dienen 30). Nur einmal hat er ähnliche Steinchen in der Zirbeldrüse des Dammhirsches gefunden. Und haben sie ja einmal in dem Gehirne eines erwachsenen Menschen gefehlt, so gehört dies in der That zu den seltensten Anomalien, und das Beyspiel einer solchen Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy- siologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in einem Briefe mir berichtete, daß unter vier mensch- lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgesamt zu diesem Behuf untersucht habe, eins gewesen sey, und zwar von einem dem Greisesalter nahen Maune, worin sich keine Spur derselben gefunden habe.
In der Brust müssen wir die Lage des Herzens dem Menschen eigenthümlich nennen, denn dieses Eingeweide liegt nicht wie bey vierfüßigen Thieren, auf dem Brustknochen auf, sondern wie es die auf- rechte Gestalt mit sich bringt, auf dem Zwergfelle. Auch ist die Grundfläche desselben nicht wie bey jenen, dem Kopfe, sondern den Brustwirbeln entgegen, so wie die Spitze der linken Brust, weshalb bey jenen rechtes und linkes Herz, was bey diesem im Gegen- theile vorderes und hinteres ist. Auch stößt bey sehr wenigen andern Säugthieren, außer dem Menschen, der Herzbeutel mit dem Zwergselle zusammen.
Die Speiseröhre ist vollkommen so, wie sie ein alles fressendes Thier haben mußte.
Man dürfte nämlich sagen, daß sie gewisserma- ßen ähnlich sey der der fleischfressenden Thiere, in
Anse-
30) Sömmering de lapillis vel prope vel intra glandu- lam pinealem sitis. Mainz 1785. Eine Abbildung hat er geliefert in der Dissert. de decussatione nervorum opticorum, das. 1786.
dienen 30). Nur einmal hat er aͤhnliche Steinchen in der Zirbeldruͤſe des Dammhirſches gefunden. Und haben ſie ja einmal in dem Gehirne eines erwachſenen Menſchen gefehlt, ſo gehoͤrt dies in der That zu den ſeltenſten Anomalien, und das Beyſpiel einer ſolchen Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy- ſiologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in einem Briefe mir berichtete, daß unter vier menſch- lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgeſamt zu dieſem Behuf unterſucht habe, eins geweſen ſey, und zwar von einem dem Greiſesalter nahen Maune, worin ſich keine Spur derſelben gefunden habe.
In der Bruſt muͤſſen wir die Lage des Herzens dem Menſchen eigenthuͤmlich nennen, denn dieſes Eingeweide liegt nicht wie bey vierfuͤßigen Thieren, auf dem Bruſtknochen auf, ſondern wie es die auf- rechte Geſtalt mit ſich bringt, auf dem Zwergfelle. Auch iſt die Grundflaͤche deſſelben nicht wie bey jenen, dem Kopfe, ſondern den Bruſtwirbeln entgegen, ſo wie die Spitze der linken Bruſt, weshalb bey jenen rechtes und linkes Herz, was bey dieſem im Gegen- theile vorderes und hinteres iſt. Auch ſtoͤßt bey ſehr wenigen andern Saͤugthieren, außer dem Menſchen, der Herzbeutel mit dem Zwergſelle zuſammen.
Die Speiſeroͤhre iſt vollkommen ſo, wie ſie ein alles freſſendes Thier haben mußte.
Man duͤrfte naͤmlich ſagen, daß ſie gewiſſerma- ßen aͤhnlich ſey der der fleiſchfreſſenden Thiere, in
Anſe-
30) Soͤmmering de lapillis vel prope vel intra glandu- lam pinealem ſitis. Mainz 1785. Eine Abbildung hat er geliefert in der Diſſert. de decuſſatione nervorum opticorum, daſ. 1786.
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dienen 30). Nur einmal hat er aͤhnliche Steinchen
in der Zirbeldruͤſe des Dammhirſches gefunden. Und
haben ſie ja einmal in dem Gehirne eines erwachſenen
Menſchen gefehlt, ſo gehoͤrt dies in der That zu den
ſeltenſten Anomalien, und das Beyſpiel einer ſolchen
Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy-
ſiologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in
einem Briefe mir berichtete, daß unter vier menſch-
lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgeſamt
zu dieſem Behuf unterſucht habe, eins geweſen ſey,
und zwar von einem dem Greiſesalter nahen Maune,
worin ſich keine Spur derſelben gefunden habe.
In der Bruſt muͤſſen wir die Lage des Herzens
dem Menſchen eigenthuͤmlich nennen, denn dieſes
Eingeweide liegt nicht wie bey vierfuͤßigen Thieren,
auf dem Bruſtknochen auf, ſondern wie es die auf-
rechte Geſtalt mit ſich bringt, auf dem Zwergfelle.
Auch iſt die Grundflaͤche deſſelben nicht wie bey jenen,
dem Kopfe, ſondern den Bruſtwirbeln entgegen, ſo
wie die Spitze der linken Bruſt, weshalb bey jenen
rechtes und linkes Herz, was bey dieſem im Gegen-
theile vorderes und hinteres iſt. Auch ſtoͤßt bey ſehr
wenigen andern Saͤugthieren, außer dem Menſchen,
der Herzbeutel mit dem Zwergſelle zuſammen.
Die Speiſeroͤhre iſt vollkommen ſo, wie ſie ein
alles freſſendes Thier haben mußte.
Man duͤrfte naͤmlich ſagen, daß ſie gewiſſerma-
ßen aͤhnlich ſey der der fleiſchfreſſenden Thiere, in
Anſe-
30) Soͤmmering de lapillis vel prope vel intra glandu-
lam pinealem ſitis. Mainz 1785.
Eine Abbildung hat er geliefert in der Diſſert. de
decuſſatione nervorum opticorum, daſ. 1786.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/78>, abgerufen am 27.07.2024.
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