-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/95>, abgerufen am 27.07.2024.
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