Von der kahlen Glätte des menschlichen Körpers muß wenigstens etwas gesagt, und untersucht werden, in wie fern sie zu den unterscheidenden Zeichen, durch welche der Mensch von den übrigen, ihm einigerma- ßen ähnlichen Säugthieren, sich trennt, können ge- rechnet werden. Nach Linnes Behauptung "giebt es zwar irgendwo Affen, welche unbehaarter sind, als der Mensch"; aufrichtig aber gestehe ich, daß ich bis- her nach diesem Irgendwo vergebens geforscht habe. Hingegen weiß man aus der einmüthigen Ueberein- stimmung glaubwürdiger Reisebeschreiber, daß jene Menschenähnlichen, auf Angola und der Insel Bor- neo einheimischen, Affen, welche man gewöhnlich unter dem gemeinsamen malagischen Namen Oran- utan begreift, nicht minder als der Langarm ihrer Natur nach, weit behaarter sind als der Mensch, und die Beyspiele jener hin und wieder in Europa gesehenen Thiere bestätigen es, welche, wiewohl noch nicht völlig ausgewachsen, und von schwächli- cher Gesundheit, doch nichts desto weniger mehr Haare hatten, als der Mensch.
Das aber ist außer Zweifel gesetzt, daß man hin und wieder, und zwar hauptsächlich auf einigen In- seln des stillen Meeres, Einwohner bemerkt hat, wel- che durch behaartere Körper sich ausgezeichnet haben: von denen jedoch bis jetzt noch eine Beschreibung mangelt.
Zuerst hat ihrer der durch seine Seefahrten be- rühmte Spangberg 17) Meldung gethan, der von den Japanischen Küsten nach Kamtschatka zurückkeh-
rend
17) Müllers Sammlung russischer Geschichte, 3ter Theil, S. 174.
Von der kahlen Glaͤtte des menſchlichen Koͤrpers muß wenigſtens etwas geſagt, und unterſucht werden, in wie fern ſie zu den unterſcheidenden Zeichen, durch welche der Menſch von den uͤbrigen, ihm einigerma- ßen aͤhnlichen Saͤugthieren, ſich trennt, koͤnnen ge- rechnet werden. Nach Linnés Behauptung „giebt es zwar irgendwo Affen, welche unbehaarter ſind, als der Menſch“; aufrichtig aber geſtehe ich, daß ich bis- her nach dieſem Irgendwo vergebens geforſcht habe. Hingegen weiß man aus der einmuͤthigen Ueberein- ſtimmung glaubwuͤrdiger Reiſebeſchreiber, daß jene Menſchenaͤhnlichen, auf Angola und der Inſel Bor- neo einheimiſchen, Affen, welche man gewoͤhnlich unter dem gemeinſamen malagiſchen Namen Oran- utan begreift, nicht minder als der Langarm ihrer Natur nach, weit behaarter ſind als der Menſch, und die Beyſpiele jener hin und wieder in Europa geſehenen Thiere beſtaͤtigen es, welche, wiewohl noch nicht voͤllig ausgewachſen, und von ſchwaͤchli- cher Geſundheit, doch nichts deſto weniger mehr Haare hatten, als der Menſch.
Das aber iſt außer Zweifel geſetzt, daß man hin und wieder, und zwar hauptſaͤchlich auf einigen In- ſeln des ſtillen Meeres, Einwohner bemerkt hat, wel- che durch behaartere Koͤrper ſich ausgezeichnet haben: von denen jedoch bis jetzt noch eine Beſchreibung mangelt.
Zuerſt hat ihrer der durch ſeine Seefahrten be- ruͤhmte Spangberg 17) Meldung gethan, der von den Japaniſchen Kuͤſten nach Kamtſchatka zuruͤckkeh-
rend
17) Muͤllers Sammlung ruſſiſcher Geſchichte, 3ter Theil, S. 174.
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Von der kahlen Glaͤtte des menſchlichen Koͤrpers
muß wenigſtens etwas geſagt, und unterſucht werden,
in wie fern ſie zu den unterſcheidenden Zeichen, durch
welche der Menſch von den uͤbrigen, ihm einigerma-
ßen aͤhnlichen Saͤugthieren, ſich trennt, koͤnnen ge-
rechnet werden. Nach Linnés Behauptung „giebt es
zwar irgendwo Affen, welche unbehaarter ſind, als
der Menſch“; aufrichtig aber geſtehe ich, daß ich bis-
her nach dieſem Irgendwo vergebens geforſcht habe.
Hingegen weiß man aus der einmuͤthigen Ueberein-
ſtimmung glaubwuͤrdiger Reiſebeſchreiber, daß jene
Menſchenaͤhnlichen, auf Angola und der Inſel Bor-
neo einheimiſchen, Affen, welche man gewoͤhnlich
unter dem gemeinſamen malagiſchen Namen Oran-
utan begreift, nicht minder als der Langarm ihrer
Natur nach, weit behaarter ſind als der Menſch,
und die Beyſpiele jener hin und wieder in Europa
geſehenen Thiere beſtaͤtigen es, welche, wiewohl
noch nicht voͤllig ausgewachſen, und von ſchwaͤchli-
cher Geſundheit, doch nichts deſto weniger mehr
Haare hatten, als der Menſch.
Das aber iſt außer Zweifel geſetzt, daß man hin
und wieder, und zwar hauptſaͤchlich auf einigen In-
ſeln des ſtillen Meeres, Einwohner bemerkt hat, wel-
che durch behaartere Koͤrper ſich ausgezeichnet haben:
von denen jedoch bis jetzt noch eine Beſchreibung
mangelt.
Zuerſt hat ihrer der durch ſeine Seefahrten be-
ruͤhmte Spangberg 17) Meldung gethan, der von
den Japaniſchen Kuͤſten nach Kamtſchatka zuruͤckkeh-
rend
17) Muͤllers Sammlung ruſſiſcher Geſchichte,
3ter Theil, S. 174.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/68>, abgerufen am 27.07.2024.
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