als mit den Knien aufgestemmt, kriechen können, ob- schon ihre Schenkel in diesem zarten Alter in dem schon benannten Maaße kürzer sind, als bey Erwachsenen.
Allein nicht bloß die Größe, sondern auch die besondere Stärke der Schenkel, mit den schwächeren Aernen verglichen, zeigen deutlich, daß diese einzig von der Natur zur Stütze des Körpers bereitet sind; was hauptsächlich durch einen aus der Osteogonie entlehnten Beweiß dargethan wird, wo man nämlich weiß, daß bey einem jüngstgebornen Kinde die Kno- chen des Vorderfußes und zwar hauptsächlich die Ferse weit geschwinder hart werden und zur Voll- kommenheit gedeihen, als die Knochen in der Hand, und das, wie es die Natur der Sache mit sich bringt, da die zarten Händchen in den ersten Lebensjahren kaum einige Kraftäußerung nöthig haben, die Füße aber schon beym Verlauf des ersten Jahres zur Stütze des Körpers und zum aufrechten Gange geschickt seyn müssen. Von den starken Muskeln der Wade, haupt- sächlich des Schienbeinmuskels mit seinen beyden, durch Sehnen verwachsenen Muskeln (solei musc. c. gemello suo), c) welche zur Aufrechthaltung des Menschen so stark und auszeichnend von der Natur bereitet sind, daß die alten Anthropologen deshalb mit Aristoteles meinten, man könne dem Menschen allein wahre Waden zuschreiben, will ich nicht ein- mal etwas sagen.
Ferner lehrt die ganze Zusammenfügung der Brust, daß der Mensch auf keinen Fall wie die Thiere gehen könne. Denn wenn diese langfüßig sind, ist ihre Brust an den Seiten gleichsam zusam- mmengedrückt, vorwärts aber gebogen, und die
Schlüs-
als mit den Knien aufgeſtemmt, kriechen koͤnnen, ob- ſchon ihre Schenkel in dieſem zarten Alter in dem ſchon benannten Maaße kuͤrzer ſind, als bey Erwachſenen.
Allein nicht bloß die Groͤße, ſondern auch die beſondere Staͤrke der Schenkel, mit den ſchwaͤcheren Aernen verglichen, zeigen deutlich, daß dieſe einzig von der Natur zur Stuͤtze des Koͤrpers bereitet ſind; was hauptſaͤchlich durch einen aus der Oſteogonie entlehnten Beweiß dargethan wird, wo man naͤmlich weiß, daß bey einem juͤngſtgebornen Kinde die Kno- chen des Vorderfußes und zwar hauptſaͤchlich die Ferſe weit geſchwinder hart werden und zur Voll- kommenheit gedeihen, als die Knochen in der Hand, und das, wie es die Natur der Sache mit ſich bringt, da die zarten Haͤndchen in den erſten Lebensjahren kaum einige Kraftaͤußerung noͤthig haben, die Fuͤße aber ſchon beym Verlauf des erſten Jahres zur Stuͤtze des Koͤrpers und zum aufrechten Gange geſchickt ſeyn muͤſſen. Von den ſtarken Muskeln der Wade, haupt- ſaͤchlich des Schienbeinmuskels mit ſeinen beyden, durch Sehnen verwachſenen Muskeln (ſolei muſc. c. gemello ſuo), c) welche zur Aufrechthaltung des Menſchen ſo ſtark und auszeichnend von der Natur bereitet ſind, daß die alten Anthropologen deshalb mit Ariſtoteles meinten, man koͤnne dem Menſchen allein wahre Waden zuſchreiben, will ich nicht ein- mal etwas ſagen.
Ferner lehrt die ganze Zuſammenfuͤgung der Bruſt, daß der Menſch auf keinen Fall wie die Thiere gehen koͤnne. Denn wenn dieſe langfuͤßig ſind, iſt ihre Bruſt an den Seiten gleichſam zuſam- mmengedruͤckt, vorwaͤrts aber gebogen, und die
Schluͤſ-
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als mit den Knien aufgeſtemmt, kriechen koͤnnen, ob-
ſchon ihre Schenkel in dieſem zarten Alter in dem ſchon
benannten Maaße kuͤrzer ſind, als bey Erwachſenen.
Allein nicht bloß die Groͤße, ſondern auch die
beſondere Staͤrke der Schenkel, mit den ſchwaͤcheren
Aernen verglichen, zeigen deutlich, daß dieſe einzig
von der Natur zur Stuͤtze des Koͤrpers bereitet ſind;
was hauptſaͤchlich durch einen aus der Oſteogonie
entlehnten Beweiß dargethan wird, wo man naͤmlich
weiß, daß bey einem juͤngſtgebornen Kinde die Kno-
chen des Vorderfußes und zwar hauptſaͤchlich die
Ferſe weit geſchwinder hart werden und zur Voll-
kommenheit gedeihen, als die Knochen in der Hand,
und das, wie es die Natur der Sache mit ſich bringt,
da die zarten Haͤndchen in den erſten Lebensjahren
kaum einige Kraftaͤußerung noͤthig haben, die Fuͤße
aber ſchon beym Verlauf des erſten Jahres zur Stuͤtze
des Koͤrpers und zum aufrechten Gange geſchickt ſeyn
muͤſſen. Von den ſtarken Muskeln der Wade, haupt-
ſaͤchlich des Schienbeinmuskels mit ſeinen beyden,
durch Sehnen verwachſenen Muskeln (ſolei muſc.
c. gemello ſuo), c) welche zur Aufrechthaltung des
Menſchen ſo ſtark und auszeichnend von der Natur
bereitet ſind, daß die alten Anthropologen deshalb
mit Ariſtoteles meinten, man koͤnne dem Menſchen
allein wahre Waden zuſchreiben, will ich nicht ein-
mal etwas ſagen.
Ferner lehrt die ganze Zuſammenfuͤgung der
Bruſt, daß der Menſch auf keinen Fall wie die
Thiere gehen koͤnne. Denn wenn dieſe langfuͤßig
ſind, iſt ihre Bruſt an den Seiten gleichſam zuſam-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/57>, abgerufen am 27.07.2024.
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